«Gamen» in der Schule
27.09.2019 Bezirk Waldenburg, OberdorfDurch ein fiktives Spiel soll bereits in der Sekundarstufe der Umgang mit dem eigenen Geld erlernt werden. Bereits getestet wird das «Game» an der Sekundarschule in Oberdorf. Die Schülerinnen und Schüler äussern sich nicht nur positiv.
Joshua Moser
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Durch ein fiktives Spiel soll bereits in der Sekundarstufe der Umgang mit dem eigenen Geld erlernt werden. Bereits getestet wird das «Game» an der Sekundarschule in Oberdorf. Die Schülerinnen und Schüler äussern sich nicht nur positiv.
Joshua Moser
Mithilfe von «gamen» im Unterricht soll Schülerinnen und Schülern künftig Wissen vermittelt werden. Dies will der Verein «Finance Mission», der von Beat W. Zemp präsidiert wird. Bereits 2016 hat der Verein ein gleichnamiges Spiel entwickelt, das den Schülern theoretisches Wissen rund um den Umgang mit Geld und das Schweizer Finanzsystem auf spielerische Art und Weise beibringen soll.
Die Ausgangslage im «Game» ist einfach: Um wieder an ihr fiktives Geld zu kommen, sollen die Schülerinnen und Schüler eine Stadt von einer Roboterhorde befreien, die das ganze Banken- und Finanzsystem lahmgelegt hat. Die Maschinen müssen dafür in Missionen besiegt werden, was dem Spieler wiederum fiktives Geld einbringt. Vor jeder Mission muss eine gewisse Zeit gelernt werden. Diese Lernzeit hängt vom Notenschnitt des Schülers ab. Je besser die Noten, desto schneller kann er sich der nächsten spielerischen Aufgabe widmen.
So soll das Spiel wirtschaftliches Wissen rund um die Produktion von Gütern sowie über Dienstleistungen und den Handel ebendieser vermitteln. Nach jeder Mission wird dem Spieler eine Abrechnung aufgezeigt. Enthalten sind darin Begriffe wie fixe und variable Kosten.
Mangelhafte Finanzkompetenz
Ausschlaggebend für die Entwicklung von «Finance Mission» war eine vom Bundesamt für Statistik veröffentlichte Datenanalyse: Diese zeigt, dass 27 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in einem Haushalt mit Zahlungsrückständen leben. «Das ist zu viel, das Finanzwissen in der Schweiz ist mangelhaft», sagt Zemp, der im Juli nach 30 Jahren als Präsident des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und Lehrer abgetreten ist. Letzteres hatten auch spezifische Untersuchungen an Hoch- und Berufsschulen sowie an Universitäten bestätigt. «Die Schulen dürfen sich bei dieser Thematik nicht aus der Verantwortung ziehen», so Zemp an der Medienkonferenz am Mittwoch an der Sekundarschule Waldenburgertal in Oberdorf. Denn nicht nur Begrifflichkeiten sollen durch sein Spiel erlernt und verstanden werden, auch alltägliche Finanzkompetenz würde so thematisiert.
Mit der Einführung des Lehrplans 21 im Schuljahr 2018/19 in den Baselbieter Schulen kamen neue Lernziele hinzu. Eines davon lautet: «Die Schülerinnen und Schüler können einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld entwickeln.» In diesem Lernziel sieht Zemp eine Gelegenheit, die Schüler vor der Verschuldung zu bewahren, denn die Sekundarschulen müssen die Jugendlichen schon früh mit dieser Thematik konfrontieren und sie sensibilisieren. Über den spielinternen Shop von «Finance Mission» können sich die Schüler mit der Spielwährung Artikel kaufen. Es gebe dabei sinnvolle Artikel, aber auch weniger sinnvolle, beispielsweise Statussymbole, wie Zemp erklärt.
«Viele Wege führen nach Rom»
Das Spiel «Finance Mission», das auf Computer, Smartphone und Tablet verfügbar ist, so John Häfelfinger, CEO der Basellandschaftlichen Kantonalbank, die das Projekt finanziert, sei ideal, um jungen Erwachsenen zu vermitteln, dass der Umgang mit Geld überlegt sein will. Didaktisches und pädagogisches Begleitmaterial für den Unterricht hat der Verein «Finance Mission» angefertigt. Im Unterricht in der Sekundarschule Oberdorf bei einer Klasse des Niveaus P wird aber schnell klar, dass nicht alle Schüler Freude an der neuen Lernmethode finden: «Wenn man auch in der Freizeit gerne ‹gamet›, ist das sicher toll, aber ich finde das Spiel langweilig. Alles wiederholt sich immer», sagt eine Schülerin.
Auch die anwesenden Lehrerinnen und Lehrer, die sich an der Medienkonferenz ein Bild von der App machen konnten, sind zwiegespalten. «Es kommt darauf an, welches Niveau eine Klasse hat, die man unterrichtet», sagte eine Lehrerin in Oberdorf. Sie hegt die Befürchtung, dass Schüler auf einem tieferen Niveau nur ausprobieren würden, ohne über ihre Entscheidungen nachzudenken. «So verinnerlichen die Schüler aber nicht den Inhalt, den dieses Spiel vermitteln möchte», so die Lehrerin.
Zemp weist diesen Vorwurf zurück: «Im Spiel geht es darum, von einem Level zum nächsten zu kommen. Das letzte Level kann man unmöglich erreichen, ohne den Inhalt verstanden zu haben.» Ausprobieren funktioniere nur am Anfang. Wenn man aber nicht richtig budgetiere, sei es unmöglich, bis ans Ende des Spiels zu gelangen. Ausserdem sei Ausprobieren keine falsche Methode, «schliesslich führen mehrere Wege nach Rom, auch hier. Es gibt keinen vorgeschriebenen Weg», so Zemp.
Der Lehrerschaft ist es freigestellt, ob sie diese Lernmethode in ihrem Unterricht einbaut. Es handelt sich um ein ergänzendes Lehrmittel. Monika Gschwind, Vorsteherin der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion, hofft, dass das Spiel Anwendung findet: «Durch diese App können die Jugendlichen ihren Einfluss auf ihr persönliches Konsumverhalten kennenlernen.»