Eine freche, süffige Geschichte
27.08.2019 Bezirk Waldenburg, Kirche, Waldenburg, KulturReformationstheater «Dunnerwätter über Waldeburg» ist ein Erfolg
Das Reformationstheater «Dunnerwätter über Waldeburg» überzeugt. Geschichtliche Ereignisse und dazugehörende Sittenbilder sind keck miteinander verwoben. Ein Stück mit derbkomischen Sprüchen und übertriebenen ...
Reformationstheater «Dunnerwätter über Waldeburg» ist ein Erfolg
Das Reformationstheater «Dunnerwätter über Waldeburg» überzeugt. Geschichtliche Ereignisse und dazugehörende Sittenbilder sind keck miteinander verwoben. Ein Stück mit derbkomischen Sprüchen und übertriebenen Figuren – wie es sich gehört.
Beat Ermel
Das «Steinerne Haus» ist eines der ältesten Gebäude in Waldenburg. Tritt man durch das Tor, öffnet sich ein romantischer Hofgarten. Es ist die perfekte historische Kulisse für einen Volksschwank zum Baselbieter Reformationsjubiläum. An der ausverkauften Premiere vom Freitag ist der Schwank «Dunnerwätter über Waldeburg» vom Publikum zu Recht mit Standing Ovations gefeiert worden.
Der Aufruf der Kantonalkirche, zum Reformationsjubiläum etwas beizutragen, brachte die beiden Pfarrer der Reformierten Kirchgemeinde Waldenburg-Sankt Peter auf die Idee mit dem Volksschwank. Das Stück sollte aber nicht einfach zur Unterrichtsstunde in Sachen Reformation werden, sondern eher etwas fürs Gemüt bieten, ein Theater vom Volk fürs Volk, so die Vorgabe. Dem Drehbuchautor Lorenz Degen und der Regie, unter der Leitung von Manuela Glanzmann, den Laiendarstellern und Helfern gelang es, mit einem überzeugenden Gemeinschaftswerk zu punkten. Das über 80 Köpfe zählende Theaterteam hat den Aufwand nicht gescheut und Grossartiges geleistet.
Gespielt wurde eine Geschichte in 20 Bildern. Nummer reiht sich da flott an Nummer. Es ist eine gekonnte und lustige Inszenierung. Die von der Theatercrew selbst hergestellten Kostüme und Requisiten versetzten die Zuschauer in eine mittelalterliche Welt. Es geht um Freiheit, Liebe, Eifersucht und allerlei geschichtliche und lokale Verwerfungen rund um die Reformation, die vor 500 Jahren nach und nach Fuss fasste.
«Tut Busse, ihr Sünder»
Das einfache Volk lebt von der Hand in den Mund, die höheren Stände sind gut betucht, die Kirche ist reich. Das Getue des Priesters Hilari stösst bei den Besuchern der heiligen Messe in Waldenburg zunehmend auf Kritik: «Die lateinische Messe versteht ja kein Mensch.» Unter anderem werden das «Saufen» des Priesters und der Verkauf von Ablassbriefen angeprangert. «Kauft eure Erlösung, tut Busse, ihr Sünder, und rettet eure Seele.» Priester Hilari hat ein gemeinsames Kind mit der Haushälterin Marie, das ihn als Onkel ansprechen muss. Als Marie erneut schwanger ist, wird dem Priester angst und bange.
Viele Lacher erntete die Szene kurz vor der Pause: Während eine reumütige Sünderin von ihrer «Fleisches-Ess-Lust» beichten wollte, vergnügten sich der Priester und die Haushälterin hinter dem kirchlichen Vorhang. Beim Bildersturm zu Sankt Peter fliegt so manches durch die Luft. Ein Kruzifix wird umgestürzt. Die Dorfbevölkerung ist aufgebracht. Die Reformation ist auch im Oberbaselbiet angekommen.
Der Landvogt und der Priester finden sich bei einer Auseinandersetzung über das Schicksal eines Gefangenen nicht, dafür aber umso mehr beim Weinsaufen.
Vom Priester zum Ehemann
Fridli verkörpert einen belesenen, jungen Mann, der viel über das Leben nachdenkt. Er ist auf der Suche nach sich selber und auf der Suche nach Liebe. Fridli ist zunehmend von den Worten des Theologen und Reformers Thomas Müntzer angetan. Dieser prangert die Willkür sowohl der weltlichen wie auch geistlichen Obrigkeit und deren mangelnde Reformtätigkeit an, was im Stück geschickt eingebaut worden ist. Die Sache wendet sich. Das echte Liebespaar, Eva und Fridli, findet sich. Die boshafte Anni geht dagegen leer aus.
Happy End nach der schriftlichen Verkündung aus Basel: «Ab sofort ist Waldenburg reformiert.» Der Priester kann heiraten und aus der Bibel wird fortan auf Deutsch gepredigt. Geschichtliche Ereignisse und Geschichten sowie mittelalterliche Sittenbilder sind keck miteinander verwoben. Ein Stück mit derb-komischen Sprüchen und übertriebenen Figuren – wie es sich für einen Schwank gehört.
Der scheinheilige Priester wird zum Ehemann, auch das passt in die Geschichte von der Verwandlung katholischer Sünde in reformierte Freiheit. Dramatischer und komplexer als im Schwank wird es sich damals vor 500 Jahren in der Wirklichkeit zugetragen haben.