«Ich komme jedes Jahr an die Fasnacht»
30.08.2019 Baselbiet, Porträt, PolitikNationalrat und Banker Thomas Matter und seine Wurzeln im Oberbaselbiet
Der 53-jährige SVP-Nationalrat Thomas Matter lebt und arbeitet schon seit vielen Jahren am Zürichsee, hat seine Wurzeln jedoch in Sissach, wohin er noch immer regelmässig und gerne zurückkehrt. Matter leitet mit der ...
Nationalrat und Banker Thomas Matter und seine Wurzeln im Oberbaselbiet
Der 53-jährige SVP-Nationalrat Thomas Matter lebt und arbeitet schon seit vielen Jahren am Zürichsee, hat seine Wurzeln jedoch in Sissach, wohin er noch immer regelmässig und gerne zurückkehrt. Matter leitet mit der «Helvetischen Bank» schon sein zweites, selbst gegründetes Finanzinstitut.
Daniel Schaub
Den Oberbaselbieter Dialekt hat er sich erhalten, auch wenn ab und an ein «züritüütsches» Wort reinrutscht. Thomas Matter, 53 Jahre, Banker und SVP-Nationalrat, sitzt im Besprechungsraum seiner «Helvetischen Bank» im Seefeld in Zürich und erinnert sich an seine Wurzeln in Sissach. Hier ist er aufgewachsen, hier kennt er jeden Winkel, hier ist er Bürger, genauso wie seine vier Töchter, hierher kommt er jedes Jahr zur Dorffasnacht zurück und trifft Wegbegleiter aus früheren Tagen. Das Elternhaus am Röthenweg ist nicht mehr ganzjährig bewohnt, seine Mutter und sein Vater verbringen viel Zeit im Ferienhaus in Spanien, aber Thomas Matter hat als Landbesitzer noch weitere Bezugspunkte nach Sissach. Er hält seit vielen Jahren eine Baulandparzelle und seit 2012 auch ein Stück Gewerbeland im Brühl.
Seine Rückblende in frühe Tage wird geschmückt vom Begriff einer «Superkindheit». Nach der Schule ging es jeweils in den Wald, zum Fussball oder ins Schwimmbad, alles ohne elterliche Aufsicht, zu Fuss, und später mit dem «Töffli». «Diese Zeit lehrte uns, Eigenverantwortung zu übernehmen.» Und sie bot damals Freiräume, die vielleicht die Basis legten für spätere Wagnisse im Erwachsenenleben und seinen Unternehmergeist.
Bank statt Gymnasium
Matter verbrachte während seiner Gymnasialzeit in Liestal ein Austauschjahr an der Middleburg Highschool in Florida. Dort trainierte er jeden Tag als Fussballtorhüter und schaffte es bis in den Florida-State-Final. Er wurde damals auch als Kicker im American-Football-Team der Highschool eingesetzt. Ein Teamkollege war Pat Tomberlin, der es später in die NFL schaffte.
Zurück in der Schweiz brach Matter das Gymnasium ab und begann eine Banklehre. Es war ein Lebensentscheid, denn in dieser Branche ist er bis zum heutigen Tag höchst erfolgreich. Die Lehre machte er bei der damaligen SBG in Basel, später arbeitete er ein Jahr in New York und zwei bei der Merrill Lynch Bank in London. Dieses Institut schickte ihn 1993 nach Zürich, um dort den Ringsitz an der Börse aufzubauen. «Es war die Zeit, als ich erstmals richtig viel Geld verdiente.» Zwei Kollegen sprachen ihn kurz darauf an, ob er Interesse hätte, sich an einer Neugründung zu beteiligen. Matter sprach mit seinen Kunden und entschloss sich, bei der Gründung der «Zürich Financial Products» mitzumachen. Die Firma begann in bescheidensten Verhältnissen, war in zwei Räumen eines Zahnprothesenherstellers untergemietet und teilte sich mit diesem auch das Wartezimmer. «Am Abend haben wir dann noch selbst geputzt.»
Das gute Leben und zwei Krisen
Matter hatte grosse Teile seines damaligen Vermögens in dieses Projekt gesteckt, das so erfolgreich wurde, dass 1999 die Banklizenz beantragt wurde und die Firma unter ihrem neuen Namen Swissfirst an die Börse kam. Als die Swissfirst 2005 mit der Bellevue Bank fusioniert werden sollte, war sie auf 165 Mitarbeitende angewachsen, machte 50 Millionen Franken Reingewinn und hatte einen geschätzten Börsenwert von 800 bis 900 Millionen Franken. Der Deal ging über die Bühne und löste eine der heftigsten Medienkampagnen der Schweizer Wirtschaftsgeschichte aus. Matter wurde beschuldigt, dass bei der Fusion einzelne Aktionäre bevorzugt worden seien. Die Vorwürfe wurden später juristisch vollständig widerlegt, die Medien entschuldigten sich. Doch da war Matter längst zurückgetreten und hatte sein gesamtes Aktienpaket abgegeben. In einem Buch arbeitete er die ganzen Ereignisse auf. «Es war verrückt, allein in den Informationssendungen von SRF liefen über 30 Beiträge zu diesem Thema.»
Diese Phase bezeichnet Matter heute als eine seiner zwei grossen Krisen in einem Leben, das er ansonsten als rundum gut bezeichnet. Die zweite Krise war eine private, die Trennung von seiner ersten Frau, mit der er drei Töchter hat. Eine vierte Tochter kam in der neuen Beziehung dazu. «Wir waren drei Brüder, und ich habe nun vier Töchter», resümiert er die Matter’sche Familienplanung. Sein älterer Bruder Frank ist erfolgreicher Filmemacher, der jüngere Bruder Samuel ist ebenfalls in der Finanzbranche tätig. In der 2005 gegründeten «Matter Group AG» fasst Alleinaktionär Thomas Matter das sogenannte «Family Office» zusammen, das verschiedene aktive und passive Firmen- und Finanzbeteiligungen zusammenfasst und bewirtschaftet.
Gehärtet in die Politik
Das Ende bei Swissfirst bildete gleichzeitig den Anfang für ein neues Feld, das Thomas Matter künftig bearbeiten wollte: die Politik. «Ich habe gelernt, wie die Mechanismen der Medienlandschaft funktionieren und habe eine sehr harte Haut bekommen. Das sind wichtige Voraussetzungen für eine politische Laufbahn.» 2010 war er ein Quereinsteiger bei der Zürcher SVP, 2011 kandidierte er erstmals für den Nationalrat und erreichte einen Listenplatz, der ihm 2014 das Nachrücken für den zurückgetretenen Christoph Blocher ins nationale Parlament erlaubte. Bei den Wahlen 2015 wurde er bestätigt, nun tritt er im Oktober als Nummer 4 der Zürcher SVP mit guten Aussichten erneut an. Seit 2016 ist Matter als Finanzverantwortlicher auch Mitglied der Parteileitung der SVP Schweiz. «Uns wird allerorten eine Wahlschlappe vorausgesagt, aber ich bin überzeugt, dass wir die stärkste Partei bleiben. Und ich bin sehr stolz auf unsere beiden Baselbieter SVP-Nationalräte Sandra Sollberger und Thomas de Courten.»
Dass Thomas Matter nach dem Ausstieg aus der Swissfirst noch einmal eine Bank gründen würde, hätte er selbst wohl nicht für möglich gehalten. Doch sein langjähriger Weggefährte Daniel Hefti überredete ihn, es doch noch einmal zu tun, unter ganz neuen Voraussetzungen in einer neuen Bankenwelt. «Unser Konzept sah vor, auf einer grünen Wiese ohne jegliche Problemkunden zu starten, uns auf den Schweizer Markt zu konzentrieren.» Das war der Anfang der «Neuen Helvetischen Bank», die drei Jahre nach der Gründung 2011 den Break Even schaffte und zwei Jahre später die Verlustvorträge ausgeglichen hatte.
Gelterkinden und Kloten
Seither wird Dividende ausbezahlt, die Gewinne entwickeln sich über den Erwartungen. Das ist in einem stark regulierten Umfeld keine Selbstverständlichkeit – seit der Helvetischen Bank (so heisst sie seit 2018) wurde in der Schweiz keine neue Bank mehr gegründet. Es ist eine weitere Erfolgsgeschichte im Leben des Thomas Matter, der seit 2010 in einer geräumigen Villa in Meilen wohnt und es zu einem grossen Vermögen gebracht hat.
Zurück zu den Wurzeln im Oberbaselbiet, die sich stets auch mit Fussball verbinden: Beim SV Sissach begann er bei den E-Junioren, wechselte später ins Tor und schaffte es nach seiner Rückkehr aus den USA in die erste Mannschaft, dort aber nicht zum Stammtorhüter. In Gelterkinden schaffte er schliesslich den Aufstieg in die 2. Liga, doch der Schwerpunkt verlagerte sich schon dort mehr und mehr auf die berufliche Karriere. Nach dem Umzug nach Zürich spielte er noch ein paar Jahre beim FC Männedorf, dann hörte er ganz auf. Vor einiger Zeit gab er beim FC Meilen ein Comeback bei den Senioren 40+ und intensivierte gemeinsam mit seinem Jugendfreund Edgar Fankhauser einen regelmässigen sportlichen Austausch mit den alten Kollegen des FC Gelterkinden. «Das ist immer noch mein Verein», sagt er.
Mit dem Sport kam er 2012 noch einmal in Berührung, als ihn sein Freund Philipp Gaydoul ins Boot holte, um den schwer verschuldeten EHC Kloten zu retten. Matters Konzept des Schuldenverzichts überzeugte und führte zum Neubeginn – für den er selbst auch 1 Million Franken bereitstellte, später aber aufgrund eines Strategiewechsels wieder ausstieg.
Thomas Matter ist längst zu einer nationalen Bekanntheit geworden mit regelmässiger Medienpräsenz. Seine Wurzeln aber liegen noch immer im Oberbaselbiet. Und hier kann er jeweils bei seinen Heimatbesuchen das «ganz normale» Leben mit vielen alten Bekannten geniessen.