Faulbrut aus der Altglasmulde
05.07.2019 Baselbiet, Kilchberg, NaturChristian Horisberger
Imker müssen jederzeit mit dem Ausbruch der Bienenkrankheiten Faulund Sauerbrut rechnen. Sie gehören dazu wie die Wabe und die Honigschleuder. Nachdem im vergangenen Jahr im ganzen Kanton kein einziger Fall aufgetreten war, hat es nun wieder ein ...
Christian Horisberger
Imker müssen jederzeit mit dem Ausbruch der Bienenkrankheiten Faulund Sauerbrut rechnen. Sie gehören dazu wie die Wabe und die Honigschleuder. Nachdem im vergangenen Jahr im ganzen Kanton kein einziger Fall aufgetreten war, hat es nun wieder ein Bienenvolk erwischt. Laut dem kantonalen Bieneninspektor Marcel Strub (Lupsingen) ist eines von 14 Völkern in einem Bienenstand in Kilchberg von der Faulbrut betroffen.
Die Behörden haben umgehend reagiert: Das befallene Volk wird eliminiert und es wurde eine Sperrzone mit einem Radius von zwei Kilometern um das betroffene Bienenhaus errichtet. Fachleute überprüfen nun alle weiteren Bienenvölker im Sperrgebiet. Gemäss Strub handelt es sich um 150 bis 200 Völker. Seit am 18. Juni die Faulbrut festgestellt worden ist, seien rund 80 Prozent der Völker kontrolliert und kein weiterer Fall festgestellt worden. Sollten auch die weiteren Überprüfungen negativ ausfallen, könne im besten Fall 60 Tage nach der Entdeckung der Krankheit Entwarnung gegeben werden.
Bis dahin müssen die Imker Massnahmen treffen, um eine Verbreitung der gefährlichen Bakterienerkrankung zu verhindern: Gemäss Eidgenössischer Tierseuchenverordnung gilt im Sperrgebiet: «Jedes Anbieten, Verstellen, Ein- und Ausführen von Bienen und Waben ist verboten. Gerätschaften dürfen nur nach Reinigung und Desinfektion in einen anderen Bienenstand verbracht werden.» Bei Verstössen droht Haft oder eine Busse von bis zu 20 000 Franken.
Honig für Menschen unbedenklich
Als Ursache für den Ausbruch der Krankheit steht für den Bieneninspektor eine Altglassammelstelle im Vordergrund – «ein nicht ausgewaschenes Glas mit bakterienverseuchtem Honig, sehr wahrscheinlich aus Südamerika», präzisiert Strub. In Ländern wie Mexiko, Guatemala oder Brasilien sei die Faulbrut weit verbreitet und daher deren Erreger auch in manchem Honigglas enthalten. Für den Menschen ist die Faulbrut unbedenklich. Dagegen unterschreiben Bienen, die Bakterien von einem Honigglas im Sammelcontainer in den Bienenstock tragen, das Todesurteil für ihr Volk.
Die Theorie klingt abenteuerlich, aber sie ist für den Bieneninspektor die plausibelste Erklärung. Denn er kenne das betroffene Gebiet bestens und wisse, dass es dort seit mindestens 40 Jahren keinen Faulbrut-Fall mehr gegeben hat. Zudem sei der betroffene Imker «sehr kompetent und gewissenhaft». Eine Verseuchung wegen Sporen an Geräten (siehe Kasten) schliesst Strub daher aus.
Laut dem Bieneninspektor ist der aktuelle Fall in Kilchberg der einzige von Faul- oder Sauerbrut im Baselbiet. Voriges Jahr sei im Kanton gar keiner registriert worden. Damit befinde sich Baselland in einer privilegierten Situation. In Kantonen wie Glarus oder St. Gallen würden Jahr für Jahr 50 und mehr Fälle registriert.
Wetterbedingt hätte Strub dieses Jahr im Baselbiet mit mehr Krankheitsfällen gerechnet. Der nasskalte Frühling habe nicht nur die Blütenhonig-Ernte ruiniert, sondern auch die Bienen träge gemacht. Dies begünstige eigentlich die Ausbreitung von Krankheiten, sagt der Fachmann.
Zumindest der wirtschaftliche Schaden einer Faul- oder Sauerbrut hält sich in Grenzen: Gegen den Verlust von Bienenvölkern können sich Imker bei der Tierseuchenkasse versichern, erklärt Strub. Und der Verkauf des Honigs eines kranken Volks sei nicht verboten. Doch er empfehle den Imkern, jenen Honig selber zu konsumieren – damit mit Sicherheit keine nicht ausgewaschenen Honiggläser in Glassammelstellen landen.
Faul- und Sauerbrut
ch. Die Amerikanische Faulbrut ist eine Bakterienerkrankung, die den Bienen-Nachwuchs im Larven- und Puppenstadium angreift, wenn die Wabe bereits mit einem Wachsdeckel verschlossen ist. Die Bakterien beginnen die Bienenlarve zu zersetzen, sie verfault. Die Sauerbrut ist ein anderer, weniger aggressiver Bakterienstamm. Sie greift die Larven an, wenn die Zellen noch unverschlossen sind. Die Krankheiten sind hartnäckig. Ihre Bakterien können Sporen bilden, die ein halbes Jahrhundert und mehr überdauern und sich beispielsweise an Geräten festsetzen. So kann es jederzeit – scheinbar aus heiterem Himmel – zu einem neuen Krankheitsausbruch kommen. Strub weiss von einem Fall im Schwarzbubenland, wo ein Bienenhaus während 20 Jahren leer stand und es nach dessen Reaktivierung zu einer Infektion kam. Ältere Imker hätten sich erinnert, dass die Krankheit dort schon einmal ausgebrochen war.