Nächstes Kapitel im Kampf gegen Krebs
04.06.2019 Bezirk Sissach, SissachJulia Strasser will neuer Krebstherapie zum Durchbruch verhelfen
Die Sissacherin Julia Strasser ist überzeugt, dass Methadon den Kampf gegen Krebs positiv unterstützen kann. Sie hat es bei ihrem Vater erlebt. Nun hat Strasser die deutsche Forscherin Claudia Friesen zu einem Referat nach ...
Julia Strasser will neuer Krebstherapie zum Durchbruch verhelfen
Die Sissacherin Julia Strasser ist überzeugt, dass Methadon den Kampf gegen Krebs positiv unterstützen kann. Sie hat es bei ihrem Vater erlebt. Nun hat Strasser die deutsche Forscherin Claudia Friesen zu einem Referat nach Sissach eingeladen.
Jürg Gohl
«Traumatisch» sei es für sie gewesen, sagt Julia Strasser. Sie spricht von der Zeit, als ihre Mutter an Leberkrebs starb. Damals, so erzählt die heute 42-jährige Sissacherin, habe sie sich geschworen, alles zu unternehmen, um nie mehr einen nahen Menschen an den Krebs zu verlieren. Sie ahnte nicht, dass sie sich bald erneut mit einer Krebsdiagnose würde auseinandersetzen müssen. Ihr Vater René Strasser, der heute in Anwil lebt, erhielt den Befund, an unheilbarem Blasenkrebs zu leiden.
Gemeinsam mit seiner Tochter nahm er den Kampf gegen die Krankheit auf. Heute sind alle Spuren der zerstörerischen Zellen aus seinem 73 Jahre alten Körper verschwunden. Zu verdanken hat er das einer Zusatz-Therapie mit dem als Drogenersatz bekannten Methadon. Julia Strassers Vater gilt als geheilt, besucht heute regelmässig das Fitnessstudio und geht mit seinem Enkel in Gelterkinden schwimmen.
Ähnlich wie ihrem Vater erging es auch René «Hammond» Weber, der im Mai 2018 die Diagnose Gehirntumor und Lungenkrebs erhielt. Zwei bis drei Monate gaben ihm die Ärzte noch. Julia Strasser kennt den weitum bekannten Musiker aus Reigoldswil, weil sie in jungen Jahren selber als Sängerin auftrat. Dank Methadon und Immuntherapie konnte sich René Weber erholen, und es geht im heute gut, er kann wieder seiner Tätigkeit nachgehen und sogar Konzerte spielen. Sein Bruder Felix Weber hatte mindestens 15 Ärzte kontaktiert. Keiner aber wollte seinem Bruder die gewünschte Behandlung verschreiben, bis nach einem Monat jemand ein Einsehen hatte.
Kampf für neues Medikament
Zu verdanken haben die beiden Männer diese Wende der deutschen Forscherin Claudia Friesen. Sie leitet an der Universität Ulm ein Forschungslabor mit Schwerpunkt Onkologie, hat dort das billige, aber vorsichtig zu dosierende Methadon als Mittel zur Krebsbekämpfung entdeckt und kann heute zahlreiche Fälle erfolgreicher Behandlungen, speziell von Gehirntumoren, vorweisen.
Unabhängig voneinander und zufällig erfuhren René Weber sowie Julia und René Strasser von dieser neuen Methode, die ihnen Hoffnung machte. Doch sie mussten einen langen Kampf auf sich nehmen und Widerstände überwinden, bis ihnen dieses Mittel verschrieben wurde.
Weite Kreise, etwa die Krebsliga, stehen dem Medikament kritisch gegenüber. «Man warnte uns zum Beispiel vor den Nebenwirkungen des Medikaments», sagt Julia Strasser und schüttelt ihren Kopf, «doch weshalb soll sich ein Krebspatient vor den Nebenwirkungen fürchten, die man einem Drogenabhängigen bedenkenlos zumutet? Sie sind bestimmt geringer als bei einer Chemotherapie.»
Gesundheitsnetz im Visier
Obwohl es ihrem Vater inzwischen gut geht, möchte Julia Strasser ihren aufgenommenen Kampf gegen Krebs weiterführen, dieses Mal im Interesse der Allgemeinheit. Sie erwägt, einen Verein «Methadon» zu gründen, eine Art Gesundheitsnetz, wie sie präzisiert. Mit einem Verein im Rücken wären auch weitere Auftritte der Referentin in der Schweiz leichter zu realisieren. «Ich bin eben ein Energiebündel», sagt Strasser von sich. Darauf lässt auch die Biografie der früheren Musikerin schliessen, kam sie doch in Australien zur Welt und lebte als Kind zwei Jahre in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, und später in England, der Heimat ihrer Mutter.
Im Oberbaselbiet hatte sie bereits in Gelterkinden, Anwil, Känerkinden, Buckten und Lausen gewohnt, ehe sie vor 15 Jahren in Sissach ins Haus ihrer Grosseltern zog. Dort lebt sie mit ihrem Sohn und ihrem Lebenspartner, mit dem sie seit fünf Jahren einen Gipser- und Malerbetrieb führt. Heute sei sie die «unauffällige, ganz normale Bürgerin Frau Strasser». Das galt für sie zumindest, bis sie sich den Kampf gegen Krebs zur Aufgabe machte.
Kein Wundermittel
Sie hat deshalb Claudia Friesen zu einem Referat über ihre medizinische Entdeckung nach Sissach eingeladen (siehe Kasten). Die Deutsche sieht sich viel Kritik und Skepsis ausgesetzt, zumal das Interesse von Krebspatienten am neu entdeckten Wirkstoff schlagartig steigt, und deshalb die Ärzte dazu zwingt, täglich hohe, vielleicht zu hohe Erwartungen zu drosseln.
Auch Claudia Friesen und Gastgeberin Julia Strasser, die selber nicht vom Fach ist, warnen entschieden davor, von einem Wundermittel zu sprechen. «Methadon kann als Ergänzung und zur Unterstützung zu den herkömmlichen Methoden, der Bestrahlung und der Chemotherapie, eingesetzt werden. Aber es kann diese nicht ersetzen», sagt Strasser. Entsprechend wurde auch der Titel des Referats von Claudia Friesen von morgen gewählt: «Methadon, ein Wirkungsverstärker in der Krebstherapie».
Riesiges Interesse am Referat
jg. Die Forscherin Claudia Friesen hält ihr Referat «Methadon, ein Wirkungsverstärker in der Krebstherapie» morgen Mittwoch in der Oberen Fabrik in Sissach. Es beginnt um 20 Uhr und endet mit einer Frage-Antwort-Runde ungefähr um 22.20 Uhr. Da sich bereits über 200 Personen angemeldet haben, musste der Anlass vom Jakobshof in die Obere Fabrik verlegt werden, und einige Gäste müssen mit einem Stehplatz vorliebnehmen. Vertreten sind gemäss Julia Strasser viele Hausärzte, Spitex-Organisationen, das Kantonsspital, Forschungsabteilungen der Chemie. Erst am Samstag habe sich eine Familie aus Nürnberg angemeldet. Friesens Entdeckung wurde einst kritisch im deutschen Fernsehmagazin «Plus-Minus» vorgestellt, doch handelt es sich um ihren ersten öffentlichen Auftritt in der Schweiz. Vor ihrem Referat wird die Forscherin auch die Gelegenheit erhalten, mit Regierungsrat Thomas Weber, dem Baselbieter Gesundheitsdirektor, über ihre Entdeckung zu diskutieren.
E-Mail: julia.strasser@bluewin.ch