Ein ungenierter Blick in fremde Paradiese

  13.06.2019 Baselbiet, Natur, Energie/Umwelt

Brigitte Buser

Durch fremde Privatgärten schlendern, sich austauschen, fachsimpeln, Erfahrungen sammeln oder einfach bewundern: Dies alles ermöglicht die Aktion «Offener Garten». Zum zehnten Mal öffnen die Mitglieder sieben schweizerischer Garten- und Pflanzenvereine und der Verein Pro Igel gemeinsam ihre Gartentore und laden herzlich zu einem Besuch ein. Die «Volksstimme» hat sich vorab in vier Gärten in unserer Region umgeschaut.

In unserer Region sind folgende Gärten geöffnet

Diese Gärten aus der Region öffnen am Wochenende ihre Tore: Sybille Laubscher, Schöni Sache, Hauptstrasse 43, Arisdorf. 15. und 16. Juni, von 14 bis 18 Uhr. Dominique Schnetzer, Bölchenstrasse 17, Hölstein. 15. Juni, von 13 bis 17 Uhr. Theres Ochsner, Innerbuechweg 168, Wenslingen. 15. und 16. Juni, von 10 bis 17 Uhr. Maja Coletti, Zelgliweg 5 b, Tecknau. 16. Juni, von 11 bis 17 Uhr. Maria Flury, Madlenweg 23, Frenkendorf. 15. und 16. Juni, von 10 bis 18 Uhr. Daniela Sager, Dorfstrasse 14, Tecknau. 15. und 16. Juni, von 10 bis 17 Uhr. Liselotte und Sämi Buess, Hintere Gasse 74, Wenslingen. 15. und 16. Juni, von 10 bis 17 Uhr. Hedwig Bürgin, Birkenweg 1, Gelterkinden. 16. Juni, von 10 bis 18 Uhr. Beatrix und Werner Riggenbach-Thommen, Schulstrasse 53A, Rünenberg. 15. und 16. Juni, von 10.00 bis 17.30 Uhr.

www.offenergarten.ch


Ein Familiengarten in Tecknau

Bald fünfundzwanzig Jahre ist es her, als Maja Coletti, aufgewachsen in Läufelfingen, nach Tecknau zog. Damals hatte die ausgebildete Floristin und mittlerweile Mutter von drei bald erwachsenen Kindern mit Gärtnern wenig am Hut. Heute pflegt sie mit Hingabe einen fast 4000 Quadratmeter grossen Familiengarten – nur mit Unterstützung ihres Mannes Luigi Coletti. Umgekehrt hilft Maja Coletti ihrem Mann im von ihm bewirtschafteten «Pflanzplätz».

«Meine Eltern haben zwar einen Gemüsegarten und grossen ‹Pflanzplätz› bewirtschaftet, das Thema Garten interessierte mich zu dieser Zeit aber kaum», erzählt die heute begeisterte, quirlige Gartenbesitzerin. Auch musste sie nie in den Gärten ihrer Eltern mithelfen, dennoch wurde Maja Coletti mehr und mehr vom Gartenvirus gepackt. Dies so stark, dass sie, wann immer es das Wetter erlaubt, im Garten anzutreffen ist. Ein Grund dafür war die Grossmutter ihres damaligen Freundes. Sie schloss das neue Familienmitglied nicht nur bereitwillig in ihr Herz, sondern übergab ihm auch kleinere Arbeiten, die sie altersbedingt nicht mehr erledigen konnte.

Nach dem Besuch eines Rosenschnittkurses vor vielen Jahren wurde sie nun auch vom Rosenvirus gepackt. So fand als Erste die rosafarbene, stark gefüllte Englische Rose «Gertrude Jekyll» einen Platz. Ihr folgte «Rose de Resht», die gerne in der Küche verwendet wird. Über die Jahre folgten Wildrosen, in Bäume wachsende Ramblerrosen und viele weitere Rosen und unzählige Stauden.

Eigentliche Lieblingsblumen gibt es bei Maja Coletti nicht. Sie fasziniert mehr das Zusammenspiel verschiedenster Blatt- und Blütenstrukturen, die jeweils passend zu Boden und Lichtverhältnissen gepflanzt werden. Wenn es dazu noch herrlich duftet, umso besser. Aber so richtig stimmig wird es für Maja Coletti, wenn sich «Freund Zufall» durch die Beete schleicht. Dann wird das Bild erst richtig abgerundet. Darum darf auch schon mal der Giersch blühen, wenn es ins Gartenbild passt. Und falls es nicht passt, findet so manches Wildkraut einen neuen Verwendungszweck in der Küche.

Im Garten des «La Casa verde» schlendert man durch grosszügige Gartenräume, die fliessend ineinander übergehen. Dabei trifft man auf diverse Sitzgelegenheiten, um den Garten in Ruhe auf sich wirken zu lassen. Passend zum mintgrün gestrichenen Haus finden sich im ganzen Garten verteilt Ställe in derselben Farbe, die heute als Werkstatt oder Gartenhaus dienen, oder aber noch heute als Hühnerhaus genutzt werden. Die Ideen gehen Maja Coletti nicht aus. So entstand vor wenigen Monaten unter anderem ein Beet mit Winteraspekt.

«Wir geniessen unseren Garten in allen Facetten», betont Maja Coletti. «Dazu gehört vor allem das Gärtnern. Und wann immer das Wetter es erlaubt, wird draussen gegessen, gespielt, relaxt oder mit Familie und Freunden gefeiert.»


Ein zauberhaftes Gartenreich in Wenslingen

Früher war der Garten von Theres Ochsner vorwiegend ein «Pflanzplätz» und eine Spielwiese. Vor etwa 25 Jahren begann sie ihren Garten umzugestalten. Anlass dazu waren der Garten einer Freundin aus dem Thurgau und Besuche in Irland und England. Unterstützt wurde sie in vielem von der jüngeren Tochter und deren Gatten und natürlich dem ortsansässigen Gärtner.

Heute explodiert der Garten beinahe, so reich ist er mit Pflanzen bestückt. Auf der Südseite blühen Rosen, zum Beispiel Rambler- und Kletterrosen sowie Stauden in vielen Variationen. Auf dem Garagendach findet sich ein grosszügiger Sitzplatz. Über dessen Pergola ranken sich «Rosa helena». «Meine liebste Rose ist die dunkelrosa, stark duftende Kletterrose, die mir mein Vater vor vierzig Jahren gepflanzt hat», berichtet Theres Ochsner. Sie gedeiht an der Südfassade, in der Nähe eines grosszügigen Birnenspaliers.

Ein kleiner Sitzplatz findet sich im unteren Garten nach einem Laubengang, bewachsen mit «Rosa complicata» und einigen Klematis. «Meine Lieblingspflanzen neben den Rosen und Klematis sind die Pfingstrosen», erzählt die Gartenbesitzerin weiter. «Davon blühen überall im Garten unterschiedliche Sorten, die zum Teil wunderbar duften.» Die Rosen sind mit ihren Namen angeschrieben. Als Namenschilder dienen Scherben alter Blumentöpfe. Ebenfalls beliebt sind in Theres Ochsners Garten die Witwenblumen, auch «Guufechüssi» genannt, und die «Jungfer im Grünen».

Auf der südwestlichen Seite des Gartens ist ein Steingarten aus Jurakalksteinen entstanden. In diesem Teil wird seit Jahren kaum etwas verändert. Momentan blüht auf der Westseite des Hauses eine Wildblumenwiese in zarten Pastelltönen. Sie ist von kurz gehaltenem Gras und reich bepflanzten Rabatten mit Stauden in unzähligen Variationen umgeben.

Unter einer schmalen, alten Tanne, an der bis vor Kurzem die Ramblerrose «Bobby James» blühte, finden unter einem Asthaufen Wildtiere wie der Igel Unterschlupf. Auch Blindschleichen, Eichhörnchen und natürlich Vögel haben einen Platz. Ab und zu verirrt sich sogar ein Fuchs in den Garten. Neben einem Schattenplatz unter einem Haselstrauch findet sich ein weiterer Sitzplatz, der zum Verweilen einlädt. Hinter dem Haus ist ein Beerengarten. Schwarze Johannis-, Him-, Stachel- und Heidelbeeren sind durch Hagebuchenhecken abgetrennt.

Mittlerweile sind die Pflanzen so gross gewachsen, dass der Garten von aussen kaum eingesehen werden kann. Natürlich wird auch gejätet, aber «gepützelt» wirkt der Garten nicht. Im Herbst werden nicht alle Stauden abgeschnitten, denn ihre Samen sind Nahrung für viele Vogelarten. Genauso wie die Hagebutten, die vor allem von Amseln geschätzt werden.

«Mein Garten ist meine Insel. Hier kann ich tun und lassen, was ich will. Ich bin begeistert von all den Veränderungen während des ganzen Jahres», erklärt Theres Ochsner zum Abschluss des Rundgangs voller Begeisterung.


Ein Cottage-Garten in Arisdorf

Bis vor einem Jahrzehnt war der kleine Garten des Schönihauses an der Hauptstrasse verwildert. Unter den Händen der Künstlerin Sybille Laubscher ist ein ideenreicher Cottage-Garten entstanden, der überhaupt nicht überladen wirkt.

Betritt man den Garten hinter der Galerie, hat man das Gefühl, in eine andere Welt einzutauchen. Mit einer Fläche von nur 300 Quadratmetern gehört er eher zu den kleineren. Dass sich auch daraus gestaltungsmässig viel machen lässt, zeigt sich hier aber deutlich. Eingerahmt durch locker gehaltene Gehölze und unterpflanzt mit Stauden, wirkt er nämlich sehr grosszügig. Natürlich fallen durch die begrenzten Möglichkeiten die Wege eher schmal aus, sie schlängeln sich aber dennoch durch viele Gartenräume, wenn auch diese ebenfalls eher klein sind. «Natürlich benötigt es schon viel Kreativität, um kleine Gärten ins rechte Licht zu rücken, wirken sie doch durch einen übermässigen Einsatz von Dekoelementen rasch überladen», weiss die Künstlerin, die einmal im Monat für die «Volksstimme» Karikaturen gestaltet, zu berichten. So werden diese eher zurückhaltend eingesetzt. Da zwei Hühner aus Ton, dort ein Hase unter einem Strauch und hier schaut ein Stück alter Zaun aus Blüten hervor. Natürlich ist dies nicht alles, es gibt also noch mehr zu entdecken.

Betritt man den Garten, sticht einem gleich ein kleiner Pavillon ins Auge, der von einer Klematis umrankt wird. Darin findet sich ein liebevoll bemalter Tisch mit Sitzgelegenheit. Vor ihm breiten sich zwei kleine Gemüse- und Kräuterbeete aus. Am Zaun zum Nachbarsgrundstück ranken unterschiedliche Spalierobstarten.

Geht man den Weg entlang weiter, gelangt man zum «Wöschhüsli», das ein hübsch eingerichtetes B&B beherbergt. Davor wird der sonnige Bereich von Schatten abgelöst. Hier gibt es einen kleinen Teich, gefasst mit grossen Steinen, zu entdecken. Im Teich gedeihen Seerosen und weitere Wasserpflanzen. Schatten spenden unter anderem zwei Funkien mit panaschierten Blättern sowie ein Goldregen. Geht man weiter, gelangt man hinter dem alten Birnbaum durch einen Metallbogen in den nächsten Gartenraum. Hier findet sich ein vier Meter langer, schmaler Raum mit einer weissen Skulptur, umgeben von der Englischen Rose «Alain Titchmarsh». Auf der rechten Seite stehen zwei Meter hohe Holzpfähle, an denen jedes Jahr Wicken hochgezogen werden. Auf der linken Seite blühen im Hochsommer gelber Topinambur und reich blühende Staudensonnenblume. Aber auch für Schnittblumen hat es im Garten genügend Platz. Unter anderen auch Dahlien, die immer wieder neue Blüten hervorbringen, wenn man sie regelmässig ausputzt. Und dunkelroter, weisser und rosafarbener Fingerhut blüht mit den Rosen. Lässt man die abgeblühten Blütenstände stehen, bilden sich Samen, die sich noch im selben Jahr leicht säen lassen.

«Der ganze Garten wird übrigens biologisch gepflegt», sagt Sybille Laubscher. Dies sei ihr und ihrem Mann besonders wichtig. So finden sich viele nützliche Insekten, Vögel und auch Igel ein, die diesem Garten seine Lebendigkeit verleihen.


Ein Hanggarten mit Aussicht in Hölstein

Nach dem Bau des Hauses der Familie Schnetzer in Hölstein wurde an der Ostseite ein Sitzplatz angelegt. Der Rest des 3000 Quadratmeter grossen Grundstücks beherbergte eine Streuobstwiese. Bei der folgenden Planung des Gartens war es Dominique Schnetzer jedoch wichtig, dass die vorhandenen Gegebenheiten mit einbezogen werden. So entstand rund um das Haus, welches knapp unter der Hangkante steht, ein Terrassengarten, aufgeteilt in vier Bereiche. An der Westseite des Hauseingangs umfasst an drei Seiten eine Buchenhecke den stufenförmigen Hausgarten mit Sitzplatz. In den leicht abgestuften Beeten gedeihen mediterrane Pflanzen, Kräuter und Rosen.

Geht man um die Ecke auf die Südseite des Hauses, hat man als Erstes einen traumhaft schönen Ausblick auf die Hügelzüge des Faltenjuras. Entlang der Fassade führt ein Weg – die Verbindung der Sitzplätze an der West- und Ostseite des Hauses. Er ist beidseitig von sonnen- und trockenheitsliebenden Pflanzen wie Lavendel, Königskerzen, Katzenminze, Wolfsmilch und anderem mehr gesäumt. «Ab Juli blühen hier auch Hochstämme von Gartenhibiskus», erzählt Dominique Schnetzer.

Eine Etage tiefer liegt der Poolgarten mit einem weiteren Sitzplatz. Dieser wird an der südlichen Grundstücksgrenze von einer Wildgehölzhecke gesäumt. Darin finden sich auch viele unterschiedliche Wildrosenarten, die bis zum Herbst überreich Hagebutten bilden, die vielen Vogelarten im Winter Nahrung bieten.

Genuss für Mensch und Tier
An der West- und Südseite sind Mauern, Wege und Treppen gradlinig und formal angelegt, vorgegeben durch die klaren architektonischen Strukturen des Hauses. In den Beeten übernimmt die naturnah wirkende Bepflanzung die Natur in der Umgebung auf. Was die Bepflanzung anbelangt, gilt dasselbe für den Sitzplatz direkt vor der Ostseite des Hauses. Hier ist der Hang an der Nordseite jedoch mit leicht bogenförmigen Natursteinmauern terrassiert.

Im oberen Garten legte die Gartenbesitzerin einen grosszügigen Gemüsegarten an, dessen Beete mit Schneckenzäunen eingefasst sind. «Hier hat sich der Anbau von Mischkulturen sehr bewährt. Die Pflanzen unterstützten sich gegenseitig im Wachstum, indem die Nährstoffe besser genutzt und Schädlinge ferngehalten werden können. Das schafft die besten Voraussetzungen für biologisches und naturnahes Gärtnern», weiss Dominique Schnetzer zu berichten. Gleich daneben befindet sich ein Gewächshaus, in dem im Frühjahr unter anderem Pflanzen der Pro Spezie Rara für die Saatgutgewinnung angezogen werden. Die Setzlinge werden in den Beeten nun weiterkultiviert, unter Glas gedeihen verschiedene Tomatensorten. An der Ostseite dieses Gartenteils findet sich ein Laubengang mit vielen Kletterrosen. Die nördliche und westliche Grenze ist ebenfalls mit Wildgehölzen eingefasst und auf artenreicher Blumenwiese und Rasen rund um den Gemüsegarten gedeihen Obstgehölze.

«Der Garten ist aber nicht in einem Jahr gewachsen», erzählt die Staudenliebhaberin weiter. «Jahr für Jahr wurde wieder ein Bereich umgestaltet. Dies dauerte 20 Jahre.» Auf die Frage, was jetzt noch ansteht, sagt sie, dass noch die Westseite etwas umgestaltet werden muss. Dort, wo die vier Zwergziegen ihrer Tochter und die Bienenvölker, die sie mit einem Kollegen pflegt, beherbergt sind. Wie, wisse sie aber schon. Man darf gespannt sein!

Ihr Gartenwissen hat sich die Architektin ETH, die mittlerweile auch fremde Gärten gestaltet, durch das Studium von Büchern angeeignet. Zudem hat sie auf vielen Gartenreisen unterschiedliche Privatgärten besucht.

 


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