Dem Dorf etwas zurückgeben
12.06.2019 Anwil, Porträt, BaselbietPeter Stauffer
«Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.» Gerne hätte Ernst Möckli es allen recht gemacht, aber wie viele andere Menschen, die sich in einer verantwortlichen Position befinden, musste auch er den Wahrheitsgehalt dieses Sprichworts ...
Peter Stauffer
«Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.» Gerne hätte Ernst Möckli es allen recht gemacht, aber wie viele andere Menschen, die sich in einer verantwortlichen Position befinden, musste auch er den Wahrheitsgehalt dieses Sprichworts erleben. Mit anständig vorgebrachter – und manchmal auch berechtigter – Kritik könne er umgehen, sagt er von sich selbst. Mehr Mühe habe ihm aber das versteckte, nicht direkt vorgebrachte Kritisieren gemacht. Es habe oft an ihm genagt, ja sogar schlaflose Nächte beschert. «Vielleicht hatte ich dazu zu wenig Elefantenhaut», meint er im Rückblick auf seine sechzehn Jahre Tätigkeit im Gemeinderat.
Ansonsten blickt er mit Genugtuung und auch mit ein wenig Stolz zurück. Er empfindet Dankbarkeit für die in vielen Bereichen gute und angenehme Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat. Als er im Sommer 2003 in die Behörde gewählt worden war, musste er – als Neuer hast du keine Wahl – von seiner Vorgängerin das Ressort Soziale Wohlfahrt, Umweltschutz, Volkswirtschaft und Abfallbeseitigung übernehmen. Er hatte riesigen Respekt vor diesen Aufgaben und besuchte jeden möglichen Kurs, vor allem zum Thema Sozialhilfe, wobei zu Letzterem damals noch die Vormundschaft gehörte.
Familienleben hat gelitten
In späteren Jahren konnte er seine eigentlichen Stärken in anderen Ressorts einbringen. Das Bauwesen lag ihm besonders am Herzen. Davon zeugen seine Mitarbeit oder Verantwortung bei Umgestaltungen, Umbauten, Sanierungen oder Erneuerungen der verschiedensten Werke. Begonnen hat es im ersten Amtsjahr mit den Veränderungen in der Friedhofsanlage und der Einrichtung des Gemeinschaftsgrabes. Auch die sechs Jahre später erfolgte Sanierung der dortigen Kapelle gehörte in seinen Verantwortungsbereich.
Bei vielen weiteren «Werken» hat er seine Spuren hinterlassen: Umbauten des «alten» Reservoirs mit Ultrafiltrationsanlage und neuer Zuleitung vom Pumpenhaus her, des Fernwärmeofens und diverser Anlagen bei beiden Schulhäusern, der Neubau der Sportanlagen und die Neugestaltung des Spielplatzes, den Maurerarbeiten des neuen Reservoirs auf Egg sowie diverse Strassensanierungen. Auch die Revision des Zonenplans fällt in seine Amtszeit.
Zu diesen eher grossen Projekten kamen natürlich die fast täglich anfallenden Gemeinde-Geschäfte. Die meisten Samstage der vergangenen Jahre und auch die Abende gehörten der Gemeinde. «Das Familienleben und meine Gesundheit haben darunter gelitten und kamen oft zu kurz. Denn an erster Stelle kam immer die Gemeinde», sagt Möckli im Gespräch. Apropos Gesundheit: Am meisten an seine Kräften hätten in den vergangenen Jahren die diversen unerwarteten Probleme und Vorfälle mit der Wasserversorgung oder der Fernwärme gezehrt. Aber auch die «normalen» Geschäfte brauchten viel Energie. Da das freie Reden nicht gerade seine Stärke sei, habe er immer viel Vorbereitungszeit gebraucht und sich alles aufgeschrieben, meint er.
Gerne erinnert er sich aber auch an tolle Momente: Kulturwoche und Kulturtage, diverse Einweihungen gelungener Werke, Besuche unterschiedlichster Veranstaltungen im Dorf oder auch auswärts, das Kennen- und Schätzenlernen neuer Menschen und Dinge.
Interessant ist auch die statistische Rückschau, die Ernst Möckli in seinem persönlichen Rückblick auf 16 Jahre im Gemeinderat festhält: 3 verschiedene Präsidenten, 14 Gemeinderatskolleginnen und -kollegen, 3 Gemeindeschreiberinnen, 2 Gemeindearbeiter, 14 Teilzeitmitarbeiter, 32 Gemeindeversammlungen, 385 Gemeinderatssitzungen, ca. 3500 übrige Sitzungen. Das sind eindrückliche Zahlen, die nur erahnen lassen, was alles so hinter einem Behördenjob steckt.
Ernst Möckli freut sich, dass er ab Juli keine Verpflichtungen mehr für die Gemeinde hat und nicht mehr fast täglich zur Gemeindeverwaltung gehen muss. Er kann die Freizeit selber gestalten und sich (noch) mehr seinem Hobby, dem Fussball, widmen. Er ist Präsident des FC Gelterkinden.
Angesprochen auf die wenigen verbleibenden Tage als Gemeindepräsident, sagt er: «Ich erhalte von vielen Seiten Ausdrücke des Bedauerns über meinen Rücktritt. Das gibt mir eine grosse Genugtuung und macht mich zufrieden. Aus dieser Sicht ist die Amtsniederlegung wohl auch gut. All diese Dankesbezeugungen und Komplimente erfüllen mich auch ein wenig mit Stolz, denn wir hatten schwere Zeiten hier in ‹Ammel›.»
ERNST MÖCKLI
rr. Ernst Möckli, Jahrgang 1957, ist in Wenslingen aufgewachsen und hat dort die Gesamtschule besucht. Bei der Firma Graf in Gelterkinden hat er sich zum Maurer ausbilden lassen. Zeitlebens ist er dem Beruf treu geblieben. Am 7. Juli 2017 hat er den im Bauwesen möglichen frühzeitigen Altersrücktritt gegeben. Seit 1997 wohnt die Familie im umgebauten Elternhaus seiner Ehefrau Silvia in Anwil.
«Lieber eine Nacht darüber schlafen und dann entscheiden»
Was ist das persönliche Highlight Ihrer Amtszeit?
Ernst Möckli: Die Realisierung der neuen Wasserversorgung mit dem Neubau des Reservoirs Egg war sicher einer der Höhepunkte. Die Planung und die Bauphase waren sehr intensiv, aber am Schluss sicher das Highlight. Das Trinkwasser wird uns in Zukunft noch mehr beschäftigen und wir müssen den sorgsamen Umgang damit lernen.
Welches Ziel haben Sie nicht erreicht?
Den Neubau eines neuen Gemeindehauses mit Mehrzweckraum konnten wir nicht planen und umsetzen.
Welchen Rat geben Sie Ihrem Nachfolger mit?
Ich muss meinem Nachfolger keinen Rat mitgeben, er ist lange genug im Gemeinderat tätig und kennt die Gegebenheiten. Ein Tipp aus persönlicher Erfahrung: Nicht sofort auf jede Kritik reagieren, lieber eine Nacht darüber schlafen und dann entscheiden.
Was ist die grösste Herausforderung für kleine wie Anwil?
Die grösste Herausforderung wird sein, Personen zu finden, die Verantwortung übernehmen und sich die Zeit nehmen, um die verschiedenen Aufgaben im Dorf zu bewältigen. Anwil muss weiterhin attraktiv bleiben, damit die Bevölkerung wieder leicht anwächst. Auch muss die Schule unbedingt im Dorf bleiben.
Wo haben Sie Ihre Schwerpunkte gesetzt?
Die Schwerpunkte meiner Präsidialzeit lagen bei der Erneuerung und Erhaltung der Infrastruktur.
Welche Baustellen hinterlassen Sie Ihrem Nachfolger?
Zurzeit gibt es in Anwil keine grossen Baustellen. Da aber in einer Gemeinde die Arbeit nie ausgeht, wird es immer wieder Aufgaben geben, die angepackt werden müssen. So kann sicher die Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden noch erweitert werden.