Ländliche Abweichler
23.05.2019 Abstimmungen, Politik, Bezirk Sissach, Baselbiettho. Schweizweit ist die EU-Waffenrichtlinie am vergangenen Wochenende mit 63,7 Prozent der Stimmen angenommen worden. Das Resultat ist mehr als deutlich. Auch das Baselbiet stimmte der Revision, die von Schützenvereinen bekämpft worden ist, unmissverständlich zu.
Das ...
tho. Schweizweit ist die EU-Waffenrichtlinie am vergangenen Wochenende mit 63,7 Prozent der Stimmen angenommen worden. Das Resultat ist mehr als deutlich. Auch das Baselbiet stimmte der Revision, die von Schützenvereinen bekämpft worden ist, unmissverständlich zu.
Das ganze Baselbiet? Mitnichten. Wie in der ganzen Schweiz gab es hier einen Stadt-Land-Graben (vgl. «Volksstimme» vom Dienstag). Speziell im Oberbaselbiet findet sich eine ganze Reihe von Dörfern, die stark ausgeschert sind. «Tschoppenhof» beispielsweise schmetterte das neue EU-Recht mit mehr als 77 Prozent Nein-Stimmen ab. In Zahlen: 44 Einwohnerinnen und Einwohner stimmten dagegen, nur 13 dafür. In Hemmiken war die Ablehnung mit fast 77 Prozent ebenso wuchtig. Im Bezirk Waldenburg sagten gleich 12 der 15 Gemeinden Nein. Im Bezirk Sissach waren es 18 der 29 Gemeinden.
Tendenziell stimmten die sehr ländlichen, kleinen Dörfer dagegen, wobei das Muster hier nicht ganz eindeutig ist. Buus beispielsweise lehnte klar ab, die Nachbarn in Maisprach stimmten zu. Oltingen sagte ebenfalls Ja, die Nachbarn in Zeglingen hingegen sagten Nein. Die grösseren Gemeinden wie Sissach und Gelterkinden waren mit grosser Mehrheit für die Verschärfung.
322 Abstimmungen untersucht
Onlinemedien der TA-Media, darunter die Baz, haben kürzlich die Abstimmungsresultate aller Schweizer Gemeinden in den vergangenen 37 Jahren untersucht; es handelt sich um 322 nationale Urnengänge. Auf einer interaktiven Karte wurde dargestellt, wie häufig in den Dörfern und Städten gleich gestimmt wurde wie auf Bundesebene – und wie häufig abgewichen wurde. Dabei zeigt sich, wie am Wochenende bei der Vorlage über die Waffenrichtlinie, dass es selbst innerhalb des Oberbaselbiets so etwas wie einen kleinen Stadt-Land-Graben gibt.
Der Bezirkshauptort Sissach ist bei den Urnengängen auffällig häufig auf der Gewinnerseite – nämlich in 92,5 Prozent der Fälle, in Gelterkinden ist das Resultat in 91,9 Prozent deckungsgleich mit dem Resultat in der Eidgenossenschaft. Häfelfingen hingegen votierte nur in 75,5 Prozent der Abstimmungen gleich wie die Schweiz, auch Anwil, Buus, Eptingen oder Diegten bleiben unter der 80-Prozent-Marke. Hölstein hingegen, das seine Grenze mit Diegten teilt, bringt es auf 92,2 Prozent und damit auf einen deutlich höheren Übereinstimmungswert.
Im ganzen Kanton Baselland ist Frenkendorf mit 94,1 Prozent das Dorf, das am häufigsten mit dem Strom schwimmt. Am anderen Ende der Skala findet sich Roggenburg im Bezirk Laufen mit nur 70,5 Prozent Übereinstimmung. Von einem «gallischen Dorf» mit lauter Widerständlern zu sprechen, wäre allerdings übertrieben.
In ländlichen Gemeinden in der Innerschweiz oder im Kanton Jura wird noch häufiger abgewichen – einzelne Gemeinden gehörten in nur rund 6 von 10 Abstimmungen zu den Gewinnern (tiefster Wert: Unteriberg, Kanton Schwyz, mit 58,7 Prozent): «Mainstream»-Gemeinde Nummer 1 der Schweiz ist Ebikon im Kanton Luzern. Dort betrug der Anteil der Übereinstimmung in den untersuchten 322 Abstimmungen zwischen 1981 bis 2018 ganze 95,3 Prozent.