«Die Uniform verschafft Respekt»
10.05.2019 Anwil, Bubendorf, Bezirk Liestal, Gesellschaft, Bezirk Sissach, NaturYannick Bucher ist Leitender Ranger des Naturschutzdienst Baselland
Sechs Naturschutzwarte sehen in den Naturschutzgebieten Wildenstein, Talweiher Anwil und Reinacher Heide nach dem Rechten. Leitender «Ranger» ist der Riehener Geowissenschafter Yannick Bucher. Je besser das Wetter ist, ...
Yannick Bucher ist Leitender Ranger des Naturschutzdienst Baselland
Sechs Naturschutzwarte sehen in den Naturschutzgebieten Wildenstein, Talweiher Anwil und Reinacher Heide nach dem Rechten. Leitender «Ranger» ist der Riehener Geowissenschafter Yannick Bucher. Je besser das Wetter ist, desto mehr gibt es für ihn und seinen Tea zu tun.
Christian Horisberger
Herr Bucher, es ist neun Uhr früh und sehr windig und regnerisch. Sie werden heute im Gebiet Wildenstein niemanden antreffen, der ein verbotenes Feuerchen macht. Warum sind Sie trotzdem hier?
Yannick Bucher: Auf die Einhaltung der Verhaltensregeln zu achten, ist nur ein Teil des Jobs. Heute mache ich Monitoring. Das ist neben Führungen und Bildung, Neophytenbekämpfung und Unterhalt sowie Aufsicht eines unserer Standbeine.
Was überwachen Sie alles?
Beim Monitoring heute mache ich Fotos, um die Entwicklung der Eichen zu dokumentieren, ich beobachte auch Waldameisen und das Kleine Knabenkraut. Zusätzlich machen wir in Bubendorf ein Amphibien- und Reptilienmonitoring.
2003 hat der Kanton den Naturschutzdienst ins Leben gerufen. Was gab den Ausschlag dazu?
Zunächst war er primär eine Art Umweltpolizei. Dies, nachdem im Eichenhain auf dem Wildenstein – ein Naturschutzgebiet von nationaler Bedeutung – mutwillig Bäume angezündet worden sind. Mit den Jahren hat sich das gewandelt. Der Auftrag des Kantons ging immer mehr in Richtung Sensibilisierung und Bildung. Damit man weiss, was für Naturschutzgebiete wir haben und weshalb es sich lohnt, sie zu schützen. Das ist nachhaltiger, als wenn man nur mit erhobenem Zeigefinger unterwegs ist.
Wenn Sie von Sensibilisierung sprechen, dann vor allem bei Führungen von Schulklassen?
Davon, von öffentlichen Führungen, aber auch davon, wenn wir unterwegs sind und die Leute darauf aufmerksam machen, was es in den Gebieten Wildenstein, Talweiher bei Anwil und Reinacher Heide alles zu sehen gibt. Dafür suchen wir aktiv das Gespräch mit den Menschen, die wir dort antreffen. Im Wildenstein beispielsweise weise ich auf Spuren des Eichenbocks, unseres grössten Käfers hin, der in abgestorbenen Eichen lebt. Er ist imposant und Spechte mögen seine Larven.
Wie gross ist Ihr Ranger-Trupp?
Wir sind sechs Leute, die alles machen, und eine Person, die sich nur mit Monitoring befasst. Wir haben Pensen von 10 bis 30 Prozent und sind hauptsächlich an den Wochenenden unterwegs, wenn die meisten Leute anzutreffen sind.
Was bewirkt die Präsenz der Ranger?
Man kennt uns. Die Leute, mit denen wir über all die Zeit, seit wir da sind, ins Gespräch gekommen sind, wissen, was man darf und was nicht. Wir stellen auch fest, dass die Einhaltung der Leinenpflicht für Hunde am Wochenende, wenn man uns eher antrifft, besser eingehalten wird als unter der Woche.
Was sind die weiteren Verstösse, die Sie ahnden?
Der Wildenstein ist speziell, weil es sich um eine Kulturlandschaft handelt, die bewirtschaftet wird. Trotzdem gelten hier andere Regeln als sonst. So darf man etwa von März bis September die Wege nicht verlassen. Dies durchzusetzen, gibt uns im Frühling, wenn das Wegegebot wieder gilt, immer viel Arbeit. Wir achten ferner darauf, dass nur an den offiziellen Feuerstellen grilliert wird. Wilde Feuer zu entfachen ist verboten. Wir weisen auf weitere Feuerstellen hin, wenn die bekannteren besetzt sind. Speziell beim Wildenstein ist das Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen. Wir weisen darauf hin, Bussen stellt jedoch die Polizei aus, die regelmässig Kontrollen macht.
Nicht alle Menschen lassen sich gerne sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. Wie reagieren die Leute auf Ermahnungen?
Die meisten verständnisvoll, auch weil wir erklären, weshalb etwas verboten ist. Zu nahe an die Eichen darf man beispielsweise nicht gehen, weil nicht nur die Eichen an sich, sondern auch die speziellen Pflanzengesellschaften rundherum schützenswert sind. Es gibt aber immer Leute, die sich nicht gerne etwas sagen lassen.
Sie tragen eine Uniform. Erhoffen Sie sich davon mehr Respekt?
Die Uniform verschafft Respekt, tatsächlich, sie macht uns aber auch erkennbar als «Offizielle».
Wie sanktionieren Sie Verstösse?
Wir haben die Möglichkeit, schriftliche Verwarnungen auszustellen, wenn wiederholte mündliche Ermahnungen nichts nützen, und wir können Anzeige erstatten. Davon machen wir über alle drei Gebiete pro Jahr ein- bis sechsmal Gebrauch.
Was zeichnet das Naturschutzgebiet Wildenstein aus?
Der Eichenhain. Er gibt keinen anderen Ort in der Schweiz mit so vielen alten Eichen. Die älteste, die man datiert hat, ist von 1488, die mächtigste hat einen Stammdurchmesser von 2,5 Metern. Wir stehen in den Überresten einer alten Kulturlandschaft, entstanden durch die Schweinezucht. Die erhöhte Lage ist wunderschön, deshalb ist der Wildenstein als Ausflugsziel auch so beliebt. Die Bäume erfahren von den Leuten eine enorme Wertschätzung, viele erkundigen sich bei uns, wie es ihnen geht.
Und wie geht es ihnen?
Sie sind am Absterben. 80 sind es insgesamt, einige sind tot, andere sind am Sterben, andere sind für ihr Alter noch sehr vital. Interessant ist, dass für gewisse Tierarten die Eichen erst spannend werden, wenn sie abgestorben sind. Deswegen werden die toten Bäume auch stehen gelassen. Die Säge kommt nur zum Einsatz, um tote Äste von Bäumen, die an Wegen stehen, zu entfernen. Auch umgestürzte Bäume werden nicht aus dem Gebiet geschafft, sondern zersägt und aufgehäuft, um Tieren einen Lebensraum zu bieten.
Der Naturschutzdienst bietet Exkursionen in den drei Naturschutzgebieten an. Die nächste findet am Sonntag in der Reinacher Heide (16 Uhr) statt. Ebenfalls in der Reinacher Heide findet am 26. Mai der Erlebnistag statt. Weitere Termine: www.naturschutzdienst-bl.ch