Hilfe für Frösche naht
18.04.2019 Bezirk Waldenburg, EptingenAmphibienspezialisten wollen Zugstelle sichern
Dem Amphibiensterben auf der Hauptstrasse in Eptingen soll ein Ende gesetzt werden. Dafür in Betracht kommen Leitsysteme, Tunnel oder sogar ein neuer Weiher.
Christian Horisberger
Diesen Frühling mussten auf ...
Amphibienspezialisten wollen Zugstelle sichern
Dem Amphibiensterben auf der Hauptstrasse in Eptingen soll ein Ende gesetzt werden. Dafür in Betracht kommen Leitsysteme, Tunnel oder sogar ein neuer Weiher.
Christian Horisberger
Diesen Frühling mussten auf der Hauptstrasse bei der Mineralquelle Eptinger Dutzende tote Frösche und Kröten beklagt werden – einmal mehr. Bereits im vergangenen Jahr hat sich Amphibienspezialistin Petra Ramseier dieser Zugstelle angenommen, mit dem Ziel, die Todesfalle für Grasfrösche, Erdkröten und Bergmolche zu entschärfen.
Wir treffen die Regionalverantwortliche der Koordinationsstelle für Amphibien- & Reptilienschutz in der Schweiz (Karch) und ihren Helfer Timo Reissner an einem kühlen Freitagmorgen vor dem Eptinger-Gebäude. Kaum vorstellbar, dass die nachtaktiven Tiere, die sich fast das ganze Jahr über im Schutz des Waldes aufhalten, diesen ausgedehnten, offenen Bereich auf der Wanderung zum Laichgewässer nicht meiden. Die Antwort darauf ist simpel: «Auf einer ebenen Fläche kommen die Tiere besser voran als im unebenen Gelände und sie haben nicht immer Grashalme vor den Augen», erklärt Reissner. «Amphibien haben die Tendenz, es sich leicht zu machen», ergänzt Ramseier.
Die beiden Biologen wollen zunächst herausfinden, auf welchen Wegen die Amphibien zu ihren Laichgewässern und wieder zurück in ihren Lebensraum im Wald wandern, um dann zu entscheiden, mit welchen Massnahmen und wie grossem Aufwand die Zugstelle für die Tiere gesichert werden kann. Leicht machen es ihnen die Frösche und Kröten nicht: Je nach Witterungsentwicklung suchten sie sich unterschiedliche Wege zu ihrem Laichgewässer, einem Weiher im Gewerbegebiet von Eptingen. «Steigen die Temperaturen auf einen Schlag deutlich über den Gefrierpunkt an und ist es dazu noch regnerisch, kommen sie auf einen Schlag zu Hunderten», sagt Reissner. Steigen die Temperaturen dagegen nur zaghaft an, kämen sie vereinzelt, manchmal auch gar nicht.
Eptingen ist «schwieriges Pflaster»
Vor einigen Tagen rückte Reissner aus. Die Nacht war feucht, die Temperaturen lagen knapp über dem Gefrierpunkt. Der Basler hätte sich die Fahrt ins Oberbaselbiet sparen können: Ausser einem Feuersalamander hat er kein einziges Tier gesehen. Erkenntnis: null.
In einer anderen Nacht hatte er mehr Glück: Er entdeckte zahlreiche Kröten und Frösche und stellte fest, dass die Tiere, obwohl sie gute Schwimmer sind, nicht den sicheren Weg durch den Kanal unter der Strasse wählen, sondern das Ufer hochkraxeln und die Strasse überqueren. Warum sie nicht den sicheren Wasserweg nehmen, kann der Biologe nicht sagen.
Weitere Erkenntnisse über das Wanderverhalten wollen die Amphibienschützer im Verlauf dieser und der kommenden Laichsaison mit neuerlichen Augenscheinen bei wanderfreundlichem Wetter gewinnen. Mit der Taschenlampe werden Ufer, Strasse und Wiesen abgesucht und es wird notiert, wie viele Tiere wo und in welche Richtung wandern. Das ist Fleissarbeit. Die Tiere mit Sendern auszustatten sei keine Option, sagt Reissner: «Zu aufwendig und zu teuer.»
Ab kommendem Jahr versuche man, mit punktuellen Massnahmen einen positiven Effekt zu erzielen – sprich: weitere Massaker zu verhindern. Für die Rückwanderung schweben Ramseier mobile Leitsysteme am Diegterbach vor: Der Wanderkorridor wird durch kleine Zäune gesperrt, gleichzeitig werden Kessel in den Boden eingegraben. Die Amphibien kriechen erfahrungsgemäss den Zäunen entlang und plumpsen in die Kessel. Diese tragen die Helfer über die Strasse und lassen die Tiere wieder frei.
Auf der Hinwanderung ist diese Methode schwieriger, da sich im Wanderbereich bei der Mineralquelle Eptinger mehrere Einfahrten befinden, die nicht so leicht gesperrt werden können – auch wegen der Landwirtschaft. «Eptingen ist ein schwieriges Pflaster», sagt Ramseier. Ob Lausbubenstreich oder gezielte Sabotage – Sinnbild dafür sei das Frosch-Warnschild vor dem Wanderkorridor der Eptinger Frösche und Kröten: Es wurde schon mehrere Male geklaut.
Im ganzen Kanton sind gemäss Ramseier 30 bis 40 Amphibienzugstellen verzeichnet. 20 bis 30 würden von lokalen Naturschutzorganisationen betreut – mit der Unterstützung des Tiefbauamts, das mobile Sperren auf- und abbaut. Den Status «problematisch» hätten vielleicht fünf Zugstellen, unter anderem auch in Wittinsburg.
Fünf «problematische» Zugstellen
Eine der ersten baulichen Massnahmen zum Schutz von Kröten und Fröschen im Kanton wurde an den Talweihern zwischen Rothenfluh und Anwil getroffen: Der Kanton liess 1990/91 unter der Kantonsstrasse mehrere Froschtunnel installieren. Es dauert einige Jahre, da hatten die Tiere die Installation, die nachgebessert werden musste, akzeptiert.
Ob auch für Eptingen Amphibien-Tunnels wie bei Rothenfluh sinnvoll sein könnten, oder eine Lösung beim bestehenden Tunnel für den Feldbach, soll die Wanderungsanalyse zeigen. Es hänge nicht zuletzt auch von der Anzahl Frösche ab, die sicher wandern können dank einer Massnahme, die letztlich getroffen wird. Ein Laufmeter mobiler Plastikzaum kostet 10 bis 20 Franken, feste Betonelemente als Leitsystem 100 Franken, ein Meter Tunnel 1000 bis 10 000 Franken, sagt Ramseier. Natürlich würden auch Kostenfragen in die Überlegungen einfliessen, so Ramseier.
Denkbar sei auch, dass man einen neuen Weiher anlegt – als Alternative für das Gewässer in der Gewerbezone jenseits der Strasse. Ramseier und Reissner sind überzeugt, dass die Tiere auf längere Frist den näher gelegenen Teich annehmen würden – entsprechende Erfahrungen habe man bereits gemacht.
Noch ist es aber nicht soweit – falls es überhaupt dazu kommen sollte. Erst gilt es, bei Regen nachts mit der Taschenlampe auszurücken und Frösche zu suchen, zu zählen und sie sicher über die Strasse zu begleiten.