Machtspiele und Retourkutschen
12.02.2019 Abstimmungen, Politik, BaselbietKOMMENTAR
David Thommen
Zwei Vorlagen vom Sonntag bedürfen besonders der Nachbetrachtung. Zum einen der hauchdünne Entscheid über die Abgabe auf Planungsmehrwerte:
Ein Gesetz, das an der Urne derart knapp angenommen wird, ist per se ein ...
KOMMENTAR
David Thommen
Zwei Vorlagen vom Sonntag bedürfen besonders der Nachbetrachtung. Zum einen der hauchdünne Entscheid über die Abgabe auf Planungsmehrwerte:
Ein Gesetz, das an der Urne derart knapp angenommen wird, ist per se ein problematisches Gesetz. Die Hälfte des Volks ist auf der Verliererseite. Und dass die Gemeinden mit einer kantonalen Vorlage dermassen auf die Barrikaden getrieben werden, darf nicht sein. Die bürgerliche Mehrheit im Landrat hat hier die Muskeln zu stark spielen lassen und sollte sich nicht zu viel auf diesen Sieg einbilden: Machtkämpfe zwischen Kanton und Gemeinden führen nicht zum Ziel. Schliesslich sind wir alle Einwohner von beidem.
Dass sich auf der anderen Seite fast 70 Gemeinden dazu hinreissen liessen, Steuergeld in die Nein-Abstimmungskampagne zu stecken, war ebenfalls nicht lupenrein. Im vorliegenden Fall mussten knapp mehr als 50 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger Steuergeld hergeben, um damit eine Kampagne gegen ihre eigene politische Überzeugung zu finanzieren – ein Verstoss gegen den politischen Knigge.
Zum anderen die Spitalfusion: Hier sucht man den kollektiven politischen Gestaltungswillen dies- und jenseits der Birs einmal mehr vergeblich. Die reichen Basler hatten keine Lust darauf, die Kastanien für die ärmeren Nachbarn mit ihren defizitären Spitälern aus dem Feuer zu holen. Und selbstverständlich handelte es sich beim Nein auch stark um eine Retourkutsche für die brüske Rückweisung der Baselbieter bei der Fusionsabstimmung im Jahr 2014. Die Gelegenheit, es den unzuverlässigen Rosinenpickern, so das verbreitete Bild der Baselbieter in Basel, heimzuzahlen, war günstig und billig: Baselland hätte von der Fusion wohl mehr profitiert.
Mehr als das demütigende Nein aus Basel muss einem das fast schon flehende Ja der Baselbieter zu denken geben. Ansonsten steht die Eigenständigkeit bei den Landschäftlern ja hoch im Kurs. Ganz offensichtlich trauen sie es ihren eigenen Behörden aber nicht mehr zu, das in die Abwärtsspirale geratene Gesundheitswesen selber wieder in den Griff zu bekommen. Dass hier vieles im Argen liegt, ist längst nicht mehr zu übersehen. Als ich selber kürzlich mit kaputtem Knie zum Arzt ging, sagte dieser: «Ins Kantonsspital will ich Sie für die Operation nicht schicken, die sind in der Krise. Ich überweise Sie in ein Privatspital.» Solche Stimmen haben viele von uns in der Vergangenheit gehört.
Dieses nutzlose Ja auf der Landschaft war also nicht einfach ein Erfolg für SVP-Gesundheitsdirektor Thomas Weber. Es war auch ein Misstrauensvotum. Jetzt zwingen die Basler die Baselbieter dazu, den Karren aus eigener Kraft aus dem Dreck zu ziehen und die schmerzhaften Fragen auf den Tisch zu bringen: Kann sich das Baselbiet den Heimatschutz für das Spital in Laufen leisten? Gibt es für ein neues Ambulatorium keinen besseren Standort als den Bruderholzhügel? Wie verbessert man die Partnerschaft nun trotzdem? Und: Wie kann die Qualität bei gleichzeitig sinkenden Kosten wieder verbessert werden? Gute Antworten wird es geben. Wenn Baselland die Kraft aufbringt, die Geschicke wieder selber in die Hand zu nehmen.