Das Baselbiet hat eine neue Königin
27.11.2018 Bezirk Waldenburg, Bretzwil, PorträtViviane Steffen gewinnt die Schweizer Jassmeisterschaft
Am Schlussturnier der Schweizer Jassmeisterschaft in Zug hat sich die 23-jährige Bankfachfrau Viviane Steffen unter 120 Finalisten für die Runde der letzten vier qualifiziert. Dort sichert sie sich mit deutlichem Punktevorsprung den ...
Viviane Steffen gewinnt die Schweizer Jassmeisterschaft
Am Schlussturnier der Schweizer Jassmeisterschaft in Zug hat sich die 23-jährige Bankfachfrau Viviane Steffen unter 120 Finalisten für die Runde der letzten vier qualifiziert. Dort sichert sie sich mit deutlichem Punktevorsprung den Titel der Schweizer Jass-Königin.
Ulrich Fluri
«Jetzt müssen endlich die Karten auf den Tisch!» Das war vor zwei Jahren der Tenor bei «Blick» und Swisslos. Obschon die Schweiz eine Jass-Nation ist, hat man nie gewusst, wer der grösste Trumpf in unserem Nationalsport ist. So wurde in der Folge eine Schweizermeisterschaft ins Leben gerufen. Seit vorletztem Sonntag wissen wir es: Viviane Steffen aus Bretzwil ist die Beste und darf für ein Jahr die Krone als Jass-Königin tragen. Nach der Bundesratsabfuhr ist das Balsam für die geschundene Baselbieter Seele. «Dank der Königin sind wir Rampassen nun doch noch zu höheren Weihen gekommen», scherzte ein Stammgast in der Bretzwiler Dorfbeiz.
Viviane Steffen weiss zwar sehr wohl, was sie kann, betrachtet diesen Titel aber trotzdem als grosse Sensation. «Ich bin sehr risikofreudig und kann das Spiel lesen, konzentriere mich aber oftmals zu fest auf eine Farbe», so ihr Profil in Sachen Stärken und Schwächen. Das hat ihr indes bereits in den Qualifikationsturnieren geholfen, an denen während dreier Wochen rund 18 000 Mitbewerber online auf jass.ch um die 120 Finalplätze jassten. Da ist aber bekanntlich immer sehr viel Zufall und Glück dabei, denn der Computer als Jasspartner ist nun halt einfach kein Mensch.
Als es dann im Theater Casino in Zug aber um die Wurst ging, hat Viviane gross aufgetrumpft und ihre Gegner trotz grossem Alters- und Erfahrungsunterschied an die Wand gejasst. Im Finale der letzten vier, bei dem jeder einmal mit jedem spielte, sicherte sie sich den Sieg mit 1025 Punkten, und das mit einem Vorsprung von 100 Punkten auf den Zweitplatzierten, den 68-jährigen Peter Ruf aus Wildhaus im Sankt-Gallischen.
Jassen: ein typischer Altherrensport. In dieses Klischee passt nicht nur Viviane Steffen überhaupt nicht, denn in der Endausmarchung in Zug waren immerhin 40 Prozent Frauen dabei. Genauso unstimmig ist die Meinung, dass Jassen nicht zu einer Bankfachfrau passe. «Wir haben sogar alljährlich ein Jassturnier», sagt Steffen begeistert. Trotzdem: Ihre drei Gegner am Finaltisch waren zwischen 52- und 68-jährig. Da habe sie anfänglich schon etwas Angst gehabt vor männlichem Reklamationsgehabe, denn bei diesem Schieber-Modus war ihr jeweiliger Partner eben immer ein Mann. Letztlich waren solche Befürchtungen unbegründet. «Ich wurde als junge Spielerin von allen sehr respektiert und spürte durchwegs einen gewissen Sympathie-Bonus. Das war mein ständiger Aufsteller in diesem Turnier.»
Wie der Vater, so die Tochter
Jassen mit Männern ist ihr denn auch nicht neu. Das hat sie nämlich bereits als 10-Jährige bei ihrem Vater Beat gelernt, auch er ein preisgekrönter Kartenspieler, der schon einmal den TV Samschtigs-Jass gewonnen hat. Seither werden in Bretzwil bei dieser Familie mit den vier Mädels mindestens einmal pro Woche eifrig die Karten gemischt. Mit einem solchen Hochkaräter als Jasslehrer liegt die Messlatte naturgemäss dann sehr hoch.
Das bekam auch Vivianes Freund Burak zu spüren. «Er musste als absoluter Anfänger erst das Jassen erlernen, sonst hätte ich ihn gar nicht genommen», sagt die frischgebackene Jass-Königin augenzwinkernd. «Jetzt bildet er sich bereits ein, er sei besser als ich.» Sei‘s drum – die nächstjährige Meisterschaft mit den beiden am Start wird da Klarheit schaffen. Vorerst will die bescheidene Meisterin ihren Titel aber einfach «mega geniessen» und mit dem Preisgeld von 3000 Franken etwas in die Wohnungseinrichtung und in eine Reise investieren. Daneben liegt ihr sehr daran, als Botschafterin für die junge Jass-Generation wahrgenommen zu werden.