Am Wandel zerbrochen
07.08.2018 Baselbiet, Gelterkinden, Bezirk SissachIm Gelterkinder Zeughaus werden Erinnerungsstücke an die ehemalige Pneuund Gummiwarenfabrik Maloya ausgestellt. 25 Jahre nach der Schliessung lassen zahlreiche Exponate die damalige Bedeutung dieser Schweizer Qualitätsmarke erkennen.
Daniel Schaub
Als Remo Bossert ...
Im Gelterkinder Zeughaus werden Erinnerungsstücke an die ehemalige Pneuund Gummiwarenfabrik Maloya ausgestellt. 25 Jahre nach der Schliessung lassen zahlreiche Exponate die damalige Bedeutung dieser Schweizer Qualitätsmarke erkennen.
Daniel Schaub
Als Remo Bossert im Jahr 1993 den Auftrag erhielt, Maschinen aus der eben stillgelegten Pneu- und Gummiwarenfabrik Maloya AG in Gelterkinden zu demontieren, wurde sein Sammlerinstinkt geweckt. «Ich habe einige Dinge zur Seite gelegt», sagt er. Auch für ihn war die Schliessung der Maloya ein einschneidender Moment, mit seiner Metallbaufirma hatte er einige Aufträge dort, «ich war selbst ein halber Maloyaner».
Nun, ein Vierteljahrhundert später, wurden die Dinge, die in einer Kammer im Werkhof Gelterkinden schon fast in Vergessenheit geraten waren, wieder hervorgeholt. Bossert hatte die Idee, eine Ausstellung zu diesem Stück Industriegeschichte im Oberbaselbiet zusammenzustellen. Er kaufte alte Maloya-Produkte im Internet dazu und schloss sich mit rund zehn ehemaligen Mitarbeitenden zusammen, die selbst noch «Reliquien» beitragen konnten.
Am Anfang war ein Nagel
Am vergangenen Freitag war Vernissage der Ausstellung, über 100 Personen, davon viele ehemalige Angestellte der Maloya, wollten sich im Zeughaus noch einmal in die Blütezeit des Unternehmens zurückversetzen lassen. Die Firmengeschichte kann anhand von Dokumenten, Büchern, Bildern und natürlich vielen ehemaligen Produkten nachvollzogen werden.
Am 1. Mai 1936 war es, als der erste Velopneu, Marke «Maloja», die Gelterkinder Produktion verliess. Fritz Maurer, der Firmengründer, hatte schon sechs Jahre zuvor die alte Seidenbandfabrik erworben und mit Fischzucht, Bierbrauerei und Kühlschrankproduktion sein Glück versucht. Doch so richtig in Gang kommen wollte keine dieser Ideen. Dann sorgte ein Zufall für die Wende. Maurer erlitt, verursacht durch einen rostigen Nagel, einen Platten an seinem Fahrrad – und da fiel ihm auf, dass es in der Schweiz keine hochwertige Pneuproduktion für Fahrräder gab. Er machte sich an die Umsetzung, bald schon kam das Geschäft ins Laufen, die Armee wurde zum wichtigsten Kunden.
Mit acht Leuten hat Maurer angefangen, die Produktepalette wurde laufend erweitert. Autoreifen kamen dazu, Schuhsohlen, Pneus für Kinderwagen, Bodenbeläge, Turnringe und Bettenwippen für die berühmten Lattoflex-Lattenroste. 1986, beim 50-Jahr-Jubiäum, stand das Unternehmen noch in voller Blüte, beschäftigte 455 Mitarbeitende, machte über 50 Millionen Franken Umsatz und investierte noch 1990 kräftig in die Zukunft. Doch dann brachen auf einen Schlag lukrative Aufträge der Armee weg, man geriet in Schieflage, die Produktion musste eingestellt werden. «Das war ein grosser Schlag für die Gemeinde und das Oberbaselbiet», erinnert sich Remo Bossert. Gemeinsam mit der Schliessung der Bally-Schuhfabrik und weiterer Unternehmen verlor Gelterkinden binnen kürzester Zeit rund 1000 Arbeitsplätze im Dorf.
Auch Mangold arbeitete für Maloya
Christine Mangold, die Gemeindepräsidentin von Gelterkinden, hat als junge, 19-jährige Frau nach ihrer Ausbildung selbst für ein Jahr in der Maloya gearbeitet, in der EDV-Abteilung. Ihr imponierte der Chef Fritz Maurer. «Er war noch ein Patron, der sich um seine Mitarbeiter kümmerte und dem alle mit grossem Respekt begegneten», sagte Mangold am Freitag. «Die Wahrnehmung von Gelterkinden hat unter der Schliessung enorm gelitten.» Die Nachwirkungen sind teilweise noch heute spürbar. «Wir beschäftigen uns auch aktuell mit der Ansiedlung neuer Unternehmen. Dazu wollen wir das Gebiet Eifeld erschliessen und haben eine Senkung der Kapitalsteuern erwirkt», erklärt Mangold.
Ein kleines Rätsel wurde an der Vernissage auch noch gelöst. Weil die nach dem Schweizer Pass Maloja benannte Firma 1977 eine Zweigniederlassung in Frankreich gründete und die Franzosen mit dem «j» nichts anfangen konnten, wurde die Firma kurzerhand in «Maloya» umbenannt. Viele weitere kleine Geheimnisse sind an der Ausstellung zu entdecken, die noch bis zum 2. September jeweils am Wochenende geöffnet sein wird.
«Maloya – 25 Jahre danach», geöffnet bis 2. September, jeweils freitags (17 bis 20 Uhr), samstags (13.30 bis 20 Uhr) und sonntags (10.30 bis 12 und 13.30 bis 16 Uhr), Zeughaus Gelterkinden.