Zwischen Apéros und Ehrfurcht
07.05.2024 BaselbietVatikan | 400-köpfige Baselbieter Delegation besucht die päpstliche Schweizergarde
Der Kanton Baselland war gestern und vorgestern zu Gast bei der Schweizergarde im Vatikan. Eine rund 400-köpfige Delegation wohnte der Vereidigung der neuen Gardisten und ...
Vatikan | 400-köpfige Baselbieter Delegation besucht die päpstliche Schweizergarde
Der Kanton Baselland war gestern und vorgestern zu Gast bei der Schweizergarde im Vatikan. Eine rund 400-köpfige Delegation wohnte der Vereidigung der neuen Gardisten und dem Gedenkanlass an die Plünderung Roms 1527 bei.
Janis Erne
Plötzlich war er ganz nah: Papst Franziskus. Während sich die Baselbieter Delegation im idyllischen Ulmenhof der Schweizergarde zum Apéro versammelte, sprach der 87-Jährige rund 20 Meter über ihnen aus einem Fenster des päpstlichen Appartements zur begeisterten Menschenmasse auf dem Petersplatz. Zehntausende Katholiken waren gekommen, um dem Papst beim Mittagsgebet zuzuhören.
Franziskus bat bei Gott um Frieden – für die Ukraine, Palästina und Israel. Regierungspräsidentin Monica Gschwind (FDP), die sich im Ulmenhof wenige Minuten später an die rund 400-köpfige Baselbieter Delegation wandte, sprach von einem «riesigen Privileg», zu Gast bei der Schweizergarde zu sein. Jenem Sicherheitskorps, das seit mehr als 500 Jahren den Papst und damit das Oberhaupt der grössten Religionsgemeinschaft der Welt beschützt.
Den Wert der heute 135-Mannstarken Garde für das internationale Ansehen der Schweiz strich Ivo Corvini, Präsident des Landeskirchenrats und oberster Katholik im Baselbiet, in seiner Ansprache heraus: Ob Staatschefs oder Touristen – alle, die den Papst und den Vatikan besuchten, sehen die Schweizergarde. Sie sei «beste Werbung» für die Schweiz, so Corvini.
Nicht zuletzt deshalb nimmt seit 2008 jedes Jahr ein Gastkanton an der Vereidigung der neuen Schweizergardisten teil, dieses Mal Baselland. Auf dem Programm der Baselbieter Delegation standen unter anderem zwei Gottesdienste (einer davon im imposanten Petersdom), eine Führung durch den geschichtsträchtigen Vatikanpalast sowie der Gedenkanlass an den «Sacco di Roma». Dabei wurde der Plünderung Roms durch führungslose Söldner am 6. Mai 1527 gedacht, bei der zwei Drittel der damaligen Gardisten gestorben sind, als sie dem Papst zur Flucht verhalfen.
Bundespräsidentin vor Ort
Dem Gedenkanlass mitsamt andächtiger Kranzniederlegung auf der Piazza dei Protomartiri Romani erwiesen höchste politische Kreise die Ehre: Bundespräsidentin Viola Amherd («Mitte»), Nationalratspräsident Eric Nussbaumer und Ständeratspräsidentin Eva Herzog (beide SP). Ebenfalls vor Ort waren FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger und «Mitte»-Präsident Gerhard Pfister. Als Teil der Baselbieter Delegation dabei: Landratsmitglieder aller Parteien – darunter auch solche, die vor zwei Jahren gegen die 50 000-Franken-Spende des Kantons an die Sanierung der Kaserne der Schweizergarde gestimmt hatten.
Der eigentliche Höhepunkt des Baselbieter Vatikan-Besuchs ging gestern Abend grösstenteils nach Redaktionsschluss über die Bühne: die Vereidigung der 34 neuen Schweizergardisten, so auch des in Gelterkinden aufgewachsenen Carlo Frey (20), der seit März im Dienst ist. Auch sein Bruder gehört dem Korps an (siehe Interview). Die Gardisten marschierten in ihrer blau-gelb-roten Galauniform im Gleichschritt in den Damasushof ein, ehe einer nach dem anderen seinen Eid leistete und dabei schwor, im Notfall sein «Leben» für den Papst «hinzugeben».
Mit deutlich weniger Pathos, aber mit einem «Apéro riche» für 1200 Personen wurde der Besuch des Kantons Baselland später am Abend abgeschlossen. Für alle, insbesondere für die zahlreichen mitreisenden Angehörigen der katholischen Kirche, endeten damit unvergessliche Tage.
NACHGEFRAGT | CARLO FREY,SCHWEIZERGARDIST AUS GELTERKINDEN
«Kann in jungen Jahren viel Verantwortung übernehmen»
Herr Frey, wie kam es, dass Sie der Schweizergarde beigetreten sind?
Carlo Frey: Ich habe das Gymnasium Kloster Disentis absolviert. 2019 besuchte meine Klasse den Vatikan, da wurde mein Interesse für die Schweizergarde geweckt. Fast jedes Jahr tritt ein Absolvent des Gymnasiums Kloster Disentis der Garde bei.
Wie wir gehört haben, ist auch Ihr Bruder Pio Mitglied des Korps.
Genau. Er hat die Ausbildung zum Gardisten im Januar 2023 absolviert, also genau ein Jahr vor mir. Das motivierte mich zusätzlich, der Garde beizutreten.
Nun sind Sie seit knapp zwei Monaten im Dienst. Was sind Ihre ersten Eindrücke?
Bisher ist der Dienst sehr abwechslungsreich. Es gefällt mir, dass man bei der Garde schon in jungen Jahren sehr viel Verantwortung übernehmen kann. Zudem ist es ein Privileg, im Vatikan, also im Zentrum der katholischen Kirche, leben und arbeiten zu können.
Wie steht es um Ihre Italienischkenntnisse?
Sie verbessern sich stetig. Es ist essenziell, dass wir die Sprache lernen – insbesondere, um mit den Besuchern des Vatikans kommunizieren zu können. Auch in der Freizeit sind die Italienischkenntnisse von Vorteil.
Haben Sie schon Zukunftspläne?
Konkrete Pläne nicht, vielmehr Ideen. Die Polizei und das Berufsmilitär reizen mich. Die Zeit in der Garde will ich nutzen, um herauszufinden, ob die Sicherheitsbranche tatsächlich etwas für mich ist. Die Ausbildung jedenfalls war bereits sehr spannend.
Sie schwören, notfalls für den Papst zu sterben. Wie fühlt sich das an?
Schon speziell – der Schwur an der Vereidigung ist jedoch eher ein zeremonieller Akt. Denn ich bin seit meinem Dienstantritt bereit, den Papst auch in kritischen Situationen zu beschützen.
Interview je