Gemeinden stimmen über Mietzinsbeitragsreglemente ab
Bezahlen Gemeinden und Kanton an armutsgefährdete Familien einen substanziellen Teil der Mietkosten, hilft dies, Armut zu lindern. Und die Sozialhilfe kann unter Umständen entlastet werden.
Christian Horisberger
Mit dem Traktandum «Reglement über die Ausrichtung von Mietzinsbeiträgen» muss sich diesen Frühling jede Gemeindeversammlung und jeder Einwohnerrat im Kanton befassen. Was sehr technokratisch tönt, ist in der Sache recht einfach: Finanziell sehr schwache Familien mit Kindern und Alleinerziehende haben ein Anrecht auf Mietzinszuschüsse von der öffentlichen Hand. Ergibt die Prüfung eines Gesuchs durch die Gemeinde eine Bezugsberechtigung, übernehmen Kanton und Gemeinde je hälftig einen monatlichen Betrag, dessen Höhe individuell berechnet wird.
Die Baselbieter Gemeinden müssen jetzt ihre geltenden Reglemente über die Mietzinszuschüsse ändern, um kantonales Recht nachzuvollziehen. Der Regierungsrat hat per Anfang Jahr das totalrevidierte Gesetz über die Ausrichtung von Mietzinsbeiträgen in Kraft gesetzt, das auf der Grundlage der nicht formulierten Initiative «Ergänzungsleistungen für Familien mit geringen Einkommen» erarbeitet worden war.
Die Situation für armutsgefährdete Familien und Alleinerziehende, für welche die Miete eine grosse Belastung bedeutet, soll mit der Gesetzesrevision verbessert werden. Solche Zuschüsse sind für die Baselbieter Gemeinden nicht neu. Das revidierte Gesetz legt nun aber im ganzen Kanton Mindeststandards fest und neu beteiligt sich der Kanton mit bis zu 50 Prozent an den durch die Gemeinden ausgerichteten Beiträgen.
Die Mietzinszuschüsse lindern nicht nur Armut. Mit dem Instrument können auch die Sozialhilfekosten der Gemeinden gesenkt werden. Die Gemeinden sind frei, ob sie die vom Kanton festgelegten Minimalansätze übernehmen oder grosszügigere Beiträge vorsehen. So ist die Sissacher Gemeindeversammlung vergangene Woche weitergegangen, als der Kanton verlangt. Gemeinderätin Carol Zumbrunnen erklärte: Dank der Beiträge könnten Familien aus der Sozialhilfe «geholt» werden oder die Zuschüsse trügen dazu bei, sie davor zu bewahren. Da der Grat, in die Sozialhilfeabhängigkeit zu geraten, häufig sehr schmal sei, habe der Gemeinderat entschieden, übers Minimum hinauszugehen.
Bezugsberechtigt sind ausschliesslich Eltern oder Alleinerziehende mit mindestens einem im Haushalt lebenden Kind (minderjährig oder in Ausbildung). Weitere Voraussetzung ist, dass Antragsteller mindestens zwei Jahre im Kanton Baselland leben. Die Berechnung des Anspruchs auf Mietzinsbeiträge erfolgt individuell auf der Basis von Einkommen, Vermögen, Arbeitstätigkeit, Mietkosten sowie Anzahl Kindern. Wer Beiträge erhalten möchte, muss diese bei der Gemeinde beantragen. Die Reglemente erhalten rückwirkend per 1. Januar 2024 Gültigkeit, daher können Gesuche ebenfalls rückwirkend gestellt werden.
Die Reglemente bauen auf den Berechnungsmodalitäten und Grundsätzen der Sozialhilfe auf. Massgebende Werte für die Bezugsberechtigung und die Beitragshöhe sind Einkommen und Vermögen, Grundlebenskosten, Krankenkassenbeiträge, Miete, Kosten für familienergänzende Kinderbetreuung, sowie zumutbare Arbeitspensen.