Zug-Värsli
14.08.2025 Persönlich«Hallo? Kam gerade eine Durchsage? Ich habe Sie begrüsst. Und ich bin übrigens ihr Lokführer!» Het e Maa, öppe Mitti füfzgi, dur e Zug gruefe. Ich bi churz dervor z Ulm in Regionalzug uf Basel gstiige. Nachdäm niem nüd ghört het, isch er zrugg in ...
«Hallo? Kam gerade eine Durchsage? Ich habe Sie begrüsst. Und ich bin übrigens ihr Lokführer!» Het e Maa, öppe Mitti füfzgi, dur e Zug gruefe. Ich bi churz dervor z Ulm in Regionalzug uf Basel gstiige. Nachdäm niem nüd ghört het, isch er zrugg in d Loki. Nach zwöi Minuten isch er wiider näbe mir gstande – mit der glyyche Frog. Er het eus usfüerlich verzellt, ass er leider ganz elläi in däm Zug syg, ohni Personal und jetz funktionieri nid mol der Lutsprächer. Mir müesse halt denn sälber uusefinde, in welem Kaff er grad haltet. «Die Fenster sind ja heut sauber zum rausschauen», het er no gsäit. Mir häi afo Plän schmiide, wie äin vo eus jewyyls chönnt dur e Zug rüefe, wo mir syy und wenn öppis isch, gömmer an der nächschte Station ans Loki-Fänschter go chlopfe.
Er wett äi letschte Versuech mache, het er gsäit, und isch fascht im Galopp zrugg in d Loki füüre gange. «So, hier spricht ihr Lokführer!» Hets plötzlig lut und munter us de Boxe dröhnt. Mir paar Lütt vornen im Zug häi spontan abgmacht, ass mer dä sympatisch Kärli wäi verseggle. «Und?» Het er gfrogt, won er wiider in erschte Waage cho isch. Mir häi äxtra tuurig der Chopf gschüttlet und wie uf Kommando häi alli glachen und klatscht. Erlyychteret het er no verzellt, es syg der erschti Daag nach drüü Wuche Ferien und er häig scho an syyne Fäähigkäite zwyyflet.
Öppen e Stund und es paar normaali Aasaage spöter, hets us de Boxe dönt: «Ich sehe voraus ein rotes Licht, Verspätung ist deshalb in Sicht!» Churz druf aabe het er duregee: «Liebe Fahrgäste, welch ein Graus, uns fährt ein anderer Zug voraus!» Der halb Waagen isch am Lache gsi und euse Lokifüehrer het no meh Värsli ufgsäit. Irgendöppis vome «Specht» und «Verspätung ist schlecht».
Mir Passagier, wo zuefällig vorne sitze, sy längscht en Art Räisegrüppli gsi und jede het en originelli Bahngschicht us däm Zug verzellt. Ich ha die Anekdote füüre gholt, wo my sällmol dreijöhrig Sohn dringend het müesse bisle. Die äinzig Toilette in däm Regionalzügli isch aber kaputt gsi. D Zugbegleiterin het mir gsäit, ich sell bim nächschte Halt eifach uusen ins Gebüsch go bisle. My Dochter het im Zug müesse warten und mit ganz vill andere Lütt zueluege, wien ich mit em Bueb am Gleis stand, är uf Kommando in Busch brünzlet und der ganz Zug wartet, bis er fertig isch.
Euse Lokführer het non es paar luschtigi Värsli brocht, bis er z Friedrichshafen fascht chly wehmüetig per Durchsaag «Tschüss» gsäit het. Mir verbündete Fahrgäscht sy mit usgstiigen und häi uf em Perron für en klatscht. Er het sich für die paar Minute Verspöötig entschuldiget und igendöppis vome «… spricht der Lurch, da müssen wir alle durch» zitiert, bis mir ganz langwyylig ohni ihn wyter uf Basel gfahre sy.
Marianne Lindner-Köhler, 1981 im Baselbiet geboren und aufgewachsen, lebt mit ihrer Familie in München. Als Mary Long tritt sie auf bayerischen und Schweizer Poetry-Slam- und Kleinkunstbühnen auf.