Zig Delikte, aber geringe Beute
05.08.2025 BaselbietStaatsanwaltschaft zieht Diebesbande vor Gericht
Diese Woche stehen fünf Marokkaner vor dem Baselbieter Strafgericht. Ihnen werden rund 30 Einbrüche und Einbruchsversuche in Carports und Autos vorgeworfen. Der entstandene Sachschaden ist deutlich höher als der Wert des ...
Staatsanwaltschaft zieht Diebesbande vor Gericht
Diese Woche stehen fünf Marokkaner vor dem Baselbieter Strafgericht. Ihnen werden rund 30 Einbrüche und Einbruchsversuche in Carports und Autos vorgeworfen. Der entstandene Sachschaden ist deutlich höher als der Wert des Diebesguts.
Thomas Immoos
Einbrüche und Diebstähle, begangen durch Maghrebiner, also Personen aus Algerien, Marokko und Tunesien, hatten im vergangenen Winter Hochkonjunktur. Im Frühling erfolgte ein leichter Rückgang, ehe die Delikte jüngst wieder anzogen. In Sissach gab es mehrere Fälle. Und vergangene Woche wurde ein Tecknauer in seinem Haus von einem 28-jährigen Algerier angegriffen (die «Volksstimme» berichtete).
Wie der Chef der Baselbieter Sicherheitspolizei vor einigen Monaten im Interview mit der «Volksstimme» sagte, ist die Aufklärungsquote bei Tätern aus dem Maghreb vergleichsweise hoch. Doch wie gehen sie vor und was motiviert sie, kriminell zu werden? Die Anklageschrift eines Gerichtsfalls gibt einen Einblick und zeigt, dass die Baselbieter Staatsanwaltschaft auch bei einer äusserst geringen Deliktssumme durchgreift.
Ab heute Dienstag muss sich eine fünfköpfige Einbrecherbande vor dem Strafgericht in Muttenz verantworten. Den Marokkanern werden insgesamt 35 Delikte zur Last gelegt, zur Hauptsache Einbrüche und Einbruchsversuche. Ausserdem werden ihnen Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. Drei von ihnen sollen sich auch rechtswidrig in der Schweiz aufgehalten haben, nachdem ihre Asylgesuche abgelehnt worden waren. Die fünf Männer sind zwischen 19 und 38 Jahre alt und einige wohnten zeitweise im Bundesasylzentrum in Basel.
Zwischen Mai und August 2024 sind sie in mehreren Orten der Region in Carports eingedrungen. Dort – aber auch auf Parkplätzen und vor Häusern – haben sie versucht, Autos aufzubrechen. Wo die Autotüren nicht abgeschlossen waren, durchsuchten sie die Fahrzeuge nach Diebesgut. Die knapp 30-seitige Anklageschrift hält minutiös jeden Einbruch und Einbruchsversuch fest.
Der Hauptvorwurf lautet auf banden- und gewerbsmässigen Diebstahl. In jeder der fünf Anklagen ist zu lesen, dass der Beschuldigte «mit unbekannten Mittätern ausdrücklich und stillschweigend» übereingekommen sei, «gemeinsam und in arbeitsteiliger Vorgehensweise» Diebstähle aus Fahrzeugen zu begehen. Die Arbeitsteilung bestand darin, dass einer oder zwei Täter die Autos aufbrachen und durchsuchten, während ein zweiter oder dritter Täter Schmiere stand. In Oberdorf haben sie in einer Nacht im Mai 2024 nach unverschlossenen Autos gesucht. Acht Fahrzeuge fanden sie unverschlossen vor. Beim neunten, abgeschlossenen Fahrzeug beschädigten sie den Schliessmechanismus.
Ähnlich gingen zwei oder drei Mitglieder der Bande zwischen Ende Juli und Anfang August 2024 in Basel vor. Bei drei verschlossenen Fahrzeugen versuchten die Täter, mit einem Nothammer die Fahrzeugscheibe einzuschlagen. Einige Male sind sie auch in Carports eingedrungen, um Autos nach Diebesgut zu durchsuchen. Tätig war die Bande auch in anderen Gemeinden der Region: in Gelterkinden und Ormalingen, in Duggingen und Grellingen sowie im aargauischen Würenlos.
In Basel waren zwei Mitglieder der Bande als Trickdiebe unterwegs. Eine am Rheinbord sitzende beziehungsweise liegende Frau fragte nach Feuer, während sein Komplize die unbeaufsichtigte Tasche behändigte und in einer mitgebrachten Plastiktasche verstaute.
Nothilfe aufgebessert
Die Anklageschrift hält fest, die Beschuldigten hätten sich «in bandenmässigem Zusammenschluss vereint», um sich den Lebensunterhalt zu finanzieren oder zumindest die minimale staatliche Unterstützung (Nothilfe) «erheblich aufzubessern». Obwohl der Bande zahlreiche Delikte zur Last gelegt werden, ist die Beute vergleichsweise gering – zumindest in den Fällen, die ihnen zugeschrieben werden. In den Autos fanden sie mal 5, mal 6, mal 10, mal 15 Franken, einmal immerhin 80 Franken sowie 3 Euro. Auch stahlen sie Gebrauchsgegenstände.
Die Anklageschrift listet zwei Sonnenbrillen, eine Papiertüte, zwei Taschen, ein Mobiltelefon, Schlüssel, zwei Portemonnaies und eine Tankkarte auf. In einem Fall erbeuteten sie eine Aktenmappe, einen Bohraufsatz, einen Laptop und ein Ladekabel. Ein Velo, das sie stahlen, liessen sie unweit des Tatorts stehen, als sie feststellten, dass es defekt war. Bei ihren Taten erbeuteten sie Bargeld von insgesamt lediglich rund 200 Franken. Die gestohlenen Gegenstände wurden von den Untersuchungsbehörden mit gut 2000 Franken bewertet. Hingegen belief sich der bei den Taten angerichtete Schaden auf mehr als 5000 Franken.
Die Verhandlung vor dem Strafgericht ist auf mehrere Tage angesetzt. Angesichts der geringen Deliktssumme scheint dies lange. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass jeder Täter einzeln und zu jeder einzelnen Tat befragt wird. Neben den Einbrüchen in Autos wird einigen der Täter Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln vorgeworfen. Drei von ihnen haben sich illegal in der Schweiz aufgehalten, nachdem sie bereits nach Deutschland, Bulgarien und Marokko ausgewiesen worden waren. Das allfällige Strafmass wird am Ende der Verhandlung, wohl Ende Monat, festgelegt. Es gilt für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung.