Zeglingen hat einen Fusions-Turbo
13.11.2025 BaselbietPrüfung eines Zusammenschlusses von «Rü-Ki-Ze» in vorentscheidender Phase
Die Prüfung der Gemeindefusion von Rünenberg, Kilchberg und Zeglingen soll 2026 starten und bestenfalls 2029 vollzogen werden. Sofern alle wollen. Die erste Hürde gilt es an den ...
Prüfung eines Zusammenschlusses von «Rü-Ki-Ze» in vorentscheidender Phase
Die Prüfung der Gemeindefusion von Rünenberg, Kilchberg und Zeglingen soll 2026 starten und bestenfalls 2029 vollzogen werden. Sofern alle wollen. Die erste Hürde gilt es an den Budget- «Gmäinis» zu nehmen. In Rünenberg wurden die Stimmberechtigten darauf eingeschworen.
Christian Horisberger
Offene Opposition gegen eine Fusion von Rünenberg, Kilchberg und Zeglingen («Rü-Ki-Ze») oder deren Prüfung ist derzeit nicht auszumachen. Und die Debatte darüber wird wohl im Kleinen geführt werden: Denn als an der Informationsveranstaltung zur Fusionsprüfung vom Dienstag das Wort freigegeben wurde, meldeten sich nur drei Anwesende. Trotzdem: Das Thema interessiert. Denn im Gegensatz zur ersten Veranstaltung zu einem möglichen Zusammenschluss der drei Dörfer vor fast einem Jahr war der Anlass vom Dienstag mindestens viermal so gut besucht.
Die Neuauflage unterschied sich in einigen weiteren Punkten vom letztjährigen Anlass. Sie fand nicht in Zeglingen statt, sondern im brandneuen Sport- und Kulturzentrum von Rünenberg, was sich positiv auf die Besucherzahl ausgewirkt haben könnte. Es wurde ein konkreter Fahrplan für den Prozess vorgelegt und ein Termin für den Vollzug der Fusion – falls sie sich in der Prüfung als beste Option für die drei Dörfer erweisen sollte und alle den Zusammenschluss befürworten: der 1. Januar 2029. Und es war auch klar, dass «Ol-We» an der Prüfung nicht mitwirken werden. «Rü-Ki-Ze» hatten Oltingen und Wenslingen, die dieses Jahr zu ihrem Verwaltungsverbund stiessen, eingeladen, sich an der Fusionsprüfung zu beteiligen. Beide Gemeinden lehnten ab. Es wäre zu viel aufs Mal, sie sind noch nicht so weit, beantwortete der Zeglinger Präsident Fredi Rickenbacher eine Frage aus dem Publikum. «Wir hätten uns gewünscht, dass sie mitmachen», so sein Rünenberger Amtskollege Thomas Zumbrunn. Mit der Prüfung zuwarten, bis «die Neuen» es sich überlegt haben, wollen die Gemeinderäte von «Rü-Ki-Ze» nicht: Damit ginge Fahrt verloren, die das Projekt nun aufgenommen habe, so Zumbrunn. Es sei aber möglich, dass die beiden Dörfer zu einem späteren Zeitpunkt zur Fusionsgemeinde stossen würden. Nur könnten sie dann beim Wappen und Ortsnamen nicht mehr mitreden, fügte er süffisant an.
Bevölkerung mitnehmen
Wappen und Name sollen in einer der sieben Facharbeitsgruppen mit jeweils vier bis acht Mitwirkenden bestimmt werden. Diese Gruppe soll sich ausserdem den Themen Behörden, Verwaltung und Organisation widmen. Die sechs weiteren Gruppen befassen sich mit Bildung/Kultur/Soziales, den Bürgergemeinden, Forst/Landschaft/ Jagd, technische Betriebe/Sicherheit, Raumplanung/Liegenschaften sowie mit den Finanzen. Eine zusätzliche Kommission, die aus einer grösseren Gruppe engagierter Persönlichkeiten der drei Dörfer bestehende «Echogruppe», soll die Ergebnisse der sieben Facharbeitsgruppen reflektieren und hinterfragen. Die Projektleitung, die extern begleitet wird, besteht aus den Gemeindepräsidenten sowie drei weiteren Gemeinderatsmitgliedern.
Auf die Wichtigkeit eines partizipativen Prozesses hatte Finanzdirektor Anton Lauber bereits eingangs der Veranstaltung hingewiesen. Man müsse die Bevölkerung abholen und mitnehmen. Dies sei beim gescheiterten Fusionsversuch von Arisdorf und Hersberg wohl zu wenig geschehen.
Noch nicht entschieden ist, ob und wie weit der Kanton bei Gemeindefusionen seinen Geldsäckel öffnet. Die Vernehmlassung einer vom Regierungsrat vorgelegten Gesetzesänderung ist inzwischen abgeschlossen. Kommt sie im Parlament durch und schrauben die Landräte nicht an den Beträgen, kann mit einer Pauschalen von 30 000 Franken für die Prüfung sowie mit 300 000 Franken pro Gemeinde als Mitgift vom Kanton gerechnet werden, falls die Hochzeit stattfindet. Lauber sicherte den Brautleuten zudem die administrative Unterstützung durch kantonale Stellen zu.
Die Ausgangslage beschrieb Peter Weber, der das Projekt begleitet (siehe «Volksstimme» vom 6. November), indem er die wichtigsten Erkenntnisse aus dem vor einem Jahr vorgestellten «Grundlagenbericht Synergiegewinnung» nochmals umriss. Die Gemeinden stünden unter grossem finanziellen Druck und dieser werde sich zusätzlich erhöhen, wenn die Erträge aus dem Finanz- und Lastenausgleich zurückgingen, was zu erwarten sei. Hinzu komme, dass die Bevölkerung von Rünenberg und Kilchberg zur Überalterung tendiere, was sich in Zukunft in Form von höheren Alterspflegekosten und geringeren Steuereinnahmen niederschlagen könnte.
Die noch nicht lange Zeit gemeinsam geführte Schule in Zeglingen sei «kritisch zu betrachten», weil die Klassen sehr tiefe Schülerzahlen aufweisen, sagte Weber, und er wisse, dass das «ein sehr emotionales Thema» ist.
Als «grösste Chance» eines Zusammenschlusses wertet der Projektbegleiter die Raumplanung: Rünenberg und Kilchberg müssten – Stand heute – Baulandreserven auszonen. Diese könnten bei einem Zusammenschluss optimiert und effektiver ausgestaltet werden. Im besten Fall könnten die Auszonungen vermieden werden, liess Weber durchblicken. Bei 8 Hektaren Bauland bestehe ein Potenzial von bis zu 270 Einwohnern.
Positiv bewertete Weber, der selber als Gemeindepräsident an einer Gemeindefusion beteiligt gewesen ist, die zahlreichen Dorfvereine und das aktive Dorfleben. «Das ist gut und wertvoll.» Dies gilt auch für bereits bestehende Zusammenarbeit in der Verwaltung und in vielen weiteren Bereichen. Auf eine Fusion bezogen falle damit aber ein Pro-Argument weg: Kosteneinsparungen durch Kooperationen lägen nicht mehr drin. «Die Zitrone ist ausgepresst.»
5 anstatt 13 Gemeinderäte
Ihren Ursprung hat die Fusionsprüfung in der wiederkehrenden Personalnot in Kilchberg. Die wäre vom Tisch: Durch die Fusion würde sich die Anzahl der Gemeinderäte von heute 13 auf 5 reduzieren. Weber regte an, die Behördenmitglieder, die mehr strategisch tätig und sich stärker im Networking betätigen sollten, adäquat zu entschädigen. Heute bekämen sie ein «besseres Trinkgeld» und trügen sehr viel Verantwortung: «Das ist nicht ok.»
Der Gemeinderats-Notstand war Marcel Aeschbachers Stichwort. Der Kilchberger «Breesi» erinnerte an eine Ausnahmebewilligung der Regierung, als das Gremium unterbesetzt war, und an den Einsatz von Christine Mangold als Statthalterin – sie war am Dienstag anwesend. Die Einwohnerschaft habe den Gemeinderat mehrfach fast einstimmig damit beauftragt, eine Fusionsprüfung anzustossen. Es sei nun der richtige Zeitpunkt: «Wir sollten agieren, so lange es uns noch gut geht.»
«Es ist erst fünf vor und nicht fünf nach zwölf», sagte auch der Zeglinger Präsident. Er erinnerte ferner daran, dass die drei Dörfer Gemeinden als erste im Kanton vor 30 Jahren die Feuerwehren fusioniert hätten und später die Verwaltung. Beides mit Erfolg. Er werde aber jetzt nicht behaupten, die Fusion mache alles billiger, so Rickenbacher – «aber besser».
Er forderte die Anwesenden auf, an der Budget-Gemeindeversammlung den Beitrag für die Prüfung – je Gemeinde 61 000 Franken – zu unterstützen und sich dann am Prüfungsprozess zu beteiligen: Nicht nur die Befürworter, sondern auch Kritiker. Mit einem verschmitzten Lächeln fügte er an: «Um sie davon zu überzeugen, dass die Fusion das Beste ist».
Zumbrunn bezeichnete Rickenbacher, der bisher anstatt dieser Fusion lieber ein «Gross-Gelterkinden» gesehen hätte, nach diesem Votum augenzwinkernd als «Fusions-Turbo». Ganz im Ernst hielt er fest, dass es für Rünenberg keinen Grund gebe, auf dem hohen Ross zu sitzen. Noch möge sein Dorf besser dastehen als Kilchberg und Zeglingen. Aber die 8 Millionen Franken teure Turnhalle belaste die Rechnung, man stehe vor Auszonungen und müsse bei Rücktritten aus dem Gemeinderat auch immer Klinken putzen gehen. Eine Fusion sei auch für Rünenberg eine Chance, sagte er. Und die Prüfung sei ein Zeichen an die Unterbaselbieter Gemeinden, die hauptsächlich in den Finanzausgleich einzahlen, dass man nicht untätig sei, sondern seine Hausaufgaben mache.

