Youtube als des Messermachers Lehrmeister
23.04.2025 Bezirk Sissach, Gemeinden, Gesellschaft, Baselbiet, ZeglingenAus Stahl stellt Jörg Fäh exklusive Survival- und Jagdmesser her. Deren Verarbeitung ist makellos, weshalb auch schon angezweifelt worden ist, dass sie handgemacht sind. Am Freitag verkauft der Messermacher seine «Capraknives» am Männermarkt in Hölstein.
...Aus Stahl stellt Jörg Fäh exklusive Survival- und Jagdmesser her. Deren Verarbeitung ist makellos, weshalb auch schon angezweifelt worden ist, dass sie handgemacht sind. Am Freitag verkauft der Messermacher seine «Capraknives» am Männermarkt in Hölstein.
Christian Horisberger
Fleisch vom Longhorn-Rind, lokale Biere, edle Zigarren, exklusive Uhren, fassgereifter Whiskey und saftige Spareribs vom Grill: In Hölstein gibt es am Freitag alles, was das Männerherz angeblich begehrt. Nach der Premiere vor einem Jahr findet in der Rüebmatthalle wiederum der «Männermarkt» statt. Die Premiere hatte Jörg Fäh noch verpasst, am Freitag wird der Zeglinger Messermacher nun aber seine handgemachten «Capraknives» zum Verkauf anbieten. Jedes ein Schmuckstück, jedes handgemacht; herausgeschnitten und geschliffen aus einem Stück Stahl.
Um den Marktbesuchern eine möglichst grosse Auswahl seiner Messer zeigen zu können, verbringt der 45-Jährige dieser Tage mehr seiner Freizeit als üblich in der Werkstatt. Dort würden die Herzen der meisten Männer, die einen Männermarkt besuchen, höher schlagen. Da gibt es praktisch alles, was es zum Sägen, Hobeln, Drehen, Schleifen, Hämmern oder Schärfen braucht. Beim Blick in die Werkstatt wird auch klar, was der Hausherr meint, wenn er von seinem «Hang zu Maschinen» spricht: Platz ist mittlerweile rar. Deswegen zerbricht sich Jörg Fäh bereits den Kopf darüber, wo er seine neuste Errungenschaft, einen mehr als 100-jährigen mächtigen Lufthammer zum Schmieden von Damastmessern (sein nächstes Projekt) unterbringen soll.
Aus einem Stück Stahl
Anders als Damastklingen, die aus miteinander verschweisstem weichem und hartem Eisen geschmiedet werden, besteht das «Herz» der Messer, wie Jörg Fäh sie herstellt, aus einem flachen Stück Stahl. Aus diesem sägt und schleift er die Konturen des gewünschte Modells heraus und versieht den Schaft mit einem ebenfalls handgemachten Griff aus Holz, gepressten Textilien und Kunstharz, oder er umwickelt den Griff mit einer Nylon-Schnur, die auch bei Fallschirmen Verwendung findet. Als Finish wird die Klinge mattiert, mit einem Laser auf dem Rücken beschriftet und das Messer erhält am Griff eine Kordel sowie eine Scheide aus einem thermoplastischen Kunststoff – auch diese stellt Fäh selber her. Nach 15 bis 20 Stunden ist das unverwüstliche Outdoor-Messer, oder, auf den Männermarkt gemünzt, das Survival-Messer, fertig.
Voller Hingabe und reich an technischen Details erzählt der Mann mit dem prächtigen, gepflegten Bart von seiner Passion. Er blättert im Ordner mit den Bleistiftzeichnungen seiner Messer, hält Materialkunde, beschreibt, wo er welche Griff-Hölzer findet oder wie sich die unterschiedlichen Metalle bei Verarbeitung und Gebrauch verhalten. Er spricht von Enthärten und Härten, den Eigenschaften von Ölen, Kunstharzen, Leimen oder Chemikalien … Besonders ausführlich beschreibt der Messermacher, wie er die Bandschleifmaschine als wichtigstes Arbeitsgerät selber gebaut hat. Bei all dem muss der Eindruck entstehen, er hätte seiner Lebtag nichts anderes getan als Messer zu schmieden.
Doch sie sind nur ein Hobby: Nach einer Lehre als Zimmermann arbeitete Jörg Fäh für ein Jahrzehnt auf dem Beruf und absolvierte dann die Polizeischule. Heute geht er in der Uniform der Polizei Baselland auf Patrouille. Ausserdem gehört der dreifache Vater seit acht Jahren dem Zeglinger Gemeinderat an. Nachdem er zugunsten von mehr Familienzeit das Revidieren von Land Rovern, einer anderen grossen Passion, zurückgestellt habe, seien jetzt die Messer seine «Psychohygiene».
«Kann ich das?» Neue Dinge auszuprobieren reize ihn, sagt Fäh. Und seit seiner Zeit im Holzbau lege er Wert auf hochwertiges und scharfes Werkzeug. Jetzt pflückt er einen grossen Stechbeitel von der Werkzeugwand und zieht das Futteral ab. Bei genauem Hinsehen ist erkennbar, dass die Klinge des Werkzeugs zwei Farben hat. Sie besteht aus zwei Metallen: dem weicheren Trägermaterial und der härteren Klinge. Dieses Werkzeug hat er in Japan bestellt.
Zu gut, um handgemacht zu sein
Das Wissen über die Herstellung von Messern hat der begabte Handwerker hauptsächlich aus dem Internet: «Auf Youtube kann man fast alles lernen», sagt er. Ausserdem hat er vieles einfach ausprobiert. Kam er nicht weiter, holte er sich von routinierteren Spezialisten Rat, etwa vom Oltinger Messerschmied Martin Isenschmid. Mit ihm zusammen habe er am «Oltiger Määrt» im vergangenen Jahr seine Messer zum ersten Mal öffentlich präsentiert, erzählt der Zeglinger. Dort habe er seiner perfektionistischen Ader, die selbst auf seiner makellosen Website zum Ausdruck kommt, Tribut gezollt: «Es gab Leute, die meinten, meine Messer seien maschinengefertigt.» Allenfalls werde er das nächste Mal einige Messer in unterschiedlichen Fertigungsstadien mitbringen …
Verkauft habe er in Oltingen nur ganz wenige Exemplare, sagt Fäh. Das sei zu erwarten gewesen: Bei Stückpreisen in der Grössenordnung von 200 bis 460 Franken – abhängig von Grösse und Ausführung – überlege man es sich zweimal, ob man spontan so viel Geld ausgeben soll. Umso mehr habe er sich darüber gefreut, dass sich anschliessend einige Interessenten bei ihm meldeten, um eines der sechs Messermodelle aus seinem Sortiment oder eine Sonderanfertigung zu bestellen. Beides erhofft Fäh sich auch von seiner Teilnahme am Männermarkt in Hölstein. Und Kontakte: Sollten sich bei ihm beispielsweise Interessenten melden, die mit seiner Unterstützung ihr eigenes Messer herstellen möchten, könnte er sich vorstellen, auch einmal Kurse anzubieten. Und das ist eine weitere Eigenschaft von Jörg Fäh: Um neue Ideen und Projekte ist er nie verlegen.
Fast alles, was des Mannes Herz begehrt …
ch. Der erste Männermarkt in Hölstein, veranstaltet vom gleichnamigen Verein und eine Verkaufsveranstaltung mit einer speziell auf bodenständige Mannsbilder ausgerichteten Produktepalette, war vor einem Jahr ein Publikumserfolg. Die Anzahl Besucher hat selbst die Erwartungen der Veranstalter weit übertroffen. Diesen Freitag, 25. April, folgt nun die zweite Ausgabe, wiederum in der Rüebmatthalle in Hölstein. Türöffnung ist um 17 Uhr, um 22 Uhr ist offiziell Schluss.
Die «Zünsler-Bar» bleibt weit darüber hinaus geöffnet.
Neben den zum Verkauf angebotenen Gebrauchsgegenständen gibt es auch Verpflegungsmöglichkeiten, einen Zigarren-Workshop, eine «Gamer-Ecke» oder die Gelegenheit, sich von einem Barbier den Bart trimmen oder sich frisieren zu lassen. Ganz wichtig: Frauen sind zum Markt zugelassen.