Wirtschafts kammer will in die Offensive gehen
16.01.2024 Baselbiet, WirtschaftDirektor Christoph Buser kündigt mehrere Volksinitiativen an
Mit den politischen Entwicklungen im Baselbiet ist Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer, nicht zufrieden: Die Rahmenbedingungen für die Unternehmen würden sich verschlechtern. Deshalb will er in den ...
Direktor Christoph Buser kündigt mehrere Volksinitiativen an
Mit den politischen Entwicklungen im Baselbiet ist Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer, nicht zufrieden: Die Rahmenbedingungen für die Unternehmen würden sich verschlechtern. Deshalb will er in den nächsten Wochen mehrere Volksinitiativen auf den Weg bringen.
Janis Erne
Politisch war es um die Wirtschaftskammer (Wika) Baselland, der zahlreiche Unternehmen, Verbände und Gewerbevereine angehören, in den vergangenen Jahren vergleichsweise still. Doch nun kündigt deren Direktor Christoph Buser an, wieder mehr Einfluss nehmen zu wollen. Hierfür sollen dieses Jahr mehrere Volksinitiativen lanciert werden. Denn, so FDP-Mitglied Buser, es gebe Warnsignale, dass sich die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und das Gewerbe schleichend verschlechterten.
Diese Aussagen tätigte der Wika-Direktor in der neusten Folge des hauseigenen Podcasts «Off The Record». Während einer halben Stunde holte er gewissermassen zum Rundumschlag gegen das (rechts-bürgerlich dominierte) Baselbieter Parlament aus. Der Landrat, so seine kritische Beurteilung, halte sich immer wieder mit Nebensächlichkeiten auf. «Er befindet sich in einer ‹Bubble› und behandelt Themen, welche die Leute – und auch das Gewerbe – nicht interessieren», sagte er zu Moderator Michael Köhn, dem stellvertretenden Direktor der Wika.
Es sei an der Zeit, sich wieder den «grossen Stellschrauben» zu widmen. Als Warnung zog Buser das Nachbarland Deutschland heran, dessen Wirtschaft zurzeit taumele: «An diesen Punkt wollen wir nicht gelangen, sonst kommen schwierige Zeiten auf uns zu.» Zwar sei das Baselbiet insgesamt auf einem guten Level, doch erodierten die Arbeitsamkeit und die Leistungsbereitschaft, die der Schweiz ihren heutigen Wohlstand ermöglicht hätten. Auf Anfrage ergänzt Buser: «Damit unser Wirtschaftsstandort konkurrenzfähig bleibt, braucht er zusätzliche Impulse.»
Sechs Schwerpunkte
Deshalb also die Initiativen: Wie sie genau aussehen werden, ist noch offen. Zur «Volksstimme» sagt Buser, dass sechs «Standortfaktoren» ins Auge gefasst würden: Staatswesen, Arbeitsmarkt, Berufsbildung, Mobilität, Bürokratie und Energie. Mit den Unterschriftensammlungen soll noch im ersten Quartal dieses Jahres, also bis Ende März, begonnen werden. Man sei daran, die verschiedenen Initiativtexte zu finalisieren, so Buser im Podcast. Das sei zum Teil jedoch nicht ganz einfach, weil bei den Forderungen teils mehrere Gesetze betroffen seien. Für das Zustandekommen einer Initiative braucht es im Baselbiet 1500 gültige Unterschriften.
Weitere Aussagen in «Off The Record» lassen erahnen, was die Wika antreibt, um Veränderungen mittels Urnengängen durchsetzen zu wollen. So enervierte sich Buser über die Verkehrspolitik, wo man 2023 «keinen Meter» weiter gekommen sei. Möglicherweise sprach dabei auch der Frust aus ihm, nachdem die Wika mit der Forderung abgeblitzt war, die geschlossene Rheinstrasse zwischen Pratteln und Augst wieder zu öffnen (die «Volksstimme» berichtete).
Aber nicht nur: Buser geht es offenbar um grundlegende Probleme. Er sprach die «individuelle Mobilität» an: Fehle sie und mit ihr die 40 000 Grenzgänger, die arbeitsbedingt täglich in die Region kommen, «haben wir ein gröberes Problem». Weiterer Stillstand in diesem Bereich gehe nicht, so der Verbandspräsident.
Handlungsbedarf sieht er auch beim Bildungssystem: Unternehmer mit «jahrzehntelanger Erfahrung» hätten ihm gesagt, dass die Jugendlichen schulisch schlechter ausgebildet seien als früher. «Der Betreuungsaufwand bei Lehrlingen hat sich offenbar gigantisch vergrössert», so Buser. Der Stellenwert der Berufslehre, die enorm wichtig sei für das Gewerbe, sei gesunken.
Energiegesetz sei «asozial»
Deutlich äusserte sich Buser zu politischen Paketen, die bereits auf dem Weg sind. Das revidierte Energiegesetz, das vermutlich im Sommer vors Volk kommt, die ebenfalls revidierte Mehrwertabgabe, wozu der Regierungsrat wohl bald eine Vorlage präsentiert, und die Mindestlohnforderung einer Unia-Initiative will die Wika allesamt entschieden bekämpfen.
Insbesondere über das vom Landrat im Herbst geänderte Energiegesetz regte sich Buser fürchterlich auf. Bei diesem handle es sich um ein «hochgradig asoziales» Gesetz, sagte der 52-Jährige. Er dachte dabei insbesondere an ältere Personen: Da diese häufig in alten Häusern wohnten, müssten sie bei der Umstellung auf eine Wärmepumpe meist gleich auch in einen Wärmeverteiler und eine bessere Gebäudeisolierung investieren. «Insgesamt reden wir dann von einem sechsstelligen Betrag. De facto treibt man die Leute so aus ihren Häusern», sagte Buser, der auch Präsident des Hauseigentümerverbands (HEV) Baselland ist.
Wie erwähnt: Noch ist offen, was die von der Wika geplanten Initiativen genau fordern werden. Fakt ist hingegen, dass dieser Tage die ersten Unterschriftsbögen an die Baselbieter Haushalte verschickt worden sind. Dabei geht es um die sogenannte Transparenz- und Mitwirkungsinitiative – ein ursprünglich vom HEV Baselland lanciertes Begehren.
Inzwischen kümmert sich ein «überparteiliches Komitee» um die Initiative; Mitglieder sind unter anderem Christoph Buser, der Aescher FDP-Landrat Rolf Blatter und der ehemalige SVP-Landrat Hans-Jürgen Ringgenberg aus Therwil. Sie fordern eine raschere Klärung der Rechtslage, wenn der Verdacht im Raum steht, dass eine kantonale Gesetzes- oder Verfassungsbestimmung gegen Bundesrecht verstossen könnte. In solchen Fällen soll künftig nicht nur das Bundesgericht, sondern vorangehend auch das Kantonsgericht angerufen werden können.
Hintergrund ist, dass in der Vergangenheit immer wieder kantonale Erlasse vor dem Bundesgericht angefochten wurden. Zum Beispiel bei der Mehrwertabgabe oder dem Eigenmietwert, als der Mieterverband Baselland in Lausanne erfolgreich eine zu tiefe Berechnungsweise geltend machte. Dies zuungunsten der Eigenheimbesitzer, die nun mehr Steuern bezahlen müssen. «Diese Verfahren dauern mehrere Jahre, und es entstehen lange Perioden der Rechtsunsicherheit», monierte Buser im November in einem Beitrag auf der Website des HEV Baselland. Mit der «Transparenz- und Mitwirkungsinitiative» will er diese Verfahren nun beschleunigen.
Es wird voraussichtlich nicht bei dieser einen Initiative bleiben, bei denen Buser seine Finger im Spiel hat. Er sagt: «Mit unseren Initiativen wollen wir eine breite Diskussion anstossen. Denn unser Wirtschaftsstandort braucht zusätzliche Impulse.»