Wenn es Nacht wird im Baselbiet
09.12.2025 Bezirk LiestalVernissage des 35. Heimatbuch-Bands
«Nacht» heisst das Thema, mit dem sich Band 35 der Reihe «Baselbieter Heimatbuch» befasst. An der Buchvernissage in der Kantonsbibliothek erhielt das erwartungsvolle Publikum Einblick in das vielfältige Geschehen im ...
Vernissage des 35. Heimatbuch-Bands
«Nacht» heisst das Thema, mit dem sich Band 35 der Reihe «Baselbieter Heimatbuch» befasst. An der Buchvernissage in der Kantonsbibliothek erhielt das erwartungsvolle Publikum Einblick in das vielfältige Geschehen im nächtlichen Baselbiet.
Martin Stohler
Für einen Moment wurde es am vergangenen Donnerstag dunkel im Veranstaltungsraum der Kantonsbibliothek Baselland, dann tauchte ein Scheinwerfer die Saaldecke in blaues Licht. Neben einer kleinen Bühne setzten Damian Derungs am Saxofon und Sebastian Aeberhard am E-Piano von «Blue Carpet» zu einem Jazz-Standard an und eröffneten die Vernissage des «Baselbieter Heimatbuchs Band 35» zum Thema «Nacht» passend mit etwas Nachtclub-Stimmung.
Nach einer kurzen Begrüssung durch Cedric Lutz, der bei der Kantonsbibliothek für die Veranstaltungen zuständig ist, übernahm es Jonathan Noack, Präsident der Herausgeberkommission des Baselbieter Heimatbuchs, durch den weiteren Abend zu führen.
Jonathan Noack gab zunächst einen kurzen Überblick über das Werk, in dem 20 Beiträge von verschiedenen Verfasserinnen und Verfassern zusammengekommen sind. Darin geht es um unterschiedliche Arten, wie die Nacht verbracht oder erlebt wird (siehe «Nachgefragt» unten). Zwischen die einzelnen Beiträge sind jeweils kurze Baselbieter Sagen eingestreut, deren Geschehnisse sich nachts zugetragen haben. Diese wurden von Barbara Saladin ausgewählt, die auch einige von ihnen an der Vernissage vorlas. Etwa jene von einem Knecht, der auf dem Einzelhof March bei Titterten lebte und nachts vor dem Haus den Sternenhimmel studierte. Gefragt, was er da sehe, gab er zur Antwort, die Sterne hätten ihm offenbart, dass er dereinst an einem kalten Eisen sterben müsse. Die Meistersleute hielten das für Unsinn und lachten ihn aus. Doch einige Zeit später wurde der Knecht von jemandem erstochen.
Nächtliche Aktivitäten
Im weiteren Verlauf stellten zwei Verfasser und eine Verfasserin ihren Beitrag zum Buch näher vor. Jonathan Noack bat zuerst Céline Martinez-Ernst auf die kleine Bühne. Ihr Thema waren Fledermäuse und damit Tiere, die zu den «nachtaktiven Einwohnenden des Baselbiets» zählen. Für Céline Martinez-Ernst, die bis vor Kurzem die Koordinationsstelle für Fledermausschutz im Kanton leitete, sind Fledermäuse «unglaublich spektakuläre Tiere». Für besonders erwähnenswert hielt sie, dass dieses Jahr im Baselbiet – wie übrigens auch in Basel – erstmals die Alpenfledermaus nachgewiesen werden konnte. Dass in der Region künftig noch weitere Fledermausarten entdeckt werden, hält sie für wenig wahrscheinlich. Eher befürchtet sie, dass einige Arten verschwinden werden.
Linard Candreia steuerte danach nächtliche Impressionen bei, die er beim Doppelspur-Ausbau Chessiloch–Duggingen der SBB gesammelt hatte. Er machte deutlich, dass ein Unterschied besteht, ob Arbeiten bei hellem Tageslicht oder nachts bei Scheinwerferlicht ausgeführt werden müssen: «Die Augen sehen am Tag mehr.» Umso wichtiger ist es, dass die Sicherheitsvorschriften gerade in der Nacht peinlichst genau eingehalten werden.
Anschliessend kam mit Markus Meyer ein letzter Heimatbuch-Autor zu Wort. Meyer macht seit 30 Jahren Stadtführungen in Liestal und ist bestens mit der Geschichte des «Stedtli» vertraut. Seine Themen waren die nächtliche Ruhe und Ordnung im Kantonshauptort sowie die Aufgaben und das Erscheinungsbild des Nachtwächters mit Laterne, Horn und Hellebarde oder einer anderen Stangenwaffe. Meyer wies darauf hin, dass es wenige Dokumente über die Liestaler Nachtwächter gebe, dass aber mit den ehemals zwei Stadttoren und den im Jahr 1718 aufgehobenen Wehrgängen wichtige Voraussetzungen für das Wirken des Nachtwächters bestanden.
Zum Schluss dankte Jonathan Noack allen Autorinnen und Autoren für ihr Mitwirken am neuesten Band der Reihe «Baselbieter Heimatbuch» und dafür, dass sie sich dabei wohl «die eine oder andere Nacht um die Ohren geschlagen» hätten. Dann klang die gut gelungene Vernissage mit einem letzten Stück der beiden Musiker von «Blue Carpet» aus. Beim anschliessenden Apéro ergaben sich angeregte und anregende Gespräche. Zuletzt hiess es dann aber doch: hinaus in die kalte Nacht.
Drei verschiedene Publikationen
sto. Im Baselbiet gibt es drei Arten von Publikationen, die den Begriff «Heimat» im Titel tragen. Das «Baselbieter Heimatbuch», herausgegeben von der Fachkommission für das Baselbieter Heimatbuch (BHB), erschien erstmals im Jahr 1942. Damit schuf der Kanton die Grundlage für die älteste heute im Verlag Baselland herausgegebene Reihe. Die BHB-Bände boten anfänglich ein buntes Potpourri von Beiträgen zur Geschichte und Kultur von Baselland, später gruppierten sich diese um ein Oberthema. Das BHB erscheint im Zwei-Jahre-Rhythmus. Die Fachkommission besteht aktuell aus Jonathan Noack (Präsident), Michèle Degen, Christopher Heath und Barbara Saladin.
Heimatkunde bezeichnet eine Schrift, die sich jeweils mit den Charakteristika einer Baselbieter Gemeinde befasst. Die Anfänge der Heimatkunden gehen auf die 1860er-Jahre zurück. Damals rief der Baselbieter Lehrerverein zur Abfassung entsprechender Werke auf. 63 von 74 Gemeinden folgten damals dem Aufruf. Ab den 1960er-Jahren kam es zu einer neuen Welle. Verfasst werden die Heimatkunden heute von verschiedenen Autorinnen und Autoren unter Führung einer Leitungsgruppe. Unterstützt werden sie dabei von der Arbeitsgemeinschaft zur Herausgabe von Baselbieter Heimatkunden.
Die «Baselbieter Heimatblätter» entstanden 1936 als vierteljährliche Beilage der Zeitung «Der Landschäftler» (1849– 1964). Seit dem Ende des «Landschäftlers» erscheinen die «Baselbieter Heimatblätter» als eigenständige Publikation. Herausgegeben werden sie von der Gesellschaft für Regionale Kulturgeschichte BL. Ihr Redaktor ist aktuell Dominik Wunderlin.
«Baselbieter Heimatbuch 35 ‹Nacht›». Verlag Baselland. 210 Seiten.


