Warum nicht ein Bio-Ei zum Zmorge?
06.09.2024 Bezirk Sissach, Oltingen, LandwirtschaftSeit bald zwei Jahren legen rund 2000 Hennen auf dem Oltinger «Egghof» Bio-Eier. Wegen der höheren Produktionskosten sind die Eier etwas teurer als die von reinen Legerassen. Dafür werden die Tiere nach der Legephase auch als Suppenhuhn oder in Form von Verarbeitungsfleisch ...
Seit bald zwei Jahren legen rund 2000 Hennen auf dem Oltinger «Egghof» Bio-Eier. Wegen der höheren Produktionskosten sind die Eier etwas teurer als die von reinen Legerassen. Dafür werden die Tiere nach der Legephase auch als Suppenhuhn oder in Form von Verarbeitungsfleisch genutzt.
Otto Graf
Der Oltinger «Egghof» hat aus marktpolitischer Sicht im englischen Sprachgebrauch den zutreffenden Namen. Auf dem Landwirtschaftsbetrieb von Christian und Rita Gerber nimmt nämlich das Ei, englisch «egg», einen hohen Stellenwert ein. Laut Namenbuch der Gemeinden von Markus Ramseier leitet sich der Flurname «Egg» aus dem Mittelhochdeutschen ab und verweist auf eine ebene Stelle vor einem Abhang. Und genau an einem solchen Ort befindet sich der «Egghof», eben die «Egg-Farm». Der Betrieb umfasst rund 40 Hektaren. Rund 30 Prozent des gesamten Betriebsertrags entfallen auf die Produktion von Bio-Eiern. Sie läuft unter der Bezeichnung «Eggfarm». Der Betriebszweig beansprucht laut Christian Gerber etwa 50 Prozent einer Vollzeitstelle.
Obwohl der Legehennenstall, ein Neubau mit Aussenklimabereich, Schlechtwetterauslauf und Weide, seit bald zwei Jahren in Betrieb ist, musste Gerber kürzlich ein neues Baugesuch einreichen. Grund: Der Vorplatz musste aus verkehrstechnischen Gründen – als Lastwagen-Ladeplatz – etwas anders als ursprünglich geplant gebaut werden.
Neben der Eier-Produktion ist der Betrieb auf die Milchwirtschaft und den Ackerbau sowie auf etwas Obstanbau ausgerichtet. Als Grund für das Umsteigen auf die Produktion von Bio-Eiern sagen die Gerbers: «Biologisch erzeugte Produkte sind je länger, desto mehr gefragt und sie werden umweltschonend produziert.» Die steigende Nachfrage nach Bio-Eiern gibt ihnen recht.
Der moderne Stall wird derzeit von 2036 Hennen der Rasse Dual sowie vier Hähnen bewohnt. «Die Güggel haben die Aufgabe, zur Herde zu schauen. Und sie gehören einfach dazu», meint Rita Gerber. Wie die Bezeichnung andeutet, handelt es sich beim Dualhuhn um ein Zweinutzungshuhn der Rasse Lohmann. Das Tier im braunen Gefieder kommt im Alter von 18 Wochen «legereif» auf den «Egghof». Wenn die Legeleistung nach rund 85 Wochen unter das wirtschaftlich vertretbare Limit sinkt, werden die Hühner geschlachtet. Sie beenden ihr Dasein als Suppenhuhn im Kochtopf oder landen in einer anderen Form als Verarbeitungsfleisch frisch oder tiefgefroren in den Regalen der Grossverteiler.
Einige Tiere dürfen ihr irdisches Dasein hingegen durchaus länger geniessen. Denn die Gerbers verkaufen Hennen, die nicht mehr jeden Tag ein Ei legen, zum Teil auch an Privatpersonen.
1700 Eier auf dem Transportband
Der Alltag im Hühnerstall, also das Füttern, die Wasserzufuhr, der Kotabtransport, die Beleuchtung und die Lüftung, läuft weitgehend automatisiert ab. Pro Tag legen die Hennen etwa 1700 Eier, die auf das Transportband rollen, das manuell mit einem Pedal bedient wird. Das Putzen und das Abpacken der Eier ist hingegen reine Handarbeit. Per Lastwagen gelangen pro Jahr etwa 500 000 «Egghof»-Bio-Eier über die Grossverteiler in den Handel.
Im Laden kostet das Bio-Ei im Vergleich zur konventionellen Produktion rund 30 Prozent mehr. Denn die Produktionskosten sind höher, weil das Futter teurer ist und das Dualhuhn weniger und etwas kleinere Eier legt als eine Legehybride. Ein Teil der Tiernahrung, das tägliche Korn, liefert eine Futtermühle. Es handelt sich dabei um eine spezielle Körnermischung für Legehennen. Den Rest beschafft sich das Geflügel selbst in Form von Gras und anderem Grünzeug auf der über einer Hektare grossen Weide neben dem Hühnerstall. Der Auslauf auf der Weide beträgt rund fünf Quadratmeter pro Tier.
Es gibt einen kleinen Direktverkauf ab Hof. Der Direktversand an Private ist nicht möglich. Denn der Aufwand für eine sichere Verpackung wäre wegen des fragilen Inhalts des Postpakets schlicht zu gross.
Den Geflügelbetrieben drohen mehr als manch anderen Landwirtschaftszweigen Risiken wie die Vogelgrippe, Milben, Wurm- oder Salmonellenbefall. Durch das strikte Einhalten der Hygieneregeln und periodische Kontrollen durch ein Labor könnten diese Risiken tief gehalten werden, sagt Christian Gerber. Kein Kraut ist jedoch gegen den Fuchs gewachsen. Doch eine einbruchsichere Stallung und eine stabile Umzäunung des Freigeländes haben Meister Reineke bislang davon abgehalten, sich an den Hühnern der Bauernfamilie zu vergreifen. «Bis jetzt haben wir Glück gehabt und hoffen, dass dies auch so bleibt», meint Rita Gerber.
Ausstieg aus dem Kükentöten
vs. Mit dem Töten männlicher Küken in der Eierbranche soll bald Schluss sein. Ab Anfang 2025 wird in den beiden grossen Schweizer Brütereien die sogenannte Inovo-Technologie angewandt. Dabei wird das Geschlecht der Küken noch im Ei bestimmt und die Eier mit männlichen Embryonen werden entsorgt. Wie der Branchenverband Gallo Suisse Ende August mitteilte, ermöglicht die Technologie einen Blick ins unversehrte Ei zur Bestimmung des Geschlechts. Zum Einsatz komme dabei die intelligente Bildgebungstechnologie «Genus Focus», die beschleunigte Magnetresonanztomografie und Künstliche Intelligenz kombiniert.
Im Bio-Sektor erfolgt der Ausstieg aus dem Kükentöten über die Aufzucht von Bruderhähnen und die Haltung von Zweinutzungshennen. Schon jetzt werden über die Hälfte der Bruderhähne aufgezogen, bis Ende 2025 soll dieser Anteil gemäss den Bio-Richtlinien auf 100 Prozent ansteigen. Zweinutzungshühner, die sowohl Eier legen als auch Fleisch liefern können, ergänzen diesen Ansatz, nach dem auch auf dem Oltinger «Egghof» verfahren wird.