Warum hat es bei mir so wenige Spanische Wegschnecken?
21.11.2024 BaselbietVielfalt im Garten könnte eine Erklärung sein
Seit Jahren verzichte ich eisern auf Schneckenkörner, auch während dieses regenreichen Jahrs. Trotzdem finde ich nur selten Spanische Wegschnecken in meinem Garten. Andererseits klagen viele Gärtnerinnen und Gärtner trotz Schneckenkörnern über eine riesige Plage.
Heinz Döbeli
In der letzten Kolumne schlug ich vor, im Garten Asthaufen oder Hecken anzulegen. Eigentlich müssten auf diesen Vorschlag heftige Einwände folgen mit dem Hinweis, dass eine Hecke wegen ihres feuchten Mikroklimas eine ideale Schneckenzuchtanlage sei.
Stimmt das? Kennen wir das tierische Netzwerk der Hecken in unseren Gärten? Wer frisst wen? Und wer wird von wem gefressen? Die meisten von uns wissen dank Tierfilmen mehr über Pandas, Nashörner und Elefanten als über die Tiere, die in der Hecke vor unserer Haustüre leben.
Vor etlichen Jahren führte der Natur- und Vogelschutzverein Ziefen einer Schar Kinder und ihren Eltern vor, was alles in einer Hecke kreucht und fleucht. Obwohl nur ein Bruchteil aller Lebewesen gefangen werden konnte, kam doch eine beachtliche Anzahl zum Vorschein: Blindschleichen, Molche, diverse Gehäuseschnecken, Asseln, Tausendfüssler, Hundertfüssler und viele Käfer.
Viele Feinde sind der Schnecken …
Welche dieser Tiere ernähren sich von Nacktschnecken? Aus sporadischen Beobachtungen weiss ich, dass Maulwurfgrillen Schneckeneier fressen. Eine Ringelnatter, die in den Lichtschacht eines Nachbarhauses gefallen war, fütterte ich mit kleinen Gehäuseschnecken. Als ich das Reptil endlich befreien konnte, fand ich keine Schnecken mehr.
Die Liste der Schneckenjäger, die man dank Internet erstellen kann, ist lang: Igel, Blindschleichen, Kröten, Spitzmäuse, viele Vögel, viele Käferarten inklusive Glühwürmchen, und Milben. Viele davon sind Heckenbewohner.
Die Informationen betreffend Speisezettel stammen meist aus «Käfigversuchen». Gefangene Tiere werden mit Schnecken gefüttert und daraus werden Schlüsse gezogen. Ob das in der freien Natur auch so ist, bleibt noch zu erforschen.
Ich fragte eine Kollegin, die sich mit Schnecken auskennt, was der Grund für das Fehlen der Spanischen Wegschnecke sein könnte. Sie vermutet, dass es die Vielfalt in meinem Garten ist und – so paradox das klingen mag – der Verzicht auf Schneckenkörner. Dieses Gift zerstört das fein austarierte Gleichgewicht zwischen Jägern und Gejagten.
Nicht verschweigen möchte ich, dass es etliche Jahre dauerte, bis sich das Gleichgewicht zwischen Schnecken und ihren Feinden eingestellt hatte. Lange musste ich die Schneckenplage aushalten.
Verglichen mit anderen Gärten hat es bei mir deutlich mehr Hecken sowie Ast- und Steinhaufen – und dafür deutlich weniger Spanische Wegschnecken. Wer das nicht glaubt, darf meinen Garten bei feuchtem Wetter besuchen, um diese Behauptung zu überprüfen.
Der wissenschaftliche Name der «Spanischen Wegschnecke» war früher Arion lusitanicus. Als man herausfand, dass es sich um eine mitteleuropäische Art handelt, die in Spanien selten ist, wurde der Name auf Arion vulgaris geändert.