Waldenburger schützt Ukraine-Gipfel
13.06.2024 Region, PolizeiPolizeikommandant Stephan Grieder verantwortet die Sicherheit der Staatsgäste
Am Wochenende findet auf dem Bürgenstock die «Konferenz zum Frieden in der Ukraine» statt. Rund 45 Staats- und Regierungschefs werden erwartet. Verantwortlich für die Sicherheit der ...
Polizeikommandant Stephan Grieder verantwortet die Sicherheit der Staatsgäste
Am Wochenende findet auf dem Bürgenstock die «Konferenz zum Frieden in der Ukraine» statt. Rund 45 Staats- und Regierungschefs werden erwartet. Verantwortlich für die Sicherheit der Konferenz ist mit Stephan Grieder (60) ein Oberbaselbieter. Die «Volksstimme» hat ihn an einem Medienanlass getroffen.
Nikolaos Schär
Schon von der Autobahn in Luzern aus ist das Bürgenstock-Hotel gut sichtbar. In einer Postkartenkulisse thront es über dem Vierwaldstättersee auf Nidwaldner Boden. Normalerweise ein 5-Sterne-Resort, verwandelt es sich dieses Wochenende in den Schauplatz der «Konferenz zum Frieden in der Ukraine», wie der Bund die Konferenz betitelt. An der Pressekonferenz des Bundesrats am Montag sprach Bundespräsidentin Viola Amherd von rund 90 Delegationen, die anreisen werden, darunter 40 bis 45 Staatsoder Regierungschefs, was den Anlass zu einem der wichtigsten diplomatischen Treffen in der Schweizer Geschichte macht.
Die Delegationen geniessen völkerrechtlichen Transportschutz – das heisst, sie müssen vom Militär unter strengen Sicherheitsvorkehrungen auf den Bürgenstock gebracht werden. Mittendrin ist der Nidwaldner Polizeikommandant Stephan Grieder, der aus dem Baselbiet stammt und den ganzen Sicherheitseinsatz rund um den Gipfel leitet. 4000 Soldaten der Armee unterstützen die Nidwaldner Polizei, die mit 80 Vollzeitstellen deutlich zu klein ist, um einen solch riesigen Anlass alleine zu schützen. Angesprochen darauf, wie viele Polizisten aus den anderen Kantonen für den Einsatz zusammengezogen werden, macht Grieder keine genauen Angaben; das Baselbiet schickt 43 Polizisten. Schätzungen gehen jedoch von einer vierstelligen Zahl aus. Immer wieder pariert Grieder die hartnäckigen Fragen vonseiten der Presse: «Aus taktischen Gründen können wir dazu keine Informationen preisgeben.»
Welten treffen aufeinander
Trotz des grossen Presserummels – ein Reisecar brachte am Montag rund 50 Journalisten und Journalistinnen lokaler bis internationaler Medientitel zum Checkpoint im Dorf Obbürgen – machte Grieder den ganzen Nachmittag hindurch einen gelassenen Eindruck: «Noch befindet sich vieles im Aufbau, wir wollten die Dorfbewohner, solange es ging, von den Massnahmen verschonen.» Heute Donnerstag um 12 Uhr wird die Sperrzone oberhalb des Dorfes aktiv. Dann dürfen nur noch Anwohner und Personen, die in der Sperrzone arbeiten und sich zuvor akkreditiert haben, die Sicherheitszone um den Bürgenstock betreten.
Die Akkreditierungsstelle befindet sich in der Turnhalle der Primarschule Obbürgen. An acht temporären Schaltern werden Badges und Sticker ausgestellt. «Jede Person über zwölf Jahre muss persönlich mit einem amtlichen Ausweis vorbeikommen, um Zutritt zur Zone zu erhalten», führte Grieder aus. Trotz des umständlichen Prozederes gebe es nur eine halbe Hand voll Personen, die sich kritisch zu den Sicherheitsvorkehrungen geäussert haben, so Grieder. Die allermeisten zeigten Verständnis für die Situation.
Auf die Frage, wie die Einsatzkräfte zu den geleisteten Überstunden stehen, beschwichtigt Grieder: «Die Mitglieder des Teams sind hoch motiviert. Es ist ein spannender Einsatz.» Natürlich werde es eine Herausforderung, die Einsatzzeit zu kompensieren, so Grieder weiter. Persönlich mache er sich keine Sorgen, dass er trotz der Verantwortung zu genügend Schlaf kommen wird. Nach der Konferenz habe er Ferien, die schon länger geplant seien. Äusserlich scheint den 60-Jährigen mit Baselbieter Wurzeln nichts aus der Ruhe zu bringen.
Verbunden mit der Heimat
Die Frage der «Volksstimme», woher aus dem Baselbiet er stamme, ringt ihm dann doch ein Lächeln ab. Er ist in Waldenburg aufgewachsen, aber sein Heimatort sei Tenniken, oder wie Grieder es ausdrückt: «Also gleich bei euch ums Eck!»
Grieder ist kein gelernter Polizist: «Ich bin ein klassischer Quereinsteiger, von Haus aus Jurist.» Das Baselbiet verliess er nach seiner militärischen Grundausbildung 1986. Ganz sicher ist er sich auf die Schnelle aber nicht. In einer ruhigen Minute erzählte er später, dass er aufgrund des Sports aus Waldenburg wegzog. Er sei Volleyballspieler gewesen und sein Freundeskreis hätte ihn in die Innerschweiz gelockt. Doch mit dem Baselbiet sei er noch immer tief verbunden. Seine Eltern leben immer noch dort, darum sei er auch häufiger zugegen.
Gleich darauf hat ihn wieder eine Kameralinse in Beschlag genommen. Bei der ganzen Szenerie stellt sich die Frage, wer nun wen beobachtet. Ist es die Medientraube, die das Dorf in Augenschein nimmt, oder sind es die Anwohner auf ihren Balkonen, die den Kameratross gespannt beobachten, wie dieser auf der Hauptstrasse zum Dorfausgang marschiert? Denn die Medienstelle hat angekündigt, dass es auf dem provisorisch eingerichteten Helikopterlandeplatz die Chance auf gute Bilder gebe. Nun stehen anstatt Kühe Fotografen in der matschigen Wiese und knipsen um die Wette. Es wird gescherzt, dass die ausrollbaren Landeflächen ziemlich dreckig seien für den Empfang der amerikanischen Vizepräsidentin Kamala Harris. Gegenüber des Landeplatzes liegt der Miststock des Bauern, der die Fläche zur Verfügung gestellt hatte. Andreas Hugi, Kommunikationschef der Territorialdivision 2 und CEO der PR-Firma «furrerhugi», sagte, den Bauern würde es nicht stören, der sei sehr entspannt.
Kritische Fragen wurden am Medientermin ganz grundsätzlich nicht beantwortet. Es schien den Verantwortlichen mehr um die guten Bilder zu gehen und darum, die Schweiz von ihrer Postkartenseite zu zeigen – Bauernhof neben Luxus-Resort, Limousine neben Traktoren. Das Hotel selbst stand bei der Begehung nicht auf dem Programm, was gewisse internationale Medienleute unvorbereitet traf. Es seien immer noch Gäste im Bürgenstock-Resort, diese wolle man nicht stören, so ein Mediensprecher der Kantonspolizei. Da musste der Kameramann der ARD sich alleine zu Fuss aufmachen, um noch gute Bilder des Hotels zu bekommen.
Für Einsatzleiter Stephan Grieder dürfte der Gipfel ein Höhepunkt seiner Karriere werden, sofern alles reibungslos über die Bühne geht. Ob er in seinen wohlverdienten Ferien einen Abstecher ins Baselbiet macht, verriet er nicht. Gänzlich unerkannt wird er dies mit grösster Wahrscheinlichkeit aber nicht mehr tun können.