Vorbildlicher Dienst an der Gesellschaft
08.05.2025 BaselbietSarah Aregger ist die erste Zivilschützerin seit zwei Jahrzehnten
Sarah Aregger (20) aus Flüh im Kanton Solothurn hat die Grundausbildung zur Betreuerin im Zivilschutz Baselland abgeschlossen. Dass sie seit langer Zeit die erste Frau im Baselbieter Zivilschutz ist, hat sie ...
Sarah Aregger ist die erste Zivilschützerin seit zwei Jahrzehnten
Sarah Aregger (20) aus Flüh im Kanton Solothurn hat die Grundausbildung zur Betreuerin im Zivilschutz Baselland abgeschlossen. Dass sie seit langer Zeit die erste Frau im Baselbieter Zivilschutz ist, hat sie überrascht.
Tobias Gfeller
Sarah Aregger posiert stolz in der Uniform des Baselbieter Zivilschutzes auf dem Parkplatz des Amts für Militär und Bevölkerungsschutz an der Oristalstrasse in Liestal. Die 20-Jährige kennt das Areal mittlerweile gut.
Während ihrer Ausbildung zur Zivilschützerin hat sie hier viel Zeit verbracht. Den weiten Weg von Flüh, wo sie wohnt, und Dornach, wo sie beruflich als Automatikmonteurin Sicherheitskästen baut, nimmt Aregger gerne auf sich. Denn als Frau ist sie zu keinem Dienst verpflichtet, sie leistet ihn freiwillig.
Auf die Idee, sich beim Zivilschutz zu melden, kam sie durch ihren Partner, der eine Laufbahn als Berufsmilitär anstrebt. In einem Ausbildungslager für Erste Hilfe kam sie über Informationsveranstaltungen in Berührung mit der Schweizer Armee. «Das alles hat mein Interesse geweckt und ich begann, mich näher zu informieren.»
Der Dienst an der Gesellschaft und die Tatsache, Menschen in Notlagen direkt helfen zu können, seien ihre Hauptmotive, sich freiwillig im Zivilschutz zu engagieren, erklärt Aregger. Für den Zivilschutz statt die Armee habe sie sich entschieden, weil dieser in nächster Umgebung des eigenen Wohn- oder Arbeitsorts zum Einsatz kommt. «Ich kann so in meinem direkten Umfeld Hilfe leisten.»
Aregger hat den höchsten Laienkurs der Sanitätsstufe 3 absolviert. Damit kann sie medizinische Probleme erkennen, mit Schienen verletzte Körperteile versorgen und in gravierenden Notfällen auch Kinder reanimieren. Als Betreuerin im Zivilschutz würde sie im Ereignisfall betroffene Menschen betreuen. Im kommenden Herbst wird sich entscheiden, in welcher Zivilschutzkompanie Aregger künftig Dienst leisten wird.
Die Motivation ist bei der Solothurnerin so gross, dass sie sich bereits Gedanken über Weiterbildungen und Kaderpositionen macht. «Ich kann mir sehr gut vorstellen, Wachtmeisterin zu sein und Personal zu führen, möchte aber zuerst die Kompanie kennenlernen, bevor ich eine Führungsrolle übernehme.» Die Rolle als offizielle Zivilschützerin erfülle sie mit Freude und Stolz.
Zwei Männerdomänen
Dass sie dabei ausschliesslich von Männern umgeben ist, sei kein Problem: «Ich bin mir vom Beruf her gewöhnt, die einzige Frau zu sein. Es gibt nur wenige Automatikmonteurinnen.» Sie habe bisher nur gute Erfahrungen gemacht, so Aregger. «Ich habe gelernt, mich durchzusetzen und selbstbewusst aufzutreten.» Man dürfe keine Scheu haben, nach Hilfe zu fragen, wenn es etwa darum geht, schweres Material zu tragen. «Für mich ist es aber wichtig, alles zuerst selber zu versuchen. Manchmal muss ich auch verhindern, dass Kollegen, ohne zu fragen, mir die schwere Arbeit abnehmen.»
Aregger möchte für andere Frauen ein Vorbild sein. «Man sollte für Neues offen sein und nicht mit Vorurteilen an eine Sache herangehen.» Die Solothurnerin wünscht sich, dass sich mehr Frauen im Dienst verpflichten. «Ob im Militär, Zivilschutz oder Zivildienst, ist für mich sekundär. Wichtig ist, dass man sich engagiert.» Aregger ist überzeugt, dass es irgendwann eine Dienstpflicht für Frauen geben wird. «In welcher Form auch immer – es ist aber ein Fakt, dass wir mehr Personal brauchen.» Sie sei gerne eine Wegbereiterin für Frauen im Zivilschutz, wenn es der Sache diene.
Die Dringlichkeit nach mehr Personal bestätigt Andreas Schiermeyer, Leiter Kommunikation der Baselbieter Sicherheitsdirektion. «Sarah Aregger ist sehr wichtig für uns. Ich habe selbst gestaunt, als ich gehört habe, dass sie seit mehr als 20 Jahren die erste Frau im Zivilschutz im Kanton Baselland ist.» Schiermeyer hofft, dass Aregger als «Galionsfigur» etwas bewirken kann und die Resonanz auf ihr Engagement in der Bevölkerung positiv ausfällt. Ihre Freiwilligkeit sei ein wichtiges Zeichen, findet Schiermeyer. «Wir müssen die Menschen nicht einfach nur verpflichten, sondern auch zeigen, dass es eine sinnvolle Aufgabe ist.» Aregger zeige, dass Zivilschutz auch Spass mache und einen persönlichen Mehrwert bringe.
Für die 20-Jährige hat ihr Engagement auch eine persönliche Note. Schon ihr Grossvater, den sie nie kennengelernt hat, war als Gruppenführer in Münchenstein im Zivilschutz tätig. «Der Zivilschutz verbindet uns. Mein Grossvater wäre sicher stolz auf mich.»
«S’ Mami goht au in Zivildienst»
nsc. Unter diesem Slogan versuchte der Bund in den 1970er- und 1980er-Jahren, Frauen für den freiwilligen Einsatz im Zivilschutz zu motivieren. Bis zum Ende des Kalten Krieges gab es rund 15 000 Zivilschützerinnen. Die Grundausbildung dauerte damals allerdings nur zwei Tage und war damit kürzer als bei den dienstpflichtigen Männern.
Mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz im Jahr 2004 wurde der Zivilschutz Sache der Kantone. Die Ausbildung der Frauen und Ausländer, die im Zivilschutz ebenfalls Dienst leisten dürfen, wurde an jene der Männer angepasst. Heute gibt es schweizweit nur noch einige Hundert Zivilschützerinnen.