Vom Gerichtsgebäude zum modernen Wohn- und Kulturhaus
12.12.2024 Bezirk Waldenburg, WaldenburgDie Genossenschaft Wohnstadt Basel hat die beiden Gebäude des ehemaligen Bezirksgerichts an der Hauptstrasse in Waldenburg sanft renoviert und umgebaut. Drei der vier Wohnungen sind bereits vermietet. Zudem sollen in den historischen Räumen künftig auch kulturelle Anlässe ...
Die Genossenschaft Wohnstadt Basel hat die beiden Gebäude des ehemaligen Bezirksgerichts an der Hauptstrasse in Waldenburg sanft renoviert und umgebaut. Drei der vier Wohnungen sind bereits vermietet. Zudem sollen in den historischen Räumen künftig auch kulturelle Anlässe stattfinden.
Elmar Gächter
Das einmalige Wohnen in historischer Bausubstanz aufwerten, die Eigentümerinnen und Eigentümer sensibilisieren und es in Waldenburg bekannter zu machen: So lauten unter anderem die Ziele, die sich die Behörde aufgrund ihrer Strukturanalyse vor drei Jahren gesetzt haben.
Entsprechend gross war die Freude bei Dagmar Maurer, als die kantonale Denkmalpflege am vergangenen Dienstag das sanierte und umgebaute ehemalige Bezirksgericht in Waldenburg den Medien präsentierte. «Damit kommen wir unserem erhofften ‹Wohnstedtli› immer näher», sagte die Gemeinderätin. «Wohnstadt» nennt sich denn auch die Basler Genossenschaft, welche die beiden Gebäude an der Häuserzeile zwischen Kantonsstrasse und Adelberg vom Kanton gekauft und einer völlig neuen Nutzung zugeführt hat. In den Obergeschossen wird gewohnt, das Erdgeschoss steht der Kultur zur Verfügung.
Die beiden Gebäude sind bereits auf einer Planskizze von 1680 mit Brunnen und Hof dargestellt, ihr heutiges Aussehen erhielten sie um 1801. Während die klassizistische Fassade entlang der Kantonsstrasse beim Umbau nicht verändert wurde, wollten Bauherrschaft und Architekturbüro dem Hinterhof im Zusammenspiel mit dem Brunnen am Adelberg und den Kulturräumen im Erdgeschoss einen öffentlichen Charakter verleihen. Die mannshohe Umfassungsmauer wurde abgesenkt, sodass der Hof bis zum Adelberg ausstrahlt. «Das ist eigentlich der wichtigste Effekt des ganzen Hauses», wie Dominique Salathé von Salathé Architekten Basel betonte. Ein weiteres prägendes Element ist die Holzlaube, die zusammen mit den neuen grossen Fenstern dem Gebäude einen zeitgemässen Wohncharakter verleiht.
Alte Bausubstanz freigelegt
Um den Häusern ihre ursprüngliche Identität zurückzugeben und die Qualität des schönen Materials hervorzuheben, wurde möglichst viel der alten Bausubstanz freigelegt und sichtbar gemacht. «Wir haben Böden aus Holz und vor allem aus Stein im Originalzustand entdeckt, die man sich heute gar nicht mehr leisten könnte», so Salathé.
Die Mieterinnen und Mieter können sich heute über den einzigartigen Wohnraum freuen, der ihnen im ersten Obergeschoss, anstelle des von späteren Einbauten befreiten ehemaligen Gerichtssaals oder im neu ausgebauten Dachgeschoss, zur Verfügung steht. Drei der vier individuellen Wohnungen sind bereits vermietet. Das Erdgeschoss wird vom Verein «KulturRaum Waldenburg» für Ausstellungen und andere Veranstaltungen genutzt. Dafür stehen auch der ehemalige Schopf und der Keller im hinteren Teil der Gebäude zur Verfügung. Sie wurden Stück für Stück freigelegt und in ihrem ursprünglichen Zustand belassen.
Zusammenarbeit gelobt
Alle am Umbau und der Sanierung Beteiligten betonten die sorgfältige Umgestaltung des ehemaligen Gerichtsgebäudes. Begleitet wurden die Massnahmen für dieses kommunal geschützte Objekt von der kantonalen Denkmalpflege. Gemäss Anne-Dorothée Herbort haben sich Kanton und Bund finanziell gemäss den gesetzlichen Regelungen am Ersatz der Fenster beteiligt. Sie hob die gute Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft und dem Architekturbüro hervor und gab der Hoffnung Ausdruck, dass dieses Projekt ein Beispiel sei, wie das Leben und Wohnen in Waldenburg gefördert werden könne.
«Waldenburg wieder etwas zurückgeben»
emg. Die Genossenschaft Wohnstadt Basel hat das ehemalige Bezirksgericht umgebaut. Andreas Herbster sagt, warum sich der Umbau gelohnt hat, spricht über die angefallenen Kosten und die Rendite sowie das Konzept der Genossenschaft.
Herr Herbster, «Wohnstadt» erwirbt, baut, erneuert und vermietet Genossenschaftswohnungen – mittlerweile rund 700 Objekte. Was hat Sie bewogen, das alte Bezirksgericht in Waldenburg zu erwerben und umzubauen?
Andreas Herbster: Ursprünglich wurden wir vom Verein «KulturRaum Waldenburg» für ein Darlehen angefragt. Wir sind jedoch keine Bank. Unser Job ist es, für die Ortschaften und die Menschen in der Nordwestschweiz etwas zu machen und gemeinnützigen Wohnraum bereitzustellen. Es war uns dabei ein Anliegen, Waldenburg wieder etwas zurückzugeben, was es mit der Bezirksschreiberei und dem Bezirksgericht verloren hat. Wichtig war uns auch, dass der Ort eine gewisse Grösse aufweist und über einen guten öV-Anschluss verfügt.
Wie beurteilen Sie das Resultat?
Ich sage immer, wenn man mit den Häusern spricht, erhält man schlaue Lösungen. Dies ist immer so und speziell hier, wo ein altes Gebäude nicht mehr den heutigen Wohnansprüchen gerecht wird.
Macht sich das Ergebnis für «Wohnstatt» in Franken und Rappen bezahlt?
Der Umbau hat rund 2,5 Millionen gekostet. Heute ist die Rendite noch nicht dort, wo wir sie gerne hätten. Aber unsere Investition ist ja auf die nächsten beiden Generationen ausgerichtet. Es kommt auf jeden Fall gut.
Ihre Mieter sind Genossenschafter?
Ja, in der Regel ist dies so. Die Mieter zahlen einen Anteilsschein, hier in Waldenburg je nach Wohnungsgrösse zwischen 5000 und 8000 Franken, also in der Art eines Depotgeldes. Wir zahlen auf dieses Geld momentan einen Zins von 2 Prozent. Wir achten vor allem auch darauf, dass die Mieterschaft mit der Nutzung des Erdgeschosses für Ausstellungen und Anlässe kompatibel ist.