«Vollständige Tilgung nicht realistisch»
03.10.2025 BaselbietDas Einjährige Berufkraut hat sich festgesetzt – Kanton intensiviert Bekämpfung nicht
Der Kanton Baselland investiert zwar viel Geld in die Neophytenbekämpfung, doch aus der Antwort der Regierung spricht auch ein wenig Resignation: So sei eine Ausrottung des ...
Das Einjährige Berufkraut hat sich festgesetzt – Kanton intensiviert Bekämpfung nicht
Der Kanton Baselland investiert zwar viel Geld in die Neophytenbekämpfung, doch aus der Antwort der Regierung spricht auch ein wenig Resignation: So sei eine Ausrottung des Einjährigen Berufkrauts beispielsweise mittlerweile unrealistisch geworden.
David Thommen
Im Spätsommer war es vielerorts wieder unübersehbar: Das Einjährige Berufkraut wucherte, auch Springkraut und andere Neophyten machten sich breit und liessen den einheimische Arten teilweise wenig Platz – selbst auf Magerwiesen. «Viele Gemeinden gehen die Bekämpfung aktiv an, schulen ihre Mitarbeitenden und informieren die Bevölkerung», hielt Landrätin Claudia Brodbeck (SP, Biel-Benken) in einer im Juni eingereichten Interpellation fest. Und auch Naturschutzorganisationen und Freiwillige legten sich mächtig ins Zeug, um die Plage einzudämmen. Gleichzeitig stelle sie jedoch fest, dass es auf kantonseigenen Flächen an Engagement mangle: «Dem Tiefbauamt scheinen die Mitarbeiter für die Neophytenbekämpfung zu fehlen.»
Die Regierung weist die Kritik zurück. In ihrer soeben vorgelegten Antwort auf die Anfrage betont sie, dass der Bekämpfung invasiver Arten auf Kantonsparzellen «hohe Priorität» eingeräumt werde. Seit 2020 seien mehrere Millionen Franken für die Umsetzung der kantonalen Neobiota-Strategie eingesetzt worden und bis 2028 seien weitere Mittel bewilligt. Verschiedene Ämter trügen Verantwortung: Das kantonale Tiefbauamt entferne Neophyten entlang von Strassen und Gewässern, das Hochbauamt bei kantonseigenen Liegenschaften, das Amt für Industrielle Betriebe betreibe eine spezialisierte «Grüngruppe» und auch der «Ebenrain» oder die Forstreviere seien beteiligt. Zudem koordiniere das Amt für Umweltschutz und Energie die Aktivitäten über eine kantonale Arbeitsgruppe. An Engagement fehle es also nicht.
Dennoch räumt die Regierung Grenzen ein: Eine weitergehende Bekämpfung der unerwünschten Pflanzen sei derzeit «weder rechtlich durchsetzbar noch mit den vorhandenen Mitteln möglich». Das Einjährige Berufkraut beispielsweise, das erst seit einigen Jahren als grösseres Problem wahrgenommen wird, sei heute bereits so weit verbreitet, dass es nicht realistisch sei, es noch vollständig in den Griff zu bekommen. Wörtlich heisst es in der Antwort der Regierung: «Das Einjährige Berufkraut ist mittlerweile omnipräsent und kommt von privaten Gärten über landwirtschaftliche Nutzflächen bis hin zu Waldrändern und Wegen sowie öffentlichen Parzellen überall vor. Eine vollständige Tilgung dieser Art ist nicht realistisch.» Stattdessen fokussiere sich die kantonale Strategie auf die Bekämpfung in «prioritären Gebieten»: in Naturschutzgebieten, entlang von Fliessgewässern und an Verkehrsinfrastrukturen.
Keine Bekämpfungspflicht
In ihrer Interpellation hatte Landrätin Brodbeck gewarnt, dass eine «Sisyphusarbeit» für die Gemeinden und die Freiwilligen drohe, wenn die Vermehrung der Pflanzen nicht entschiedener verhindert werde. Die Regierung teilt in ihrer Interpellationsantwort die Einschätzung der Dringlichkeit zwar, verweist aber auf fehlende gesetzliche Grundlagen: Eine generelle Pflicht, um private und öffentliche Grundeigentümer flächendeckend zur Neophytenbekämpfung zu verpflichten, fehle und könne nur auf Bundesebene eingeführt werden. Eine Revision des Umweltschutzgesetzes sei auf eidgenössischer Ebene zwar in Arbeit, brauche aber Zeit.
Finanziell ist laut der Regierung ebenfalls wenig Spielraum vorhanden. Eine «budgetneutrale» Intensivierung der Bekämpfung, bei der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tiefbauamts häufiger in den Neophyten-Einsatz geschickt und dafür von anderen Aufgaben abgezogen werden, komme nicht infrage. Das Tiefbauamt sei bereits durch Klimaschutzprojekte, Biodiversitätsmassnahmen, den Strassenunterhalt und anderes mehr stark ausgelastet. Eine intensivere Bekämpfung der Neophyten sei daher nur mit zusätzlichen finanziellen Mitteln möglich, schreibt die Regierung, die somit den Ball an den Landrat zurückspielt. Dieser ist letztlich für das Kantonsbudget verantwortlich.