Virtuelle Haltestellen und mehr
03.12.2024 BaselbietDie Diskussionen über die Buslinien 92 (Liedertswil–Bennwil– Hölstein) und 93 (Lausen–Ramlinsburg–Lampenberg) laufen seit Monaten. Nun stellt Frédéric Monard, CEO der Baselland Transport AG, das neu geplante Angebot vor: In Zukunft soll die ...
Die Diskussionen über die Buslinien 92 (Liedertswil–Bennwil– Hölstein) und 93 (Lausen–Ramlinsburg–Lampenberg) laufen seit Monaten. Nun stellt Frédéric Monard, CEO der Baselland Transport AG, das neu geplante Angebot vor: In Zukunft soll die Bevölkerung höchstens 20 Minuten auf den Bus warten müssen.
Tobia Benaglio
Im Oberbaselbiet fehlt es dem öffentlichen Verkehr an Fahrgästen. Besonders akut ist die Situation auf den Buslinien 92 (Liedertswil– Bennwil–Hölstein) und 93 (Lausen– Ramlinsburg–Lampenberg). Hier will (und muss) der Kanton das Angebot anpassen. Die Baselland Transport AG, kurz BLT, plant im Auftrag des Kantons einen Testbetrieb mit Rufbussen. CEO Frédéric Monard stellt die Pläne im Gespräch mit der «Volksstimme» erstmals vor.
Er sagt: «Aus unserer Sicht ist das neue Angebot eine deutliche Verbesserung, kein Abbau.» Die neuen Rufbusse – oder «on demand»- Busse, wie sie die BLT nennt – sollen im bisherigen Perimeter unterwegs sein. Über eine App oder das Telefon kann ein Fahrzeug angefordert werden. Danach erhält der Fahrgast ein Zeitfenster, in welchem er abgeholt wird. Auf der App sieht er, wo sich der Bus gerade befindet und wer ihn fährt.
Das neue Angebot soll laut Monard viel Mehrwert bringen: «Am Wochenende beispielsweise fahren aktuell beide Linien im 2-Stunden-Takt zwischen 9 und 19 Uhr. Das neue ‹On demand›-Angebot startet am Morgen wie bisher und wird am Abend bis 20 Uhr ausgedehnt. Während des Betriebs kann jederzeit ein Bus bestellt werden – das ist ein signifikanter Ausbau des Angebots.»
Das Angebot sei ausserdem viel flexibler und auf das Tal zugeschnitten, ergänzt der BLT-CEO: Wenn jemand beispielsweise ausserhalb der Hauptverkehrszeiten einen Arzttermin hat, müsse diese Person aktuell häufig lange warten, weil der Bus nicht zur passenden Zeit fährt. Mit dem neuen Angebot dagegen würde der Bus in der Regel 15 bis 20 Minuten nach der Bestellung eintreffen.
Ferner könne individuell auf die Gemeinden und die Fahrgäste eingegangen werden. Es werden «virtuelle Haltestellen» eingeführt, die nicht beschildert, aber auf der App sichtbar sind. «Da können sich die Gemeinden einbringen und mitteilen, wo sie eine zusätzliche Haltestelle wünschen. Dann wird der Bus dort halten», sagt Monard. Auch wenn ein Fahrgast einmal zu spät kommt, sei der Chauffeur, der idealerweise selbst aus dem Tal stammt, flexibler und könne womöglich auf die Person warten, im Gegensatz zum aktuellen Linienbetrieb.
Lösung für die Schüler gesucht
Die neuen Rufbusse werden im März 2025 im Testbetrieb starten, vorerst nur an den Wochenenden. Im Dezember wird das Testangebot auf die ganze Woche ausgeweitet. Dann soll sich die Bevölkerung ihre Meinung bilden können. «Wir wollen, dass sich die Gemeinden einbringen», sagt Monard. «Wir richten das neue Angebot auf die Bedürfnisse der Bevölkerung aus und wollen sie dafür begeistern.» Die BLT sei zuversichtlich, dass die neuen Busse gut ankommen werden – dies dank besserer Verfügbarkeit, weniger Wartezeiten, mehr Flexibilität und ohne Aufpreis.
Ein Fragezeichen gibt es wegen der Schülerschaft: Die geplanten Rufbusse sind Mercedes Sprinter mit acht Plätzen, rollstuhl- und kinderwagenfreundlich und bieten zusätzliche Stehplätze. Wenn jedoch Kinder am Morgen mit dem Bus in die Schule fahren, werden acht Plätze nicht immer ausreichen. «Über den Schultransport machen wir uns selbstverständlich Gedanken. Es ist wichtig, dass wir auch da eine optimale Lösung finden. Vielleicht werden wir in den Hauptverkehrszeiten grössere Fahrzeuge oder mehrere nacheinander einsetzen», beurteilt BLT-CEO Monard die Situation.
Neben den Buslinien 92 und 93 sorgte in den vergangenen Monaten auch die Linie 74 (Bretzwil–Reigoldswil), wo die Fahrgastzahlen aktuell ebenfalls zu niedrig sind, für Gesprächsstoff. Die Linie wird von der Autobus AG Liestal betrieben. Diese will die geplanten Änderungen erst im Januar kommunizieren, also nachdem der ÖV-Leistungsauftrag im Landrat behandelt wurde.
Kritik aus Ramlinsburg
je. Die geplante Einstellung des traditionellen Busbetriebs stösst in Ramlinsburg auf wenig Gegenliebe. In einer Stellungnahme im Gemeindeblatt kritisiert der Gemeinderat die Pläne des Kantons. Jede weitere Verschlechterung des ÖV-Angebots auf dem Land führe dazu, dass noch mehr Leute auf den Individualverkehr, sprich das Auto, umstiegen.
Der Gemeinderat regt an, auch auf unrentablen Linien einen Angebotsausbau zu wagen. «Nur ein attraktiver öffentlicher Verkehr ermöglicht sozialverträgliche Angebote im Mobilitätsbereich», schreibt er.
Einem versuchsweisen Rufbusmodell steht der Gemeinderat offen gegenüber – allerdings nur als Ergänzung zum fahrplanmässigen Busverkehr. Denn die Linie 93, welche die Ramlinsburger brauchen, um in Lausen oder im Waldenburgertal auf den Zug umzusteigen, müsse erhalten bleiben.