Viele Namen, eine Pflanzenart
13.03.2025 BaselbietAHNIG VO BOTANIK
Andres Klein
Wenn Sie auf Wikipedia nachschauen, dann finden Sie über 50 verschiedene Namen aus dem deutschen Sprachraum für diese Pflanze. Dabei musste ich feststellen, dass unser häufigster regionaler Name sogar ...
AHNIG VO BOTANIK
Andres Klein
Wenn Sie auf Wikipedia nachschauen, dann finden Sie über 50 verschiedene Namen aus dem deutschen Sprachraum für diese Pflanze. Dabei musste ich feststellen, dass unser häufigster regionaler Name sogar fehlt: das Baaderli. Wobei mir der deutsche Name Tausendschön auch sehr gefällt. Aber warum hat das Gänseblümchen oder Margrittli so viele verschiedene Namen?
Das Gänseblümchen ist bei uns fast so verbreitet wie der Löwenzahn. Es wächst überall in Europa, von Sizilien bis Lappland. Vor allem im deutschsprachigen Raum ist es auf Wiesen, Weiden, an Bachufern, an Strassenböschungen, in Gärten usw. anzutreffen. Das hat zu sehr vielen lokaltypischen Namen geführt.
Die Pflanze blüht fast das ganze Jahr, und die niedlichen Magrittli-Blüten haben einen Jöö-Effekt, der fast so gross ist wie bei jungen Füchsen. Diese Niedlichkeit hat die Fantasie der Leute auch angeregt und zu Namen wie Massliebchen, Maisüsschen und Tausendschön geführt. In den Königsgräbern von Ur in Mesopotamien wurden Kränze von Gänseblümchen gefunden und eines der Stadttore von Babylon war mit grossen Darstellungen von den kleinen Blumen geschmückt (Bild). Schon vor 5000 Jahren wurde diese Pflanze als schön wahrgenommen.
Die Blüten sind zwar 1 bis 3 Zentimer klein. Mit den gelben Röhrenblüten in der Mitte und den vielen weissen Strahlenblüten am Rand, die unterseits rötlich schimmern, fallen sie auf. Die Pflanze wird 5 bis 15 Zentimeter hoch und ist kahl oder leicht behaart. Die Blätter sind grundständig und bilden eine Rosette. Der Blattrand ist leicht gezähnt. Die weissen Zungenblüten schliessen sich in der Nacht und schützen so die Röhrenblüten im Innern. Die Blütenköpfe richten sich wie bei der Sonnenblume immer in Richtung Sonne.
Diese Pflanze hat auch darum so viele Namen erhalten, weil sie seit dem Mittelalter eine sehr beliebte Pflanze in der Volksmedizin war und heute auch noch häufig in der Komplementärmedizin verwendet wird. Die entzündungshemmende, schleimlösende und blutreinigende Wirkung aller Pflanzenteile sowie die Anwendung bei Menstruationsbeschwerden und Leberleiden hat zur Popularität beigetragen. Die Blütenköpfe wurden oft gesammelt, getrocknet und in den vielen Heilbädern dem Badewasser beigefügt, was zum regionalen Namen Baaderli führte.
Die jungen Blütenköpfe können in Essig eingelegt werden und so als Kapernersatz verspiesen werden. Auch als Salat- und Suppenbeilage werden sie empfohlen, wobei sie für die einen wohlriechend seien und für andere eher nicht.
Dass eine so verbreitete Pflanze auch Fantasien im esoterischen Bereich Verwendungsmöglichkeiten eröffnet, ist klar. Wer Anfang Jahr die ersten drei Gänseblümchen isst, wird während des ganzen Jahres vor Zahnschmerzen, Augenleiden und Fieber verschont. Für Führungskräfte ist eine andere Anwendung unentbehrlich. Denn: Wer am Johannistag mittags zwischen 12 und 13 Uhr drei Gänseblümchen selbst pflückt und isst, dem gelingen sämtliche Projekte. Also sofort in der Agenda den 24. Juni ab 12 Uhr reservieren!
Andres Klein ist Botaniker. Er lebt in Gelterkinden.