Viel los für Lesewürmer und Bücherratten
12.08.2025 Bezirk LiestalKantonsbibliothek leiht bereits die Hälfte der Medien digital aus
Wer denkt, in Bibliotheken gebe es nur verstaubte Bücher, irrt gewaltig. Die Kantonsbibliothek ist Verlag, Veranstaltungsort und digitaler Vorreiter zugleich. Ein Blick hinter die Kulissen zum ...
Kantonsbibliothek leiht bereits die Hälfte der Medien digital aus
Wer denkt, in Bibliotheken gebe es nur verstaubte Bücher, irrt gewaltig. Die Kantonsbibliothek ist Verlag, Veranstaltungsort und digitaler Vorreiter zugleich. Ein Blick hinter die Kulissen zum 20-Jahre-Jubiläum.
Brigitte Keller
Das markante Gebäude am Emma Herwegh-Platz gleich neben dem Liestaler Bahnhof kennen die meisten Baselbieter. Viele, weil sie dort selber regelmässig zu Besuch sind, oder doch wenigstens vom Vorbeigehen. Das Haus alleine ist ein architektonischer Hingucker, insbesondere die unübersehbare Glaslaterne auf dem Dach. 2005 wurde der Umbau fertiggestellt und das 1924 als Weinlagerhaus erbaute Gebäude wurde zum neuen vereinten Standort der Kantonsbibliothek Baselland (KBL).
Das Gebälk blieb in der Neugestaltung des Gebäudes erhalten. Wer genau hinschaut, entdeckt dort die Namen von 50 verschiedenen Weingütern. «Beim Umbau fand man auf dem Estrich alte Buchstabenschablonen und Farbe», erzählen Kantonsbibliothekarin Susanne Wäfler und Veronika Timashkova, Fachspezialistin Kommunikation, beim Rundgang durchs Haus. Die aufgetragenen Schriften sind eine kleine, aber feine Erinnerung an den ursprünglichen Zweck des Gebäudes.
Im Gegensatz dazu unmöglich zu übersehen ist der ungewohnt knallige, gelbgrüne Farbton der Böden und Möbel, der vor allem in den ersten Jahren immer wieder zu Diskussionen führte. Dieses Farbkonzept hat aber eine markante Wirkung auf die Helligkeit im Gebäude. Dank der Farbe, und natürlich der neusten Technologie beim künstlichen Licht, können gar bis zu 40 Prozent Stromkosten eingespart werden.
Altes bleibt
Neben den vier Ebenen, die für den öffentlichen Betrieb genutzt werden, verfügt das Gebäude über zwei Untergeschosse. Zur Hangseite wurden klimatisierte Magazinräume eingerichtet, wo sich beispielsweise auch Sammlungen und Werke, Zeitungen und vieles mehr aus dem Baselbiet befinden, zu deren Aufbewahrung «für die Ewigkeit» die Kantonsbibliothek gemäss Kulturförderungsgesetz verpflichtet ist. Ebenfalls werden Werke von Buchpreisträgern und -trägerinnen und Sachmedien von «dauerndem Wert» sowie Jubiläumsschriften von Baselbieter Vereinen dort möglichst sicher vor Feuer und Wasser aufbewahrt. Hier bestehe die Schwierigkeit darin, dass man von solchen Schätzen überhaupt erfahre und in deren Besitz komme, meint Susanne Wäfler.
Auch diese Schriften können ausgeliehen oder zumindest vor Ort angeschaut werden. Das passiere aber eher selten. Gerne würde man die alten Werke und Karten, zumindest «die Schmuckstücke», digitalisieren und der ganzen Welt zur Verfügung stellen, erklärt Wäfler weiter: Dieses Ansinnen stehe aber ressourcenbedingt nicht zuoberst auf der Prioritätenliste.
An erster Stelle stehe für Wäfler das Beraten und Vermitteln. Als Stichworte seien hier Leseförderung und Medienbildung genannt. Deshalb wurde 2021 fast der gesamte Medieneinkauf, die Einfassung in Schutzfolie sowie die Katalogisierung und das Versehen mit den nötigen Signaturen ausgelagert. Diese Arbeiten übernimmt der Schweizerische Bibliotheksdienst (SBD), dessen Hauptträger die Kantone sind. «So bleibt mehr Zeit für die Vermittlung, die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und für die Veranstaltungen.»
Durchschnittlich besuchen täglich rund 650 Personen die KBL. Im vergangenen Jahr führte kein Weg an einer Software-Aktualisierung vorbei, was zur Folge hatte, dass während zehn Tagen keine Medien ausgeliehen werden konnten. «So etwas ist natürlich beinahe ein No-Go», so Wäfler. Es wurden spezielle Veranstaltungen angeboten und die Räumlichkeiten blieben geöffnet. Mehr als 400 Personen täglich seien während dieser Phase vorbeigekommen.
Die Kantonsbibliothek sei längst viel mehr als «nur» ein Ort, um Bücher – übrigens die Hälfte bereits auf digitalem Weg – auszuleihen. Sie ist ein Treffpunkt für alle, um Neues zu entdecken, zu recherchieren und an einem der Computer zu arbeiten, Informationen zu erhalten, Veranstaltungen zu besuchen oder sich ganz einfach auf einen Kaffee zu treffen.
Meistbesuchte Kulturinstitution
Die den Magazinen gegenüberliegenden Räume im Untergeschoss haben, wie der weitere Blick hinter die Kulissen zeigt, dank der Hanglage Fenster mit Tageslicht und werden als Büros genutzt. In einem davon befindet sich beispielsweise auch der Arbeitsplatz von Denise Erb, der Mitarbeiterin des Verlags Baselland, der seit 2021 zur KBL gehört. «Ich kenne keine andere Bibliothek, die auch ein Verlag ist», sagt Susanne Wäfler dazu, das sei schon etwas Besonderes. Zwischen fünf und neun Publikationen würden jährlich herausgegeben.
Das Angebot der KBL, «der wohl meistbesuchten Kulturinstitution im Kanton», ist stets am Puls der Zeit. «Dass in Bibliotheken nur Bücher ausgeliehen werden können, ist immer noch in vielen Köpfen», sagt Wäfler, «aber so ist eine moderne Bibliothek schon lange nicht mehr.» Dies bestätigt ein Blick auf die Website, wo alles über die Leistungen und die Anlässe gelesen werden kann.
Apropos Lesen: Beim Titel zu diesem Artikel haben wir ein paar Buchstaben vertauscht. Haben Sie es gemerkt? Meistens ist von Bücherwürmern und Leseratten die Rede.
Anlässlich des 20-Jahre-Jubiläums der KBL gibt es bis am 26. September Mitmach-Aktionen, Rabatte und eine Fotoausstellung mit den besten Momenten aus den vergangenen Jahren.