Viel Arbeit für das designierte Führungstrio
19.04.2024 BaselbietAm Samstag wählt die SP ein neues Präsidium
Nils Jocher wird am Samstag aller Voraussicht nach zum neuen Präsidenten der Baselbieter SP gewählt. Ihm zur Seite stehen mit Sandra Strüby und Tania Cucè zwei Oberbaselbieterinnen. Das Trio will auf bewährte ...
Am Samstag wählt die SP ein neues Präsidium
Nils Jocher wird am Samstag aller Voraussicht nach zum neuen Präsidenten der Baselbieter SP gewählt. Ihm zur Seite stehen mit Sandra Strüby und Tania Cucè zwei Oberbaselbieterinnen. Das Trio will auf bewährte Themen setzen und dürfte politisch sogleich gefordert sein.
Janis Erne
Viel Zeit, um sich an die neuen Ämter zu gewöhnen, wird ihnen nicht bleiben: Wenn Nils Jocher am Samstag von der Parteibasis aller Voraussicht nach zum neuen Baselbieter SP-Präsidenten gewählt wird – und Sandra Strüby und Tania Cucè zu seinen Vizepräsidentinnen –, dann sind erste grosse politische Herausforderungen bereits festgelegt oder zumindest absehbar.
Abstimmungskampf zum Energiegesetz, Bekämpfen des Sparpakets von Finanzdirektor Anton Lauber und Beurteilen der mit Spannung erwarteten Gesundheitskosten-Auslegeordnung von Thomi Jourdan – für das designierte SP-Führungstrio dürfte es sogleich Schlag auf Schlag gehen.
Dass sie das meistern werden, davon sind Jocher, Strüby und Cucè überzeugt. «Die Konstellation passt, wir verstehen und ergänzen uns gut», sagen sie unisono. Sich ergänzen – das tun sie in vielerlei Hinsicht tatsächlich, wie ihre Lebensläufe zeigen. Nicht nur altersbedingt, sondern auch, was den politischen und beruflichen Hintergrund anbelangt.
So stehen Nils Jocher (27) – er ist aktuell Co-Vizepräsident der Baselbieter SP, Master-Student, Frenkendörfer Lokalpolitiker und noch bis Ende Jahr persönlicher Mitarbeiter von Nationalratspräsident Eric Nussbaumer – zwei Oberbaselbieterinnen mit Landratserfahrung zur Seite.
Zum einen die Buckterin Sandra Strüby (53), die Co-Vizefraktionschefin ist und als Finanzverwalterin bei der Gemeinde Böckten arbeitet. Zum anderen Tania Cucè (34), die bis im vergangenen Sommer Mitglied des Baselbieter Parlaments war. Sie hat zudem Verbindungen zu Gewerkschaften, ist in der Lausner Lokalpolitik aktiv und arbeitet als Juristin bei der eidgenössischen Steuerverwaltung.
Lochers Kurs treu bleiben
«Wir wollen unserer Partei zu noch mehr Stärke und Einfluss verhelfen», beschreibt Jocher die Ambition des Trios. Die Erfolge unter der abtretenden Präsidentin Miriam Locher – bei den letzten nationalen und kommunalen Wahlen gewann die SP Wählerinnen und Wähler hinzu – sollen demzufolge nochmals getoppt werden.
Und zwar mit bewährtem Fokus: Kaufkraft stärken, Gleichstellung vorantreiben und Klima schützen. «Gerade das deutliche Ja zur 13. AHV-Rente hat gezeigt, wie wichtig die Kaufkraft für die Menschen ist», sagt Cucè. Und Strüby fügt an: «Viele Familien müssen kämpfen, um finanziell über die Runden zu kommen. Sie – den Mittelstand – wollen wir entlasten.»
Fehlendes Geld im Portemonnaie beschäftigt momentan tatsächlich viele Schweizerinnen und Schweizer, wie Meinungsumfragen zeigen. Für die designierte SP-Spitze ist deshalb klar: Es braucht höhere Prämienverbilligungen, mehr bezahlbaren Wohnraum, einen Mindestlohn und eine bezahlbare externe Kinderbetreuung.
Die Baselbieterinnen und Baselbieter von solchen Forderungen überzeugen will die neue Parteileitung mit stetiger Sichtbarkeit. «Wir werden auch in Nichtwahljahren präsent sein», verspricht Jocher. Nicht nur mittels Initiativen und Vorstössen im Landrat, sondern auch über niederschwellige Kommunikationswege wie Petitionen oder offene Briefe.
Die SP soll also selbst Themen auf die Agenda setzen und nicht ausschliesslich Vorschläge politischer Gegner bekämpfen. So, wie sie das mit der Initiative für eine kostenlose Kinderbetreuung im Vorschulalter praktiziert, zu der SP-Regierungsrätin Kathrin Schweizer momentan einen Gegenvorschlag ausarbeitet. Oder mit der Solarinitiative, die vor wenigen Wochen eingereicht wurde und eine Photovoltaik-Pflicht für alle Gebäude im Baselbiet verlangt.
Ein anderer Weg, um ihre Interessen durchzusetzen, ist die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Organisationen wie sozialen Bewegungen, Interessenverbänden oder Gewerkschaften. «Diese wollen wir stärken», sagt Cucè und nennt als Beispiel die Initiative für einen Mindestlohn im Baselbiet, die von der Unia lanciert wurde und für die sich die SP im Parlament einsetzt. Gemeinsam sei man stärker, meint Jocher: «Während wir Themen in den politischen Prozess einbringen, können unsere Partner die Gesellschaft zum Beispiel mittels Demonstrationen oder anderweitigen Protestaktionen darauf aufmerksam machen.»
Mehr Einfluss erlangen soll die SP auch im Regierungsrat, wo sie zurzeit mit Kathrin Schweizer vertreten ist. Tritt ein (bürgerliches) Mitglied in der laufenden Legislatur vorzeitig zurück, würde die Partei voraussichtlich eine Kandidatin oder einen Kandidaten stellen, wie Jocher sagt. In seinen Augen fehlt für eine Mittelinks-Mehrheit in der Regierung mindestens eine Sozialdemokratin oder ein Sozialdemokrat. «Isaac Reber politisiert am rechten Rand der Grünen, nahe der GLP, und Thomi Jourdan von der EVP positioniert sich bei finanzpolitischen Themen bis jetzt recht bürgerlich.»
Wenig Zeit zum Eingewöhnen
Pläne, Ideen und Visionen – sie scheinen vorhanden. Zunächst gilt es für die designierte SP-Spitze aber, Antworten auf wichtige politische Aktualitäten zu finden.
So ist sie – zusammen mit Allianzpartnern – gefordert, den Angriff bürgerlicher Politiker, der Wirtschaftskammer und des Hauseigentümerverbands auf das neue Energiegesetz abzuwehren. «Dieses Gesetz zählt zu den wichtigsten Massnahmen für das Baselbiet, um klimaneutral zu werden», sagt Jocher.
Das «Netto-Null»-Ziel bereits 2030 zu erreichen, wie es die SP Baselland in ihrem Klimaplan aus dem Jahr 2021 fordert, bezeichnet er mittlerweile zwar als «unrealistisch». Trotzdem müsse der Kanton beim Klimaschutz vorwärtsmachen – gerade auch, was die Regulierung der Basellandschaftlichen Kantonalbank und der Basellandschaftlichen Pensionskasse anbelangt. «Öffentliche Gelder müssen nachhaltig investiert werden», fordert Jocher.
Augenmerk wird er zusammen mit Strüby und Cucè auch auf die angekündigten Sparpläne von Finanzdirektor Anton Lauber («Mitte») legen. «Wir werden entschlossen dagegen vorgehen», so Jocher im Wissen, dass Lauber bald einmal Details präsentieren wird. Es dürfe nicht auf dem Buckel des Mittelstands gespart werden, ergänzt Cucè.
Ohne eine Reduktion der Ausgaben dürften sich allerdings die Schulden des Kantons anhäufen. Das weiss auch das SP-Trio – es fordert deshalb, die Einnahmen zu erhöhen: unter anderem mit einer generellen Wiedereinführung der Erbschaftssteuer. «Mit einem angemessenen Freibetrag», wie Jocher anmerkt. Wer Millionen erbe, tue das, ohne selbst etwas dafür geleistet zu haben. Deshalb sei es angebracht, dass ein wesentlicher Teil des Erbes dem Staat und damit der Allgemeinheit zufliesst.
Um viel Geld geht es auch bei den stetig wachsenden Gesundheitskosten, die sich in höheren Krankenkassenprämien niederschlagen. «Als Sofortmassnahme, um die Bevölkerung zu entlasten, führt nichts an höheren Prämienverbilligungen vorbei», konstatiert Cucè. Dieses Instrument habe sich bewährt und sei zielführend. In diesem Punkt dürfte die SP geeint sein.
Mehr Diskussionen gibt es bei der Frage, wie der Anstieg der Gesundheitskosten konkret gedämpft werden soll. So vertritt Gesundheitsexperte Urs Roth in verschiedenen Punkten eine dezidiert andere Meinung als die Mehrheit der SP-Fraktion: Der Landrat aus Niederdorf lehnt zum Beispiel eine Fusion des Kantonsspitals Baselland und des Unispitals Basel ab. «Von vornherein sollten wir keine Option ausschliessen – auch eine Spitalfusion nicht», sagt Jocher dazu. Er hoffe, dass Gesundheitsdirektor Thomi Jourdan seine Auslegeordnung «endlich» präsentiert. Spätestens dann wird die Arbeit für die neue SP-Spitze so richtig losgehen.
Juso will mehr Mitspracherecht
je. Die Geschäftsleitung (GL) ist eines der wichtigsten Organe der Baselbieter SP. Das Gremium gibt nicht nur den strategischen Kurs der Partei vor, sondern ist zum Beispiel auch für kantonale Referenden oder Vernehmlassungen zuständig. Mitglieder sind das Parteipräsidium, die Parteisekretäre (mit einer Stimme), der Fraktionschef im Landrat, der Kantonalkassier, die SP-Regierungsrätin und drei weitere Personen, die von der Parteibasis gewählt werden. Zwei Anträge, die an der Delegiertenversammlung (DV) vom 20. April behandelt werden, fordern jetzt aber, diese Zusammensetzung zu ändern.
Zum einen soll die GL um zwei Mitglieder erweitert werden. Diese sollen von der Parteibasis bestimmt werden. Die Forderung stammt von der GL selbst, denn laut ihrer Ausführungen in der Einladung zur DV «ist die Arbeitsbelastung in der Geschäftsleitung hoch». Hinzu komme, dass viele Mitglieder über «knappe Ressourcen» verfügten. «Um trotzdem eine leistungsfähige und ressourcenstarke Geschäftsleitung zu haben, sollen mehr Personen eingebunden werden», wie es abschliessend heisst.
Zum anderen verlangt die rund 200 Mitglieder zählende Jungpartei mehr Mitspracherecht: Die Juso fordert ihren ständigen Sitz in der GL zurück, der ihr 2018 aufgrund von Umstrukturierungen in der Partei gestrichen wurde – so wie anderen Untergruppen der SP. «Anders als zum Beispiel die ‹SP Frauen› oder die ‹SP 60+› sind wir keine Untergruppe, sondern eine eigenständige Partei mit eigenen Finanzierungsquellen», sagt Juso-Präsidentin Angel Yakoub auf Anfrage. Deshalb und auch weil sich die Juso stark für die Anliegen der Mutterpartei engagiere, habe sie einen ständigen GL-Sitz verdient. Die Präsenz der Juso in der GL sei wichtig, «um gemeinsam einen konsequent linken Kurs fahren zu können», so Yakoub. Die amtierende GL sieht das auch so und empfiehlt der Basis, dem Juso-Antrag zuzustimmen.