«Unterrichten ist meine Passion»
08.08.2025 Bezirk Liestal
Berühmte Opernsängerin unterstützt junge Talente aus aller Welt
Zum vierten Mal in Folge bietet der Verein «Stimmen zu Gast» zusammen mit der bekannten USamerikanischen Mezzosopranistin Jennifer Larmore eine Woche lang intensives Gesangstraining an. Zum Abschluss ...
Berühmte Opernsängerin unterstützt junge Talente aus aller Welt
Zum vierten Mal in Folge bietet der Verein «Stimmen zu Gast» zusammen mit der bekannten USamerikanischen Mezzosopranistin Jennifer Larmore eine Woche lang intensives Gesangstraining an. Zum Abschluss findet morgen Samstag ein kostenloses Konzert in Liestal statt.
Brigitte Keller
Es ist Dienstag, kurz nach dem Mittag, aus der Viva Kirche in Liestal dringen kräftige Opernarien nach draussen. Wer Lust und Zeit hat, kann jederzeit eintreten und dabei zuhören. Seit einer Stunde läuft der einwöchige Workshop, der für jede der teilnehmenden Sängerinnen täglich eine halbe Stunde Privatunterricht beinhaltet. Die meisten der aus der ganzen Welt angereisten Sängerinnen sitzen auch als Zuhörerinnen im Saal, wenn sie gerade nicht an der Reihe sind, denn alle können vom fachmännischen, äusserst differenzierten Feedback der berühmten Mezzosopranistin Jennifer Larmore profitieren.
Das Angebot war die Idee von Andrea Suter und Riccardo Bovino vom Verein «Stimmen zu Gast». Neben den Konzerten, die sie regelmässig in der Liestaler Stadtkirche organisieren, und dem Angebot für Kinder wollten sie auch etwas für die Altersgruppe dazwischen anbieten. Und mit Jennifer Larmore kennen sie «die perfekte Lehrerin» dafür. Mit ihr sind sie seit Jahren befreundet und man schätzt einander gegenseitig.
Das Schwierigste – «the tricky point», wie Larmore es nennt – war, Zeit im vollen Terminkalender zu finden. «Wir lieben es zusammenzuarbeiten, und ich bewundere das Talent von Riccardo Bovino, und er wohl auch meines», erklärt die US-Amerikanerin in einer kurzen Pause. Bovino steuert während der ganzen Lernwoche die Begleitung mit dem Piano bei.
Der Kurs steht allen professionellen Sängerinnen und Sängern sowie Studierenden, die im Hauptfach Gesang an einer Fachhochschule oder einer gleichwertigen Institution studieren, offen. Eine Mezzosopranistin als Lehrerin ziehe aus verständlichen Gründen eher Frauen an, erklärt Andrea Suter, und so sind es ausschliesslich Frauen, elf an der Zahl, die den Kurs besuchen. Zum ersten Mal mussten in diesem Jahr Bewerbungen abgelehnt werden, weil nicht mehr Plätze zur Verfügung standen, wie Andrea Suter weiter erklärt. «Bevor der Unterricht begann, fragte ich alle Teilnehmenden: ‹Was möchtest du bis zum Ende der Woche erreichen?›», erzählt Larmore. «Und jede Person hatte einen ganz individuellen Grund.» So habe eine der Teilnehmerinnen gesagt, sie möchte alle Register ihrer Stimme besser miteinander verbinden können, und eine andere habe erklärt, dass sie ihren Atem mit dem Körper noch besser in Einklang bringen möchte. «Meine Aufgabe ist es, sehr individuell darauf einzugehen, was eine Person benötigt», sagt Jennifer Larmore.
Die Künstlerin brennt für vieles. 43 Jahre lang hat sie auf unzähligen Opernbühnen der Welt gestanden. Sie liebt es, zu singen und zu schauspielern. Aber genauso sehr liebt sie es, junge Talente mit ihrem Wissen zu unterstützen. «Unterrichten ist meine Passion. Ich kann den Schülerinnen und Schülern helfen, weniger zu leiden, hoffe ich zumindest …», sagt sie und schmunzelt. «Ich wünsche mir, dass die jungen Profis verstehen, dass es hier nicht um Gehirnchirurgie geht, also nicht um Leben und Tod.» Natürlich müsse man das Singen ernsthaft betreiben, aber die Freude dürfe nicht ausser Acht gelassen werden.
Das Leben geniessen
«Wenn du studierst, malträtiere dich nicht, sondern lerne auf eine freudvolle Weise», rät Larmore den Studierenden. Denn das Leben als Opernsängerin oder Opernsänger sei hart genug. Es sei wichtig, es zu geniessen, denn man sei viel am Reisen und häufig weg von zu Hause. «Auch dann, wenn in der Familie beispielsweise jemand sterbe, heirate, ein Kind auf die Welt komme oder ein anderes Ereignis stattfinde, an dem man gerne dabei wäre», so Larmore. Wenn die 67-Jährige könnte, würde sie ihrem jüngeren Ich diese Tipps auch geben, um nicht, wie ihr selbst passiert ist, stressbedingt ein Magengeschwür zu entwickeln, was überhaupt nicht schön gewesen sei.
Gerade stehen zwei Sängerinnen aus Südkorea nacheinander auf der Bühne. Schülerinnen und Lehrerin kennen einander bereits von früher, da Jennifer Larmore in Seoul jahrelang eine Professur innehatte. Eine der Sängerinnen stellt sich scheu und kaum hörbar vor. Doch kaum trägt sie ihr gewähltes Stück vor, füllt ihre Stimme den Raum.
Morgen Samstag, 9. August, findet in der Viva Kirche Liestal von 18.00 bis circa 19.30 Uhr ein Abschlusskonzert des Kurses statt. Es steht allen Interessierten offen. Der Eintritt ist kostenlos.