Ungewöhnliche Allianz
07.10.2025 BaselbietSP, Grüne und Hauseigentümerverband gegen EL-Revision
Bald stimmt das Baselbiet über eine Anpassung bei den Ergänzungsleistungen ab. Demnach soll die Unterstützung für Heimbewohner gekürzt werden. Sowohl der Hauseigentümerverband als auch die SP und ...
SP, Grüne und Hauseigentümerverband gegen EL-Revision
Bald stimmt das Baselbiet über eine Anpassung bei den Ergänzungsleistungen ab. Demnach soll die Unterstützung für Heimbewohner gekürzt werden. Sowohl der Hauseigentümerverband als auch die SP und die Grünen lehnen die Idee ab.
Janis Erne
SP-Politikerin Ronja Jansen warnte im Landrat vor «schmerzlichen Einschnitten» für die Betroffenen. Christoph Buser, FDP-Mitglied und Präsident des Hauseigentümerverbands (HEV) Baselland, wählte ebenfalls deutliche Worte. In einem Beitrag auf der Website des HEV spricht er von Ungerechtigkeit und «Vertrauen, das aufs Spiel gesetzt wird».
Dass der bürgerlich geprägte Hauseigentümerverband und die linken Parteien gleicher Meinung sind, kommt äusserst selten vor. Für die Abstimmung vom 30. November ist dies der Fall. Dann entscheiden die Stimmberechtigten, ob Menschen, die in einem Pflegeheim leben, weniger Unterstützung vom Staat erhalten und dafür mehr aus der eigenen Tasche zahlen sollen.
Der Hintergrund: Im Juni hat der Landrat beschlossen, den Vermögensverzehr von Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern, die Ergänzungsleistungen (EL) beziehen, auf 20 Prozent anzuheben. Derzeit liegt dieser bei 10 Prozent für AHV-Bezüger und bei 6,7 Prozent für IV-Bezüger. Anzumerken ist, dass der Verzehr erst ab einem bestimmten Schwellenwert greift – ein Teil des Vermögens also unangetastet bleibt.
Mit der Gesetzesrevision erhofft sich der Regierungsrat jährliche Einsparungen von 1,15 Millionen Franken auf Kantonsebene und 1,75 Millionen auf Gemeindeebene.
Demgegenüber stehen die Folgen für die Betroffenen: Heimbewohner mit AHV-Unterstützung würden im Durchschnitt etwa 150 Franken weniger EL pro Monat erhalten, IV-Bezüger in Heimen etwa 70 Franken weniger. Diese Durchschnittswerte sind allerdings verzerrt, da Personen mit geringen Ersparnissen von den EL-Kürzungen nicht betroffen wären, andere dafür umso mehr.
Vor elf Jahren wurde bereits einmal über eine Erhöhung des Vermögensverzehrs abgestimmt. Damals lehnte die Stimmbevölkerung eine Anhebung auf 15 Prozent knapp ab. Die neuerliche Vorlage begründet der Regierungsrat mit einer zwischenzeitlichen Systemänderung auf Bundesebene, wonach die Steuerzahlenden bei den Ergänzungsleistungen stärker entlastet werden sollen.
23 von 26 Kantonen kennen bereits einen Vermögensverzehr von 20 Prozent. Die Anpassung im Baselbiet soll auch aus Spargründen erfolgen: Sie ist Teil des Entlastungspakets, das die Regierung geschnürt hat. Neben der geplanten Erhöhung des Vermögensverzehrs wurden auf dem Verordnungsweg schon die Gelder für die persönlichen Auslagen von EL-Bezügern gekürzt.
Angesichts der älter werdenden Bevölkerung unterstützen die Gemeinden die Anpassungen – ebenso die meisten bürgerlichen Politiker, wie im Landrat ersichtlich wurde.
Sparen werde bestraft
Anders stellt sich die Lage beim Hauseigentümerverband dar. Er befürchtet, dass ältere Menschen ihr Haus oder ihre Wohnung verkaufen müssen, wenn die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner länger im Heim lebt und auf Geld angewiesen ist, aber weniger EL erhält.
Ob diese Befürchtung berechtigt ist, ist jedoch fraglich: Wohneigentum wird erst ab einem Wert von rund 1,2 Millionen Franken zum anrechenbaren Einkommen gezählt, das für die Ausrichtung von Ergänzungsleistungen massgeblich ist. Der HEV hatte in der Vernehmlassung gefordert, diesen Schwellenwert auf 2 Millionen zu erhöhen, blitzte beim Regierungsrat jedoch ab. Zudem kritisiert der Verband, dass sparsame Menschen schlechter gestellt würden als solche, die ihr Geld ihr Leben lang ausgegeben haben und bei den EL nun vom Freibetrag profitieren.
Unterstützung erhält der Hauseigentümerverband von SP und Grünen. Beide Parteien haben unlängst die Nein-Parole beschlossen, wenngleich es in ihren Reihen vereinzelte Abweichler gibt. Die Linke argumentiert, die Revision treffe ausgerechnet die Schwächsten, also jene, die ohnehin nur über wenig Geld verfügten. Zudem wird der Spareffekt angezweifelt. Dies, weil Erben bereits heute einen Teil der von ihren Angehörigen bezogenen EL an den Staat zurückzahlen müssen.
Bis Ende Monat wollen auch die übrigen Parteien ihre Parolen fassen – Überraschungen sind dabei nicht ausgeschlossen. So stimmten SVP und EVP der Revision im Landrat nur zähneknirschend zu. Auch sie wollen sparsame Senioren grundsätzlich nicht benachteiligen.