… und dann plaudert er kurz zwei Stunden lang
24.09.2024 Bezirk LiestalDominik Muheim begeistert mit «Soft Ice» im «Palazzo» das Premierenpublikum
Fast zwei Stunden lang unterhält Dominik Muheim das Publikum mit seinem neusten Programm. Es trägt den Titel «Soft Ice» und besticht durch die breite Palette der Talente des ...
Dominik Muheim begeistert mit «Soft Ice» im «Palazzo» das Premierenpublikum
Fast zwei Stunden lang unterhält Dominik Muheim das Publikum mit seinem neusten Programm. Es trägt den Titel «Soft Ice» und besticht durch die breite Palette der Talente des Kabarettisten aus Reigoldswil, die vom Slapstick über Selbstironie bis zur Poesie reichen.
Jürg Gohl
Grundsätzlich müsste diese Zeitungsseite leer bleiben. Denn bevor Kabarettist Dominik Muheim im «Palazzo» in Liestal mit seinem jüngsten Programm mit dem Titel «Soft Ice» loslegt, ringt er dem Publikum, das der Premiere beiwohnt, das Versprechen ab, die Geschichte ja niemandem weiterzuerzählen. Das habe er damals Lina versprechen müssen.
Lina, ein ziemlich widerborstiges Mädchen in seiner Schulklasse in Reigoldswil und bald enge Freundin, eröffnet ihm im Vertrauen (deshalb nicht weitersagen!), dass sie heiraten wolle. Nein, nicht den Dominik, der wohl auch ein bisschen in sie verknallt sein dürfte, sondern den Markus. Markus sei so ein Typ, erklärt Dominik Muheim, der von allen gefragt werde, Götti ihres Kindes zu werden, allen beim Zügeln hilft und sie danach erst noch mit den besten Spaghetti bekocht.
Lina, seine Zukünftige, ist sein Gegenstück. Die Windsbraut bezeichnet sich selber als so ungeduldig, dass sie nicht einmal einen «Tatort» bis ans Ende schauen könne. Wer Charaktere so beschreibt, verfügt über eine beneidenswerte Beobachtungsgabe.
Einschübe und Vorgeschichten
Weitere Kostproben davon liefert Dominik Muheim im zweiten Teil, in dem es schwergewichtig – da plaudern wir nichts aus – um die Hochzeit geht, die tatsächlich zustande kommt, um das chaotische Fest, das zum Slapstick einlädt, und vor allem um die Hochzeitsgäste. Das ist an sich eine sehr banale, kurz abzuhandelnde Geschichte, …
… wären da nicht diese überall lauernden Einschübe. Hier muss er erklärend eine Vorgeschichte einbauen, da verleitet ihn ein Stichwort dazu, kurz abzuschweifen. Sie führen dazu, dass der Kabarettist während fast zwei Netto-Stunden, zwei langen ohne Längen, erzählt – ohne Unterlass und ohne Hänger.
Das neue Programm des «Volksstimme»-Kolumnisten liesse sich auch in eine Sammlung seiner Kurztexte aufdröseln, die aber nicht aneinandergereiht, sondern ineinander verwoben sind. Und einmal mehr erweist sich der in Reigoldswil aufgewachsene Kabarettist – da verraten wir kein Geheimnis – als Meister des «Running Gag», wie bei der erfolglos wiederbelebten Feuerwanze Billy oder dem ersten Mann auf dem Mond. Oder …
Griff zur Gitarre
Die Maschine für das «Soft Ice», das dem Stück den Namen gibt, steht immer beim Eingang und versorgt das Publikum mit gratis Glace. Sie spielt im zweiten Teil des Abends zwar eine Rolle, doch das Bühnenbild ist karg gehalten. In der Mitte stehen ein Drehstuhl und eine Kaffeetasse mit abgebrochenem Henkel, der wiederum sein Schicksal hat. Dieses Schüsseli muss nach der Pause ebenso einem Flûte Champagner weichen wie Dominiks Kinder-Shirt dem Flanellhemd Muheims. Nicht zu vergessen ist die Gitarre, die auf der Bühne steht und mehrmals zum Einsatz gelangt: Zuerst ertappt sich das Publikum beim Mitsingen von «Always Look on the Bright Side of Life» und zum Schluss stimmt es in den Mundart-Refrain «No äis, so äis, Soft Ice» ein.
Nach der ersten Vorstellung zeigt sich Dominik Muheim sehr erleichtert. «Nach einem Jahr Arbeit am neuen Programm ist die letzte Ungewissheit beseitigt», sagt er, während er Gratulationen entgegennimmt. Trotzdem wolle er weiterhin an seinem Text arbeiten, stehen doch aktuell noch 44 weitere Auftritte bevor.
Der gefeierte Jungkabarettist von einst, dessen wirre Haartolle auf der Stirn zugleich Programm ist, zählt inzwischen 32 Jahre und ist dem Status des preisgekrönten Nachwuchskünstlers längst entwachsen. Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass der diesjährige Salzburger Stier – der höchste Kleinkunst-Preis im deutschsprachigen Raum – in seinen Händen bestens aufgehoben ist, so hat er ihn am Freitag erbracht.
In ihrer betont kurzen Begrüssung kommt Cynthia Coray, die künstlerische Leiterin des «Palazzos», ebenfalls auf diesen Preis zu sprechen. «Was kann einem Besseres passieren, als die zweite Saison gleich mit dem Gewinner des Salzburger Stiers eröffnen zu können?», fragt sie die Gäste. «Viel Spass mit Dominik Muheim.» Darauf plaudert es kurz zwei Stunden lang.
Er wird sich nun mit Maschine und Programm auf Schweizerreise begeben. Beginnend am kommenden Sonntag in Solothurn, gastiert er mehrfach in der Kabarett-Hauptstadt Olten, zudem am 19. Oktober mit einem Kurzauftritt am Schulfest in «seinem» Reigoldswil, wo er mit Lina einst die Schulbank drückte, sowie nächstes Jahr in Oltingen (4. April) und in Titterten (16. Mai). Das dürfen wir verraten.