Über 17 Jahre Gefängnis wegen Mord
28.12.2023 RegionThun | Klares Urteil im Mordfall von Thun
Der 38-jährige Mann aus dem Oberbaselbiet hat nicht nur seine Sexpartnerin getötet. Er tat dies nach Auffassung von Staatsanwaltschaft und Gericht auf besonders brutale und kaltblütige Art. Deshalb wurde er nun zu ...
Thun | Klares Urteil im Mordfall von Thun
Der 38-jährige Mann aus dem Oberbaselbiet hat nicht nur seine Sexpartnerin getötet. Er tat dies nach Auffassung von Staatsanwaltschaft und Gericht auf besonders brutale und kaltblütige Art. Deshalb wurde er nun zu einer Gefängnisstrafe von über 17 Jahren verurteilt.
Thomas Immoos
Während der ganzen drei Verhandlungstage sass Peter A.* fast regungslos auf seinem Stuhl (die «Volksstimme» berichtete). Nur gerade am ersten Verhandlungstag, während der Befragung zur Tat, bewegte er seinen Kopf zur fragenden Staatsanwältin oder dem fragenden Richter hin. Ansonsten sass er die ganze Zeit wie eine Statue den Richtern gegenüber. Auch seine Gesichtszüge zeigten keine Mimik; es war nicht zu erkennen, was er von den Anschuldigungen der Staatsanwältin oder vom Plädoyer seines Verteidigers hielt. Ebenso unbewegt nahm er am Freitag vor Weihnachten das Urteil entgegen: 17 Jahre und 8 Monate Haft – abzüglich der knapp drei Jahre Untersuchungs- und Sicherheitshaft seit der Verhaftung Ende Januar 2021.
Für die Richter des Regionalgerichts Oberland Thun stand ausser Frage, dass der Mann die 31-jährige Frau in der Nacht vom 16. auf den 17. Januar 2021 getötet hat. Der genaue Tatort sei allerdings nicht zu ermitteln. Die Version von Peter A., es habe sich um einen Unfall gehandelt, sei lediglich «eine Schutzbehauptung». Diese liess sich auch widerlegen durch die widersprüchlichen Aussagen, «diverse Versionen» des Täters in den Einvernahmen, aber auch durch die Rekonstruktion der Tat sowie durch die rechtsmedizinischen Erkenntnisse. Gerade diese Erkenntnisse habe Peter A. in den ersten Befragungen auch nicht in Zweifel gezogen. Auch stimme die Version nicht, die Freundin, mit der er seit Jahren eine Onoff-Beziehung hatte, habe ihm das Bruderholz für einen Sextreff vorgeschlagen. Der Suchverlauf auf seinem Handy zeige, dass er bereits vor der Tat das Bruderholzgebiet gegoogelt habe, wohl um einen ruhigen, abgeschiedenen Ort für ein Schäferstündchen zu finden.
Nach der Tat hat er die noch lebende Frau mit Kabelbindern fixiert und in seinen VW-Bus gelegt. Der Entschluss, sie zu fesseln, sei wohl gefasst worden, um zu verhindern, dass die Frau ihm ins Steuer greifen könnte, falls sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachen sollte.
Gestorben sei die Frau nach rund 30-minütigem Strangulieren mit Kabelbindern, wahrscheinlich auf dem Parkplatz vor seinem Wohnhaus im Oberbaselbiet. Die Tat zeuge von einer besonderen Brutalität und Kaltblütigkeit, hielt das Gericht fest. Anders als die Staatsanwaltschaft war das Gericht aber der Auffassung, dass die Tat nicht zur Steigerung der sexuellen Lust, also aus sexuellen Motiven, erfolgt sei, sondern um die Frau zum Schweigen zu bringen.
Tat nicht langfristig geplant
Ebenso nahm das Gericht an, dass die Tat nicht geplant war, zumindest nicht langfristig. Er habe sich zwar mehrere Tage damit befasst, mit der Frau nach mehreren Jahren Unterbruch aus sexuellen Motiven wieder Kontakt aufzunehmen. Auf dem Bruderholz sei dann die Situation eskaliert, als das Opfer nicht den geforderten Sex wollte, sondern lediglich zu einem «Blowjob» bereit war. Offenbar sei sie vor ihm davongerannt. Davon zeugten 199 Schritte auf der Smartwatch des Täters während der Tatzeit sowie ein hoher Puls. Schliesslich habe er die Frau – vermutlich mit einem Hammer – erschlagen. Die von Peter A. geschilderte Unfallversion hält das Gericht für «nicht plausibel».
«Hätte der Täter die Tötung von Anfang an geplant, so hätte er dabei auch das Beseitigen der Leiche in die Planung einbezogen», hielt das Gericht fest. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Trotzdem sei die Emotionslosigkeit während der Tat «besonders auffallend». Peter A. sei auch zu keinem Zeitpunkt vor der Tat zurückgeschreckt. Er habe nach eigenen Aussagen nach einem einfachen Ausweg gesucht, um die Leiche zu «entsorgen». In den verschiedenen Einvernahmen und auch vor Gericht habe er gefühllos davon gesprochen, das Opfer «zu einem kompakten Päckli geschnürt» zu haben, um sie besser an einem Betonsockel festbinden und in den Thunersee werfen zu können. Auch das Verhalten danach zeuge von Kälte, als Peter A. alle Spuren der Tat beseitigte, indem er beispielsweise seinen VW-Bus komplett und gründlich gereinigt habe. Deshalb komme nur eine Verurteilung wegen Mordes infrage. Strafmildernde Umstände vermochte das Gericht keine zu erkennen. Deshalb laute das Urteil: 17 Jahre Gefängnis auf Mord. Dazu kommen sechs Monate wegen der Störung der Totenruhe, sprich dem gefühllosen Umgang mit dem Opfer nach der Tat, sowie zwei Monate für harte Pornografie, die gefunden worden ist. Die ersten drei Monate sind, wegen Fluchtgefahr, in Sicherheitshaft zu verbringen.
Auch wird eine ambulante Therapie angeordnet, nicht zuletzt wegen der hohen Rückfallgefahr. Den Eltern des Opfers hat er die Beerdigungskosten zurückzuerstatten, zudem erhält der Vater eine Genugtuungssumme von 6000 Franken, die Mutter 5000 Franken zugesprochen. Dazu kommen Verfahrens-, Anwalts- und weitere Kosten. Zusammengenommen belaufen sich diese auf rund 200 000 Franken. Diese hat der Verurteilte zu entrichten, sobald es ihm die finanziellen Verhältnisse erlauben.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, kann es doch sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch vom Verteidiger weitergezogen werden.
*Name der Redaktion bekannt