Tempo-30-Kompetenz via Gemeindegesetz
20.06.2025 BaselbietJustizkommission legt Gegenvorschlag zu Initiative vor
Nur auf Beschluss des Stimmvolks, nicht des Gemeinderats, sollen Kommunen beim Kanton Tempo 30 beantragen können: Die Justizund Sicherheitskommission des Landrats will diese Kompetenz ins Gemeinde- statt wie die Initiative ins ...
Justizkommission legt Gegenvorschlag zu Initiative vor
Nur auf Beschluss des Stimmvolks, nicht des Gemeinderats, sollen Kommunen beim Kanton Tempo 30 beantragen können: Die Justizund Sicherheitskommission des Landrats will diese Kompetenz ins Gemeinde- statt wie die Initiative ins Strassengesetz schreiben.
Peter Sennhauser
Die formulierte Initiative «Tempo 30 auf Hauptstrassen – nur mit Zustimmung des Volkes» verlangt, dass Geschwindigkeitsreduktionen auf Kantonsstrassen innerorts nur mit Zustimmung der Stimmberechtigten beim Kanton beantragt werden dürfen. Derzeit kann der Gemeinderat einen entsprechenden Antrag an den Kanton in eigener Kompetenz stellen. Der Regierungsrat wollte das Begehren ursprünglich für rechtsungültig erklären, scheiterte damit aber vor einem Jahr im Landrat. Seither beantragt er die Ablehnung wegen rechtlicher und praktischer Probleme. So sei etwa der Begriff «Hauptstrasse» unklar, der im kantonalen Strassenverkehrsgesetz gar nicht vorkomme.
Die Kommission geht jetzt einen andern Weg. Sie hat einen Gegenvorschlag ausgearbeitet, der eine «rechtlich unzweideutige Formulierung ins Gesetz schreibt», wie es im Kommissionsbericht heisst. Aber eben in ein ganz anderes Gesetz: Während die Initiative das Strassenverkehrsgesetz ändern wollte, setzt der Gegenvorschlag beim Gemeindegesetz an.
Gleiches Anliegen
Bei Annahme des Gegenvorschlags würde eine entsprechende Anpassung des Gemeindegesetzes Gemeindeversammlungen und Einwohnerräte die Kompetenz erteilen, über Anträge für Tempo-30-Zonen zu entscheiden – und das nicht nur auf Kantons-, sondern auch auf Gemeindestrassen.
Die Regierung hatte die Initiative als «in weiten Teilen unklar formuliert» kritisiert. Die Forderung, vor einer Tempo-30-Einführung müssten alle «anderen möglichen Massnahmen» zur Verkehrsberuhigung umgesetzt sein, sei etwa zu absolut gefasst. Das Initiativkomitee um den TCS beider Basel betonte hingegen immer, es gehe nur darum, dass Gemeinden erst nach einem Volksentscheid beim Kanton einen Antrag auf Tempo 30 stellen dürfen. Die Kompetenz der kantonalen Behörden bleibe gewahrt.
Der Gegenvorschlag der Kommission geht weiter als die ursprüngliche Initiative. Er erfasst auch Gemeindestrassen und sieht vor, dass derzeit hängige Anträge bei den Kantonsbehörden innerhalb von zwei Jahren nochmals den Gemeindeversammlungen vorgelegt werden müssen. Bei einer Ablehnung würden diese Gesuche «gegenstandslos».
Initianten erwägen Rückzug
Derzeit ist gemäss Auskunft der Sicherheitsdirektion etwa ein halbes Dutzend Gesuche bei der Regierung hängig: Diese Anträge auf Tempo-30-Regelungen auf Kantonsstrassen innerorts müssten demnach gemäss Übergangsbestimmung nochmals dem Souverän der betreffenden Gemeinden vorgelegt werden. Die Kommission hofft, dass ihr Gegenvorschlag die Initiantinnen und Initianten zu einem Rückzug bewegt. Birgit Kron, Politikverantwortliche der TCS-Sektion beider Basel und Mitglied des Initiativkomitees, sieht gute Chancen, dass dies passiert, wenn der Landrat dem Gegenvorschlag zustimmt: «Wir sehen unser Anliegen in der Lösung der Kommission gut abgebildet, die Gemeindeautonomie wird gestärkt.»
Bereits im August vergangenen Jahres hatte der Landrat eine Motion der FDP-Fraktion überwiesen, die in eine ähnliche Richtung zielt. Sie verlangt ebenfalls, dass Gemeindeversammlungen über Tempo-30-Anträge entscheiden sollen. Diese Motion würde mit dem Gegenvorschlag abgeschrieben.
Die kontroverse Beurteilung in der Kommission spiegelt sich im knappen Resultat: Bürgerliche Mitglieder befürworteten den Gegenvorschlag mehrheitlich, während die Linke skeptisch blieb. Kritisiert wurde, dass der Vorschlag durch den Einbezug der Gemeindestrassen «zu weitgehend» sei. Das Geschäft kommt nun vor den Landrat. Sollte dieser dem Kommissionsvorschlag folgen, käme es zu einer Volksabstimmung über den Gegenvorschlag und allenfalls die Initiative.