Stimmengewirr in Noten
05.12.2025 Bezirk Liestal«Baselbieter Konzerte» mit alter Qualität und neuer Leitung
Das Konzert von vorgestern mit einem Bläserquintett trägt offiziell zwar erst die Nummer drei. Doch die «Baselbieter Konzerte», die am 23. Oktober in der Liestaler Stadtkirche unter einem neuen ...
«Baselbieter Konzerte» mit alter Qualität und neuer Leitung
Das Konzert von vorgestern mit einem Bläserquintett trägt offiziell zwar erst die Nummer drei. Doch die «Baselbieter Konzerte», die am 23. Oktober in der Liestaler Stadtkirche unter einem neuen Präsidium in ihre 43. Saison gestartet sind, haben bereits einen ereignisreichen Herbst hinter sich.
Jürg Gohl
Bei den Baselbieter Konzerten ist es auf diese Saison hin im Hintergrund zu einem einschneidenden Wechsel gekommen: Das Ehepaar Vreni und Ernst Schäfer-Müller aus Seltisberg reichte das Vereinspräsidium mitsamt Geschäftsstelle in neue Hände weiter. Vordergründig hat sich indes nichts Grosses verändert. Das bestätigte sich auch beim bereits dritten Konzert dieses Winterhalbjahrs von vorgestern Abend in der Liestaler Stadtkirche, das vom Bläserquintett «Ensemble Astera» bestritten wurde.
Inhaltlich bleiben die Baselbieter Konzerte aber ihrer Linie treu, thematische Schwerpunkte zu setzen und vor einem überraschenden Bruch nicht zurückzuschrecken. So auch vor zwei Tagen mit vier Komponisten, die altersmässig 214 Jahre auseinanderliegen, also drei Jahrhunderte abbilden. Gespielt wurden Wolfgang Amadeus Mozart (geboren 1756), Edvard Grieg (1843), dessen «norwegische Tänze» den Abend eröffneten, Maurice Ravel (1875) und zum Abschluss der türkische Zeitgenosse Fazil Say (1970).
Frauen nach vorne
Während das Quintett bei den ersten drei Komponisten praktisch durchgehend im Galopp des Allegros spielte, kam es bei Fazil Say zum abrupten Stilwechsel. Der türkische Komponist und Pianist, der 2017 sogar selber in der Liestaler Stadtkirche aufgetreten ist und den Flügel behämmernd für einen denkwürdigen Abend gesorgt hat, schrieb für Bläser ein Stück über fünf Aleviten-Väter, die am Bosporus sitzen, Raki trinken und diskutieren. Alleine diese kurze Erläuterung – diesbezüglich hält man sich in Liestal wohltuend zurück – erschloss dem Publikum das komplexe und deshalb nicht leicht zu spielende Werk wesentlich.
Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil an diesem Abend die junge Französin Clarisse Moreau mit ihrer Oboe einspringen musste, weil Stammkraft Yann Thenet erkrankte. Sie meisterte diesen Einsatz am (im wahrsten Sinne) tonangebenden Instrument problemlos. Auch wenn sich durch diesen Notfall der Frauenanteil im Quintett verdoppelt hat, so fällt das Ensemble gleichwohl leicht aus dem Rahmen des 43. Jahrgangs. Frauen bestreiten in diesem Winterhalbjahr «einen starken, beinahe bestimmenden Anteil am Konzertgeschehen», um es mit den Worten von Andreas Fleck, dem technischen Leiter, aus dem Jahresprogramm auszudrücken.
Ein bunter Herbst
Das entspricht einem international zu beobachtenden Trend beim Komponieren und am Pult. Zumindest im Publikum, so der Eindruck in den Liestaler Holzbänken, stellen die Frauen längst die klare Mehrheit. «Ein grosses Publikum für einen Dienstagabend», stellte Klarinettist Moritz Roelcke zu Beginn überraschend fest.
Nach dem Bläserquintett werden beim vierten Konzert am 6. Januar die Stimme der Sopranistin Shira Patchornik und die Pianistin Els Biesemans auf der Bühne stehen. Die Nummer, die das Bläser-Konzert trug, ist allerdings irreführend, können doch Martin und Michèle Raiser, die den Verein Baselbieter Konzerte neu führen, auf einen ausserordentlich regen Herbst zurückblicken. Eröffnet wurde die Saison mit Cellistin Camille Thomas, die mit ihrem Auftritt zugleich auch die viertägigen «Vivacello»-Festspiele einleitete. Zudem wurde zwischen den Konzerten zwei und drei am 22. November noch eine «Classic Night» eingeschoben. «Für uns ein steiler Einstieg», sagt Michèle Raiser noch mit den letzten Dissonanzen von Fazil Say im Ohr, durchaus begeistert.

