Steuerrecht verzerrt Median-Vermögen
04.11.2025 BaselbietTiefe Bewertung von Immobilien sorgt für «Papier-Armut»
Das Median-Vermögen der Steuerpflichtigen im Kanton ist tiefer, als wir es am Freitag in der «Volksstimme» dargestellt haben. Allerdingsd sorgt der extrem tiefe Immobilien-Steuerwert für ...
Tiefe Bewertung von Immobilien sorgt für «Papier-Armut»
Das Median-Vermögen der Steuerpflichtigen im Kanton ist tiefer, als wir es am Freitag in der «Volksstimme» dargestellt haben. Allerdingsd sorgt der extrem tiefe Immobilien-Steuerwert für Verzerrungen nach unten, die mit der Realität nichts zu tun haben.
Peter Sennhauser
Der «typische Baselbieter» ist nicht gerade reich: Dieses Bild ergab unsere Darstellung des Median-Reinvermögens, das wir in der Freitagsausgabe mit einer Karte veröffentlicht haben. Diese Darstellung muss nach unten korrigiert werden: Beim ausgewiesenen Median-Vermögen handelt es sich um das Reinvermögen, also die Besitztümer vor den Steuerfreibeträgen – und nicht über diese hinaus, wie wir fälschlicherweise geschrieben haben. Das wäre das steuerbare Vermögen.
Sogar im «reichen» Arlesheim liegt der Median beim Reinvermögen also mit 51 000 Franken weit unter der Steuergrenze. Und in Tecknau und Waldenburg, den beiden Schlusslichtern der Statistik, besitzen mindestens die Hälfte der natürlichen Steuerpersonen weniger als 3700 Franken netto (ohne 2. Säule). Der kantonale Median liegt bei ebenso erstaunlich tiefen 21 000 Franken.
Im nationalen Vergleich sehr tief
Auch in den «wohlhabenderen» Gemeinden liegt der Median verhältnismässig tief: Arboldswil, Hemmiken, Seltisberg und Wittinsburg mit Median-Reinvermögen von gegen 40 000 Franken sind weit entfernt vom angeblichen Schweizer Durchschnittsvermögen von mehr als einer halben Million (Quelle UBS) oder dem Median, der laut Bundesamt für Statistik je nach Alter zwischen 18 000 Franken (ab 20 Jahren) und 78 000 Franken mit 40 bis 162 000 Franken mit 62 liegt. Das Bundesamt für Statistik stützt seine Angaben übrigens auf Umfragen, nicht auf Steuerdaten.
Insgesamt ist es schwierig, vergleichbare Zahlen zu finden. Einen Median des steuerlich ausgewiesenen Reinvermögens aber weist zum Beispiel der Kanton Luzern für die Steuerperiode 2020 mit erstaunlichen 70 000 Franken aus. Wie können derart grosse Unterschiede entstehen? Zur Erinnerung: Wir sprechen hier nicht vom Durchschnitt, also dem auf alle Steuerpflichtigen verteilten Gesamtvermögen – sondern vom Median, dem «typischen» Mittelwert. Der Grund für die Baselbieter Papier-Armut könnte in einer Eigenheit des Baselbieter Steuerrechts liegen: Nirgends in der Schweiz werden nämlich Liegenschaften steuerlich tiefer bewertet als bei uns. Dass der Steuerwert einer Immobilie nicht viel mit dem Markt- oder Verkehrswert zu tun hat und meist weit darunter liegt, ist eine Binsenwahrheit.
Liegenschaftswert mal 3,85
Wie tief – dabei gibt es aufgrund der Bemessungsmethode von Kanton zu Kanton enorme Unterschiede. Sie sind so gross, dass für interkantonale Steuerausscheidungen eigens ein Faktor bestimmt wird, mit dem Immobilien-Steuerwerte mutlipliziert werden müssen, um einen eidgenössisch vergleichbaren Wert zu erhalten. Dieser sogenannte «Repartitionswert» wird in Prozenten des jeweiligen kantonalen Steuerwerts ausgedrückt, und eine Tabelle zeigt, was wo zu berechnen ist.
Während also die Immobilienwerte in St. Gallen und Appenzell-Ausserrhoden exakt mit dem Bundeswert übereinstimmen (100 Prozent), liegt der Repartitionswert im Kanton Glarus bei 115 Prozent, im Aargau bei 130 Prozent und in Basel-Stadt bei 140 Prozent. Um den Steuerwert eines Basler Hauses mit einem in St. Gallen vergleichen zu können, muss man ihn mit 1,4 multiplizieren. Und hier liegt das Geheimnis. Denn der Repartitionswert für den Kanton Baselland liegt bei sagenhaften 385 Prozent.
Anders gesagt: Baselbieter Immobilien sind beinahe vierfach unterbewertet. Nur Solothurn mit einem Wert von 335 Prozent kommt in die Nähe – alle anderen Kantone liegen – grösstenteils deutlich – unter 200 Prozent.
