«Starke Schule» contre Frühfranzösisch
16.10.2025 BaselbietZwei Volksinitiativen im Bildungsbereich mit Erfolgsaussichten
Der bildungspolitisch mächtige Verein Starke Schule beider Basel will im Baselbiet per Volksinitiative Französisch aus der Primarschule verbannen und Englisch vorziehen. Zudem will der Verein digitale Geräte vor ...
Zwei Volksinitiativen im Bildungsbereich mit Erfolgsaussichten
Der bildungspolitisch mächtige Verein Starke Schule beider Basel will im Baselbiet per Volksinitiative Französisch aus der Primarschule verbannen und Englisch vorziehen. Zudem will der Verein digitale Geräte vor der 5. Primarklasse verbieten.
Tobias Gfeller
Während der Amtszeit von Bildungsdirektorin Monica Gschwind wurde es ruhiger um die «Starke Schule beider Basel». Zuvor prägte der Verein mit Volksinitiativen die Baselbieter Bildungspolitik aktiv mit und trieb sie teilweise vor sich her. Zum Ende der Amtszeit von Gschwind greift der Verein um den ehemaligen Birsfelder Landrat und Lehrer Jürg Wiedemann wieder aktiv ins Geschehen ein. Per Volksinitiative will er Frühfranzösisch aus der Primarschule verbannen.
In Zukunft soll auf Primarstufe – frühestens ab der fünften Klasse – nur noch Englisch als Fremdsprache unterrichtet werden. Französisch soll erst auf Sekundarstufe, das heisst ab der siebten Klasse, zum Lehrplan gehören. Da das Begehren dringlich sei, konnte man den Abgang von Gschwind nicht abwarten, gab Anahi Sidler vom Sekretariat des Vereins an einer Medienkonferenz in Birsfelden zu bedenken.
Mit der Volksinitiative gegen Frühfranzösisch folgt die Starke Schule beider Basel Begehren in mehreren anderen Kantonen, in denen ein Verbot auf den Weg gebracht werden soll oder bereits in den Parlamenten beschlossen wurde. Durch die Präsenz der englischen Sprache im Alltag der Primarschulkinder könne beim Englisch eher auf Grundkenntnissen aufgebaut werden, wodurch bei den Kindern mehr Motivation vorhanden sei, erklärt Anahi Sidler. «Französisch ist eine komplexe Sprache und ist schwieriger zu lernen als Englisch und löst dadurch oft Frust und Demotivation aus.» Primarschulkinder seien zu jung, um das systematische Lernen, das es für Französisch brauche, zu beherrschen, glaubt Sidler.
Mit dem Verzicht auf eine zweite Fremdsprache würden Deutsch und Mathematik als Kernfächer gestärkt, was aufgrund des Leistungsabfalls nötig sei, betont Anahi Sidler. Die Sekretariatsmitarbeiterin der Starken Schule beider Basel ist überzeugt, dass bei dieser Aufteilung Englisch und Französisch zum Ende der Sekundarstufe besser beherrscht würden. «Wir wollen Französisch nicht schwächen, im Gegenteil, wir wollen es stärken», bekräftigte Vereinsgründer Jürg Wiedemann.
Nicht noch mehr Bildschirmzeit
Mit der zweiten Volksinitiative will die Starke Schule beider Basel digitale Geräte bis zur vierten Primarklasse verbieten. Ab der fünften Klasse soll es bei Bedarf je nach Unterrichtssequenzen klassenweise Sets an Tablets und Notebooks für Schulklassen geben.
Den Primarschulkindern sollen aber keine Geräte ausgehändigt werden. Gemäss Jürg Wiedemann will man damit verhindern, dass die schon so hohe Bildschirmzeit der Kinder durch die Schule zusätzlich verlängert wird.
Dass die in der Bildungspolitik viel gelobten skandinavischen Länder die Digitalisierung an den Schulen zuletzt stark zurückgefahren haben, müsse für die Schweiz ein Alarmzeichen sein, dass es mit einer extensiven Nutzung nicht gut komme, mahnt Wiedemann. «Die Primarschule sollte kein IT-Arbeitsplatz sein.»
Mit den beiden Initiativen trifft die Starke Schule beider Basel in der Bevölkerung einen Nerv. Dass die dafür nötigen 1500 Unterschriften zusammenkommen, ist unbestritten. In Basel-Stadt verzichtet der Verein auf die Begehren, da der Aufwand für die dort nötigen 5000 Unterschriften um ein Vielfaches grösser wäre und sich der Verein im Stadtkanton erst im Aufbau befinde, erklärte Wiedemann.
Pikant ist der Zeitpunkt der Initiativen. Der «Starke Schule»-Gründer will darin zwar keine Drohkulisse an die neue Vorsteherin oder den neuen Vorsteher der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) sehen, ein Signal sollte es aber schon sein. Sabine Bucher (GLP), Markus Eigenmann (FDP) und Caroline Mall (SVP) würden gemäss Wiedemann die Fremdsprachen-Initiative inhaltlich unterstützen.
Ob es am Ende wirklich zu einem Urnengang kommen wird, ist ungewiss. Gemäss den aktuellen politischen Diskussionen ist es möglich, dass bereits zuvor ähnlich lautende Vorstösse im Landrat eingereicht werden. Obwohl auch auf Bundesebene über Fremdsprachen auf Primarstufe diskutiert wird und ein Gesetz aus Bern bindend wäre, will die Starke Schule beider Basel aus dem Kanton Baselland heraus den Druck auf den Bund und die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren erhöhen.
Klar ist schon jetzt: Die Starke Schule beider Basel setzt ein Zeichen an die neue Baselbieter Bildungsdirektorin oder den neuen -direktor. Mit der Ruhe ist es endgültig vorbei.