Selbst gescannt, selbst schuld
29.07.2025 PersönlichEs war Samstagabend. Ich hatte zwar wenig Zeit, dafür einen klaren Plan und überschaubare Erwartungen: ein paar Einkäufe, schnell durch die Selbst-Scan-Kasse, fertig. Kein Smalltalk, keine Schlange, kein Problem. Dachte ich.
Ich scanne also meine Sachen: Zopf, ein paar ...
Es war Samstagabend. Ich hatte zwar wenig Zeit, dafür einen klaren Plan und überschaubare Erwartungen: ein paar Einkäufe, schnell durch die Selbst-Scan-Kasse, fertig. Kein Smalltalk, keine Schlange, kein Problem. Dachte ich.
Ich scanne also meine Sachen: Zopf, ein paar Äpfel und Milch – sogar die Supercard. Und dann: «Stichprobenartige Kontrolle – bitte wenden Sie sich an unser Personal.» Gut. Ich warte. Schliesslich kann so etwas ja passieren.
Nur: Niemand kommt. Kein Mitarbeiter, keine Kassiererin, nicht einmal jemand, der so tut, als wäre er auf dem Weg. Nach einer Weile huscht ein Verkäufer vorbei, tippt wortlos aufs Display – und verschwindet wieder. Die Kasse aber bleibt blockiert.
Die Minuten ziehen sich. Ich schaue mich um. Andere Kundinnen und Kunden stellen sich alle hinter die zweite Selbst-Scan-Kasse oder wechseln in die Schlange der bedienten Kasse. Ich bleibe stehen, es bleibt mir ja nichts anderes übrig.
Nach ein paar Minuten erbarmt sich die Kassiererin von der bedienten Kasse. Sie drückt irgendwo aufs Display – und plötzlich ist mein ganzer Einkauf gelöscht. Alles, was ich gescannt hatte, einfach weg. Na gut, denke ich. Dann eben noch einmal.
Ich scanne alles ein zweites Mal. Diesmal ohne Supercard. Vielleicht war die schuld? Als ich fertig bin: wieder Kontrolle. Wieder Warten. Wieder niemand.
Die Selbst-Scan-Kasse neben mir läuft währenddessen wie im Werbevideo. Glatt, schnell, problemlos. Ich fühle mich langsam wie in einer absurden Prüfung, bei der man immer wieder durchfällt, ohne zu wissen warum. Die Technik entscheidet über mein Schicksal – und ich stehe ratlos daneben.
Ich gebe nicht auf. Ich lasse «meine» Kasse blockiert und stelle mich in die Schlange der funktionierenden. Dritter Versuch. Ohne Karte. Ohne Hoffnung. Und – natürlich – ploppt wieder die Kontrolle auf. Diese Maschinen scheinen es auf mich abgesehen zu haben.
Mittlerweile sind alle Selbst-Scan-Kassen blockiert. Die Stimmung um mich herum kippt. Einige Kundinnen und Kunden tuscheln, andere schimpfen leise. Einige packen genervt alles wieder ein. Ich stehe da und frage mich: Sind diese Kassen wirklich «für mich und dich», wie es in der Werbung des Grossverteilers heisst? Resigniert packe ich alles zurück in meinen Korb und gehe zur bedienten Kasse. Die Verkäuferin schaut mich an wie jemanden, der gerade eine besonders schwere Runde im Leben hinter sich hat. Ich sage nichts. Ich zahle. Ich gehe.
Mein Fazit? Ich habe nichts gegen Technik. Aber Technik, die Menschen ersetzen will, sollte sich wenigstens benehmen, wenn sie schon nicht funktioniert. Oder wenigstens jemanden schicken, wenn sie uns hängen lässt. Bis dahin vertraue ich wieder dem Original: Der Mensch an der Kasse kann zwar keine Stichprobenmeldung wegklicken – aber immerhin schaut er einen an, wenn man wartet. Und das, finde ich, ist mehr wert als ohne Schlange und Smalltalk den Laden verlassen zu können.
Luana Güntert, Sportredaktorin «Volksstimme»