Schweizer Geschichte
28.08.2025 BRIEFEDer fünfte General
Wahrscheinlich wäre es verpönt, im Geschichtsunterricht einer Schweizer Schule die Frage zu stellen, wie viele Generäle unser Land schon hatte. Die Generäle Henri Guisan (2. Weltkrieg) und Ulrich Wille (1. Weltkrieg) ...
Der fünfte General
Wahrscheinlich wäre es verpönt, im Geschichtsunterricht einer Schweizer Schule die Frage zu stellen, wie viele Generäle unser Land schon hatte. Die Generäle Henri Guisan (2. Weltkrieg) und Ulrich Wille (1. Weltkrieg) dürften noch bekannt sein. Auch ein dritter geht kaum vergessen, trägt doch der höchste Schweizer Alpengipfel seinen Namen: General Guillaume Henri Dufour (1787 bis 1875). Er war der Be- fehlshaber der Schweizer Truppen im Sonderbundskrieg (3. bis 29. November 1847). Auf der Seite des Sonderbunds, der aus den Kantonen LU, UR, SZ, OW, NW, ZG, FR und VS bestand, befehligte General Johann Ulrich von Salis-Soglio (1790 bis 1874) die Truppen. Und wer befehligte die Schweizer Truppen im Grenzschutz während des Deutsch-französischen Krieges 1870/71? Es war General Hans Herzog (1819 bis 1894), der massgeblich an der Internierung der französischen Bourbaki-Armee beteiligt war.
Der fünfte, besser gesagt der erste Schweizer General war Niklaus Franz von Bachmann (1740 bis 1831). Anlass zu dieser Wahl im März 1815 gab der Ausbruch Napoleons aus dem Exil auf der Insel Elba, um erneut Truppen um sich zu sammeln und die Macht zurückzugewinnen. Die Tagsatzung bot hierauf Truppen zum Grenzschutz auf und ernannte Bachmann am 26. März 1815 zum Obergeneral. Denn man wusste nicht, wo Napoleon zur Offensive übergehen würde. Das konnte auch in Richtung Schweiz geschehen, nachdem die Festung Hüningen vor den Toren Basels wieder die Trikolore zeigte. Nach Napoleons Niederlage bei Waterloo rückten Schweizer Truppen sogar in Frankreich ein. Im Tagesbefehl vom 5. Juli 1815 schrieb Obergeneral Bachmann: «Die Schweizer Truppen sind (…) in das französische Gebiet eingerückt; sie haben die schöne Bestimmung, auf fremdem Boden ihr eigenes Land zu verteidigen und friedliche Bewohner, mit denen sie in althergebrachten freundlichen Verhältnissen stehen, zu schützen … Soldaten! Ich bin zufrieden mit Eurer Haltung und Eurer Bereitwilligkeit.»
Es wurde allerdings kein rühmlicher Feldzug. Napoleon befand sich bereits in englischer Gefangenschaft. Die marodierenden napoleonischen Truppen, die Schweizer Grenzdörfer im Jura belästigt hatten, waren in voller Auflösung. Einzelne Truppen begannen, dem General Befehle zu verweigern; sie wollten heim, um zu heuen (sic!). So war der eidgenössische «Eselsritt» sinnlos und überdies ein eklatanter Neutralitätsbruch. Am 26. Juli 1815 legte Bachmann den Oberbefehl nieder, in die Liste der schweizerischen Generäle wurde er nicht aufgenommen.
Literatur: Markus Kutter: Die Schweiz von vorgestern, 1997.
Josua Oehler, Arboldswil