Schüler- und Behindertentransport unter Druck
30.01.2025 Bezirk Liestal, Auto, Region, BaselbietDas Unternehmen Hofmeier AG reicht Petition ein – heute befasst sich der Landrat damit
Die Hofmeier AG Autobetriebe kämpft mit Personalmangel, weil die Zusatzprüfung für Spezialtransporte viele Bewerber abschreckt. Eine Petition an den Landrat fordert eine ...
Das Unternehmen Hofmeier AG reicht Petition ein – heute befasst sich der Landrat damit
Die Hofmeier AG Autobetriebe kämpft mit Personalmangel, weil die Zusatzprüfung für Spezialtransporte viele Bewerber abschreckt. Eine Petition an den Landrat fordert eine Übergangslösung, doch die Behörden sehen wenig Spielraum.
Sander van Riemsdijk
Wer berufsmässig mit Fahrzeugen der Kategorie B Schülerinnen und Schüler oder Menschen mit einer Beeinträchtigung transportiert, benötigt dafür eine Bewilligung. Die Erteilung einer solchen Zulassung hängt unter anderem davon ab, dass an einer praktischen Fahrprüfung nachgewiesen wird, Personen auch in schwierigen Verkehrssituationen ohne Gefährdung transportieren zu können. Mit dem sogenannten Code 122 im Führerausweis ist man befugt, solche gewerbsmässigen Transporte zu unternehmen.
Die Hofmeier AG Autobetriebe mit Sitz in Liestal deckt zusammen mit der Firma Kleinrath AG, ebenfalls aus Liestal, im Kanton die Beförderung von mindestens 95 Prozent aller Sonderschülerinnen und Sonderschüler ab, und dies seit 1962. Zunehmend erschwerend für einen regelmässigen und zuverlässigen Transportbetrieb ist die Tatsache, dass das Unternehmen seit längerer Zeit Probleme bekundet, Fahrpersonal zu rekrutieren.
Andy Buess, Geschäftsleiter und Verwaltungsratsmitglied der Hofmeier AG, führt dies auf die erforderliche zusätzliche Fahreignungsprüfung zurück. «Es finden sich grundsätzlich genügend Interessenten für Transportfahrten, es scheitert jedoch häufig am zusätzlichen Aufwand für die praktische Führereignungsprüfung», sagt Buess.
Der Chef springt ein
Das Unternehmen sieht die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe, sämtliche Schülerinnen und Schüler mit den Transporten der ihnen zustehenden Bildung zuzuführen, als erheblich gefährdet an. «Durch das fehlende Fahrpersonal und bei gleichzeitig steigender Nachfrage nach innerkantonalen Spezialtransporten wird es jährlich zunehmend schwieriger, sämtliche Aufträge abzudecken und dem Leistungsanspruch gerecht zu werden», sagt Buess. Bei plötzlich auftretenden Engpässen springen sogar der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung gelegentlich ein, damit der Transport weiterhin pünktlich und sicher erfolgen kann. «Der Druck auf das Personal steigt und hat damit eine verstärkte Fluktuation zur Folge.»
Beim Transportunternehmen Kleinrath AG in Liestal mit dem gleichen Auftrag wie die Hofmeier AG tönt es auf Anfrage ähnlich. «Wir haben zwar auch Mühe, genügend Fahrpersonal zu finden, kommen aber über die Runden», sagt Geschäftsleiter Karl Kleinrath. Er macht die Erfahrung, dass von den Bewerberinnen und Bewerber etwa die Hälfte von der Zusatzprüfung abgeschreckt wird und sich zurückzieht. «Es hilft enorm, dass wir auf unseren Bussen Werbung für Fahrerinnen und Fahrer machen», erläutert Kleinrath seine Rekrutierungsstrategie.
Auch er würde einen Personentransport ohne Zusatzprüfung begrüssen und kann die Petition, welche die Hofmeier AG dem Landrat überreicht hat, voll unterstützen.
Warten auf Bundesregelung
Beim Strassenverkehrsrecht handelt es sich zwar um Bundesrecht. Aufgrund fehlender Perspektive auf Besserung der Personalsituation wandten sich Andy Buess zusammen mit Verwaltungsratspräsident Paul Hofmeier am 16. September 2024 trotzdem mit einer Petition an den Landrat. In diesem Schreiben plädiert das Unternehmen für den Lösungsvorschlag, die Transporte während einer Übergangsfrist auch mit dem ordentlichen Führerausweis B durchführen zu dürfen. Schon vor einiger Zeit wurde ein ähnliches Anliegen nach einem schweizweit hindernisfreien Personenverkehr auf Bundesebene mit drei Motionen lanciert.
Bis diese Gesetzesänderung aber allenfalls umgesetzt ist, kann es noch eine Weile dauern. So lange kann Buess nicht warten, denn der Druck auf sein Unternehmen wird nicht kleiner, wie er ausführt. In der Annahme, dass die Motionen auf Bundesebene angenommen werden, bittet er mit seiner Petition den Landrat um eine kantonale Bewilligung, die Transporte vorübergehend mit dem ordentlichen Führerausweis ausführen zu dürfen. Buess hofft, dass der Landrat wegen der Dringlichkeit des Personmangels einen Vorstoss beim Bund initiiert, um die Gesetzesänderung voranzutreiben.
Seitens der Baselbieter Sicherheitsdirektion heisst es, dass die Kantone keine Möglichkeit haben, abweichende Bestimmungen zu erlassen. Auch weitere Ausnahmeregelungen
– auf eine zusätzliche Theorieprüfung wird bereits verzichtet – könnten nicht geschaffen werden. Die Direktion anerkennt zwar den Nutzen der Fahrten, jedoch dürfe trotz der Rekrutierungsschwierigkeiten die Sicherheit der Fahrgäste nicht hintenangestellt werden.
In ihrer Antwort auf die Petition der Hofmeier AG beantragen die Mitglieder der Petitionskommission dem Landrat, diese als Postulat an den Regierungsrat zu überweisen. Dieser müsste das Anliegen dann prüfen. Die Rekrutierung von Fahrpersonal bleibt für das Unternehmen Hofmeier AG wohl bis auf Weiteres eine grosse Herausforderung.
Jeden Tag sind 61 Fahrer unterwegs
svr. Bei der Hofmeier AG übernehmen zum grössten Teil zwei Personengruppen mit einem Jahresdurchschnittspensum von jeweils 30 bis 35 Prozent die Fahrten: teilzeiterwerbstätige Frauen mit Familienverpflichtungen sowie zahlreiche Rentnerinnen und Rentner.
Pro Schultag benötigt das Unternehmen mit seinen 70 Transportfahrzeugen rund 61 Fahrerinnen und Fahrer, um den Schulbesuch von aktuell rund 411 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Baselbiet in der jetzigen Form gewährleisten zu können.