Schlötterlig aahänke
28.08.2025 PersönlichIn mynen Oore cha au so richtig gottsleschterligs Fluechen und Schimpfe tööne wie Poesie. Aber chönne muess mes! Das bruucht denn aso scho Schlagfertigkeit, en unerschöpfligs Vokabular an Chraftwörter plus e lupereini Grammatik. Die Kunscht bewunderi z tiefscht!
...In mynen Oore cha au so richtig gottsleschterligs Fluechen und Schimpfe tööne wie Poesie. Aber chönne muess mes! Das bruucht denn aso scho Schlagfertigkeit, en unerschöpfligs Vokabular an Chraftwörter plus e lupereini Grammatik. Die Kunscht bewunderi z tiefscht!
Wie bim alte Roth vo Reigetschwil. Wo my dä nämmlig as Bueb emol uf sym Baum bim Chirsichlaue verwütscht, loot er drunder us em Stand e sone Kanonade vo Schlötterlig uf mi ab, as schiess er us allne Rohr mit grobchörnigem Schroot:
«Du liederlig himmeltruurig verluederete Hueresäufotzelcheib, miserabels Säugschgwüür, dräckseländs abverreckts!»
Und wil är in sym Alter mi nümm vom Baum cha holen und I us Angscht natürlig lieber doobe blyb, wiiderholt er in der Wuet syni Tirade in alle mööglige Variatione, es isch der reinschti Gnuss. Mit der Zyt het er aber Schuum vor em Muul und muess hei, go der Durscht lösche, und I cha hindenummen über Garteheeg flüchte. Aber syni Flüech blyybe mer in Erinnerig und I halt sen in Eere, wie ne sproochligs Vermächtnis. Das chan I au, sääg I mer immer, und sett I au emol eim müesse Schlötterlig aahänke, denn schwätz I genau so wie der alti Roth, dasch doch kei Poschte!
Jetz chunnt letschti die Glägeheit, am ne heisse Tag im Juli zwüsche Tänniken und Diegte, wo sii grad d Strooss flicke. I bi im Auti uf em Heiwäg, do stoot e Vercheersdienschtler vom Kanton und kommandiert uf einer Spur der Vercheer taluuf und talab. Dä isch e klassischs Byyspyl: Gib eim e Funkgräätli, e Chelle und e bitz Wyysigsbefuegnis uf zweihundert Meter Stroos, scho stygt em d Macht in Chopf, ass er meint, är syg e chleine König! Genau so ein isch das. Dä vor mir loot er no aastandslos duure, aber bi mir fuchtlet er wie wild mit der Chelle. Folgsam gang I uf d Bräms, aber jetz fuchtlet dä numme no hässiger. Allem Aaschyyn a han I irgendöbbis lätz gmacht. I wüsst numme nit was und lo s Fänschter aabe, zum mi z erkundige. Und scho schreit dä my aa: «Gib ändlig Gas, du verblöödeten, alte Trottel!»
Dasch my langesehnts Stichwort! I han e mächtige Adrenalinstoss, hol tief Luft und will aasetze zum gloriose Schlötterlig vom alte Roth, aber zu mym Eeländ chunnt mer jetz im entscheidende Momänt dä Satz vom Huerefotzelcheib stressbedingt eifach nit in Sinn. I ring um Wort, aber alles, won I uusebring, isch nummen e jämmerligs: «Sii, aber aso Entschuldigung, gällesii»! Und denn hindedry non e gänzlig fantasieloses: «Halt doch d Schnuure, du dumme Siech!» und no fahr I eifach wyter. Joo, s Ganz isch jo au keini fümf Sekunde gange.
Dehei bruuch I e Schnaps und schäm mi, jawoll, ass mi überhaupt ha lo provoziere vom nen überhitzte Vercheersdienschtler. Und zweitens, wäg myner arrogante, überheeblige Sälbschtüberschetzig. Wil I mer tief do inne nämmlig fruschtiert muess yygstoo: Nei Bürschtli, im alte Roth vo Reigetschwil chasch denn aso im Fall nie im Lääbe je s Wasser länge!
Florian Schneider wurde 1959 geboren und stammt aus Reigoldswil. Er ist Sänger, Schauspieler und Liederschreiber und lebt mit Tochter Mina in Eptingen.