Schienen in die Vororte
21.06.2024 BaselbietOberwil | Rückblick auf 50 Jahre Baselland Transport AG
Die Baselland Transport AG feiert dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Aus bescheidenen Anfängen als Vorortsbahn hat sie sich zu einem modernen Verkehrsunternehmen entwickelt, das täglich ...
Oberwil | Rückblick auf 50 Jahre Baselland Transport AG
Die Baselland Transport AG feiert dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Aus bescheidenen Anfängen als Vorortsbahn hat sie sich zu einem modernen Verkehrsunternehmen entwickelt, das täglich Tausende Passagiere befördert.
Lorenz Degen
Aus vier mach eins: So könnte man die Entstehung der Baselland Transport AG (BLT) kurz zusammenfassen. Denn im Dezember 1974 schlossen sich vier selbstständige Bahnbetriebe rückwirkend auf den 1. Januar 1974 zu einem neuen Unternehmen zusammen. Die vier Vorortsbahnen verbanden bei ihrer Gründung die Dörfer vor der Stadt Basel, heute sind sie die Lebensadern der Grossagglomeration. Betrachten wir die einzelnen Gesellschaften etwas genauer.
Die Birsigtalbahn
Die älteste Strecke der heutigen BLT liegt im Leimental. Basel–Therwil wurde 1887 nach nur zweimonatiger Bauzeit eröffnet! Bereits ein Jahr später führten die Gleise bis Flüh, 1910 erreichte der erste Zug das solothurnische Rodersdorf. Dort endet die Strecke noch heute. Pläne für eine Verlängerung ins damals deutsche Elsass, nach Pfirt/Ferrette und sogar nach Bonfol in der Ajoie wurden durch den Ersten Weltkrieg zunichtegemacht.
Anfänglich verkehrten Dampflokomotiven, im Volksmund «Glettyseli» genannt, doch bereits 1905 wurde der elektrische Betrieb eingeführt. Die Fahrzeuge der Birsigtalbahn (BTB) waren als Überlandbahn für den Zweirichtungsverkehr ausgelegt und führten auch eine 1. Wagenklasse. Das Depot und die Betriebszentrale befanden sich im Bahnhof Oberwil. Die beiden Weltkriege führten zu zeitweiligen Unterbrüchen des oberen Streckenabschnitts von Flüh über das deutschfranzösische Leimen/Leymen nach Rodersdorf. Die BTB war in erster Linie eine Pendlerbahn aus dem Leimental nach Basel, der Güterverkehr spielte nie eine grosse Rolle.
Ab 1974 erhielt die BTB die Liniennummer 17. Anfang der 1980er-Jahre begann der grosse Umbruch: Zwischen 1982 und 1984 wurden mehrere Streckenabschnitte auf Doppelspur ausgebaut und die gesamte Strecke für den Trambetrieb vorbereitet. Dazu wurden Wendeschleifen angelegt, das Lichtraumprofil verkleinert und die Fahrspannung von 940 auf 600 Volt Gleichstrom umgestellt, um im Basler Stadtnetz fahren zu können. Neue gelb-rote Tramzüge von Schindler in Pratteln lösten die blau-weissen Überlandbahnkompositionen ab. Ab 1986 wurde die Linie 10 von Dornach zum Aeschenplatz über die Heuwaage nach Rodersdorf durchgebunden, die Linie 17 wurde zur neuen Einsatzlinie bis Schifflände und Wiesenplatz.
Die Birseckbahn
Obwohl im Birstal eine Bahnlinie Richtung Delsberg bestand, wurden Pläne für eine bessere Erschliessung der Gemeinden ausgearbeitet. Die Birseckbahn als Tramlinie von Basel über die Neue Welt, Münchenstein und Arlesheim nach Dornach wurde im Jahr 1902 eröffnet, von Anfang an mit elektrischem Betrieb. Bis 1916 wurde die Strecke von den Basler Strassenbahnen (heute BVB) betrieben, danach übernahm die Birseckbahn (BEB) den Betrieb. Das Depot und die Verwaltung befanden sich in Arlesheim.
Ende der 1950er-Jahre wurde die Umstellung auf Autobus ernsthaft erwogen, konnte aber abgewendet werden. Neues Rollmaterial wurde 1970 bestellt, in hellem Gelb «nach dem Vorbild der Schaffhauser Busse», wie Tramkenner Dominik Madörin den Farbton beschreibt. 1974 erhielt die BEB die Liniennummer 10.
Die Trambahn Basel-Aesch
1907 wurde die Strecke als Abzweiger der Birseckbahn vom Ruchfeld über Reinach nach Aesch eröffnet. Auch hier übernahmen zunächst die Basler Strassenbahnen den Betrieb, bis 1974 die BLT die Regie übernahm. Sitz der Trambahn Basel-Aesch (TBA) war Reinach. Die TBA hatte nie eine eigene Werkstätte, keine eigenen Züge und kein eigenes Personal. Die Linie erhielt bei der Gründung der BLT die Nummer 11.
Basellandschaftliche Überlandbahn
Die jüngste Bahn im Bunde funktionierte vom Prinzip her ähnlich wie die TBA. Auch die 1920 gegründete BUeB hatte weder Personal noch Rollmaterial, sondern war eine reine Verwaltungsgesellschaft. Wären die ursprünglichen Pläne der Basellandschaftlichen Überlandbahn (BUeB) vollständig umgesetzt worden, würde heute ein Tram von Pratteln bis Liestal und vielleicht sogar bis Reigoldswil und Rothenfluh fahren. Doch dazu kam es nie, obwohl hinter der heutigen Wendeschlaufe in Pratteln bis zur Jahrtausendwende Land für eine Verlängerung Richtung Hülftenschanze freigehalten wurde. Von privater Seite gab es um die Jahrhundertwende verschiedene Projekte für einen Anschluss von Muttenz und Pratteln an das Basler Tramnetz. Der Basler Regierungsrat übernahm die Federführung und erhielt 1914 die Konzession. Nach dem Ersten Weltkrieg begannen die Bauarbeiten: 1921 wurde Muttenz erreicht, 1922 Pratteln. 1937 wurde die ursprüngliche Idee, das Tram nach Liestal zu verlängern, fallen gelassen.
Verändertes Umfeld
Rückblickend auf die rund 100 Jahre seit der Gründung hat sich das Unterbaselbiet stark verändert. Aber auch in den vergangenen 50 Jahren seit der Gründung der BLT ist die Bevölkerungszahl stark gewachsen und der Verkehr hat stetig zugenommen.
Auch die Reisegewohnheiten haben sich verändert: Pendlerinnen und Pendler sind heute nicht nur zu den Spitzenzeiten am Morgen und am Abend unterwegs, sondern den ganzen Tag über, Schülerinnen und Schüler, Familien mit Kindern und Senioren sind stark vertreten. Geblieben sind zwei Gleise, die die Menschen in unserer Region miteinander verbinden. Heute ist die BLT grösser als vor 50 Jahren: Die Automobilgesellschaft Sissach-Eptingen und die Waldenburgerbahn wurden übernommen und in den Betrieb integriert. Die BLT beschäftigt rund 550 Mitarbeitende. 43 Prozent der Aktien gehören dem Kanton Baselland, 23 Prozent den Baselbieter Gemeinden und 16 Prozent dem Bund. Nur 0,3 Prozent der BLT-Aktien sind in privater Hand, rund 9 Prozent hält der Kanton Solothurn, 7 Prozent der Kanton Basel-Stadt.
Remise Rodersdorf und «Nosti-Trams
ld. Die Erinnerung an die Vorgängerbahnen der BLT wird auf zwei Arten gepflegt: Privat und durch das Unternehmen. In der Remise Rodersdorf betreibt der Verein Pro Birsigthalbahn ein Museum mit aus dem Ausland und der Westschweiz zurückgeholten Fahrzeugen der BTB. Jeden letzten Samstag im Monat ist die Remise für die Öffentlichkeit zugänglich.
Die BLT verfügt ihrerseits über zwei Tramtriebwagen mit Beiwagen der ehemaligen Birseckbahn. Diese «Nosti» (für Nostalgie) genannten Fahrzeuge verkehren auf Bestellung auf der Linie Dornach–Rodersdorf und sind auch auf den meisten städtischen Linien zugelassen. Fahrten ins Ausland nach Weil und St-Louis sind jedoch nicht erlaubt. Der kleine Triebwagen Nummer 4 von 1902 bietet 24 Sitzplätze, der grosse Triebwagen Nummer 12 von 1916 hat 32 Sitzplätze. Hinzu kommen ein geschlossener Beiwagen Nummer 27 von 1916 mit 26 Sitzplätzen und ein offener Sommerwagen Nummer 41 mit 26 Sitzplätzen.