Rettung für prägende Bauten
18.10.2024 BaselbietDie Stiftung für Baukultur und Denkmalpflege Baselland fällt mit neuartigen Ansätzen auf
Sie will bauliche «Perlen» im Baselbiet, die nicht unter Denkmalschutz stehen, vor dem Abriss bewahren. Um dieses Ziel zu erreichen, operiert die Stiftung für Baukultur ...
Die Stiftung für Baukultur und Denkmalpflege Baselland fällt mit neuartigen Ansätzen auf
Sie will bauliche «Perlen» im Baselbiet, die nicht unter Denkmalschutz stehen, vor dem Abriss bewahren. Um dieses Ziel zu erreichen, operiert die Stiftung für Baukultur und Denkmalpflege mit zwei Instrumenten: Entweder sie kauft die betroffenen Gebäude oder sie lässt sie sich schenken.
Andreas Hirsbrunner
Die Zahl der Organisationen, die sich im Baselbiet um schützenswerte Bauten kümmern, ist gross und in jüngster Vergangenheit noch um einen Player gewachsen. Allen voran gibt es die kantonale Denkmalpflege, die für geschützte Bauten zuständig ist. Daneben gibt es die Denkmalund Heimatschutzkommission Baselland, die den Kanton und die Gemeinden bei denkmalrelevanten Fragen berät. Auf privater Ebene gibt es den Baselbieter Heimatschutz, der sich gemäss seiner Eigendeklaration für eine gute Baukultur im Kanton einsetzt. Und seit ein paar Monaten gibt es zusätzlich noch die Stiftung für Baukultur und Denkmalpflege Baselland.
Besteht denn bei so vielen Akteuren überhaupt noch eine Lücke, welche die neue Stiftung abdecken kann? «Ja», sagt die Stiftungsratspräsidentin und Architektin Sibylle Hartmann: «Wir kümmern uns um die «Perlen» im Kanton, die nicht geschützt sind, aber aus unserer Sicht wertvolle Baukultur darstellen und den Charakter von Dörfern oder städtischen Quartieren prägen.» Solche «Perlen» will die Stiftung käuflich erwerben, sofern sie vom Abbruch bedroht sind und es für die Stiftung finanziell stemmbar ist. Oder sie will sie sich schenken lassen von Personen, denen der langfristige Erhalt ihres Anwesens ein Anliegen ist. «Mit dieser Ausrichtung sind wir einzigartig im Kanton», sagt Hartmann.
Grosses Netz an Informanten nötig
Zur Stiftungsgründung haben sich im Frühling 2023 vier Frauen und drei Männer aus verschiedenen Fachrichtungen gefunden. Unter ihnen der mittlerweile pensionierte Denkmalpfleger Walter Niederberger, der Architekt und Heimatschutz-Präsident Ruedi Riesen, der Anwalt und ehemalige Zunzger Gemeindepräsident Michael Kunz und die Kunsthistorikerin und bekannte Gutachterin Doris Huggel. Bis jetzt hätten sie vor allem Aufbauarbeit geleistet, sagt Hartmann. Und das rein ehrenamtlich. Mitte September sei die Stiftung mit einem Informationsanlass erstmals an die Öffentlichkeit getreten. Dies im «Guggenheim» in Liestal vor geladenem Publikum, bestehend aus Politikern, Gemeindevertreterinnen, Immobilienfirmen und Privatpersonen. Dazu Hartmann: «Das Feedback war positiv. Wir stehen am Anfang und brauchen möglichst viele verschiedene Kreise im Boot.»
Denn die Stiftung sei neben Sponsoren auch auf ein Netz von Informanten angewiesen, um rechtzeitig davon zu erfahren, wenn irgendwo eine baukulturell wertvolle Baute «abgefetzt» – sprich abgerissen – werden soll. Denn das Ziel sei, vor Einreichung eines Baugesuchs mit den Besitzern ins Gespräch zu kommen und wenn immer möglich mittels Beratung zu erreichen, dass ein erhaltenswerter Bau erweitert oder umgebaut anstatt abgerissen werde. Und Hartmann betont: «Uns ist es wichtig, das Potenzial der Häuser zu nutzen, gleichzeitig aber den Charakter zu erhalten.»
Gegenwärtig steht das letzte Bauernhaus im Dorfkern von Pfeffingen im Fokus der Stiftung für Baukultur und Denkmalpflege Baselland. Dem 250 Jahre alten Gebäude drohe der Ersatz durch ein Mehrfamilienhaus; es hätten erste Gespräche mit den Besitzern stattgefunden. «Wir müssen die Bevölkerung sensibilisieren, sei es am Stammtisch oder mittels Flyer», sagt Hartmann. Denn die Stiftung brauche Geldgeber, um allenfalls das Haus kaufen zu können. Das Stiftungskapital reiche dafür noch nicht aus. Das Anfangskapital der Stiftung betrug 100 000 Franken und erhöht sich laufend durch Spenden und Zuwendungen.
Daneben ist die Stiftung mit mehreren Hausbesitzern im Gespräch, die ihr Heim der Stiftung vermachen wollen. Eine solche Hausübergabe sei ein längerer Prozess, bei dem etliche rechtliche Fragen wie etwa das lebenslange Wohnrecht geklärt werden müssten. Im Moment habe die Stiftung aber noch keines dieser Gebäude zu 100 Prozent in ihrem Portfolio. Und Hartmann ergänzt: «Wir haben auch schon ausserkantonale Anfragen erhalten, aber abgesagt. Wir wollen uns aufs Baselbiet konzentrieren.»
Wieso werden denn schützenswerte Gebäude nicht unter kantonalen Schutz gestellt und somit einem möglichen Abriss entzogen? Hartmann seufzt: «Gemäss Denkmal- und Heimatschutzgesetz können Gebäude nur unter Denkmalschutz gestellt werden, wenn die Eigentümer einverstanden sind. Viele willigen aber aus Angst, ihr Haus sei dadurch nicht mehr verkäuflich, nicht ein.» Diese Angst sei aber unbegründet, das könne sie aus eigener Erfahrung als Architektin sagen. Solange die Angst aber noch zirkuliert und die Denkmalpflege zudem personell gar nicht in der Lage ist, baukulturell wertvolle Gebäude in grösserer Zahl unter Schutz zu stellen, dürfte es der neuen Stiftung nicht an Arbeit mangeln.