Regula Meschberger verlässt die grosse Bühne
31.12.2024 BaselbietBirsfelden | Die Sozialdemokratin wird bis weit ins bürgerliche Lager geachtet
Regula Meschberger gibt mit dem Präsidium des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden ihr letztes Amt ab. Ganz aufhören mag die frühere SP-Landrätin und ...
Birsfelden | Die Sozialdemokratin wird bis weit ins bürgerliche Lager geachtet
Regula Meschberger gibt mit dem Präsidium des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden ihr letztes Amt ab. Ganz aufhören mag die frühere SP-Landrätin und Gemeinderätin aus Birsfelden aber nicht.
Thomas Gubler
Die Meschbergers sind eine politische Familie. Vater Peter war Landrat und Gemeindepräsident von Birsfelden, Tochter Pascale ist Landrätin und Liestaler Stadträtin. Doch unangefochten im Mittelpunkt stand in den letzten 25 Jahren Mutter Regula Meschberger. Die 72-Jährige hat die sozialdemokratische Politik im Kanton Baselland, überhaupt die Baselbieter Politik, während einer Generation geprägt wie kaum eine andere Frau.
Die Juristin war Landrätin, zweimal SP-Präsidentin, Birsfelder Gemeinderätin, Präsidentin des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) und Schulleiterin. Und Familienfrau mit vier Kindern. Nun will sie kürzer treten und gibt heute ihr letztes öffentliches Amt ab: das Präsidium des VBLG. Damit verlässt sie nach fast 50 Jahren die politische Bühne – zumindest die grosse. Es ist ein sanfter Rückzug, ein Abschied in Raten. Im Frühling ist Meschberger nach zwölf Jahren aus dem Birsfelder Gemeinderat zurückgetreten. Aus dem Landrat, dem sie 15 Jahre angehört hatte, schied sie schon 2018 aus.
Regula Meschberger, Tochter eines SBB-Lokführers und Gewerkschafters, wurde in Bellinzona geboren und wuchs in Münchenstein auf. Ihre politische Laufbahn begann in Birsfelden. «Ich habe in dieser Gemeinde fast alles gemacht», sagt sie und nimmt einen Schluck von ihrem Tee. Die «Volksstimme» trifft die langjährige Politikerin im Basler Hotel Victoria, wo sie von einem Gast gleich erkannt und spontan begrüsst wird.
Auch während ihres Jura-Studiums, das sie 1972 begonnen hatte, arbeitete Meschberger in Birsfelden. Dieses musste sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes dann aber unterbrechen und setzte es erst fort, als ihre vierte Tochter in die Schule kam. 1991 schloss sie mit dem Lizenziat ab. Dass sie während dieser Zeit auch noch zwei Stiefsöhne aus Peter Meschbergers erster Ehe mitbetreute, erwähnt sie nur nebenbei: «Ich hatte eben als junge Frau einen Mann und zwei kleine Buben geheiratet.»
Kompromiss statt Konsens
Im Gegensatz zum Studium liess Meschberger die Politik nie ruhen. In den 1980er-Jahren sass sie während vier Jahren im Baselbieter Verfassungsrat, der von René Rhinow präsidiert wurde. Das sei eine gute Zeit für sie gewesen, erzählt sie. «Ich habe damals den Kanton richtig kennengelernt.» Was ihr dann auch den Weg in die kantonale Politik ebnete.
2003 wurde Regula Meschberger in den Landrat gewählt und erlebte einen Kaltstart. Sie übernahm das Präsidium der damaligen Justiz- und Sicherheitskommission (Jusiko) und musste mit dem kantonalen Einführungsgesetz zur schweizerischen Strafprozessordnung gleich ein Mammut-Geschäft vorberaten.
Es war nicht der einzige «Brocken» in Meschbergers Landrats-Karriere. Als Präsidentin der Personalkommission beriet sie auch die Reform der kantonalen Pensionskasse – ein Jahrhundertprojekt. Ihre Voten als Kommissionspräsidentin waren derart sachlich und kompetent, dass man sie parteiübergreifend als «staatsmännisch» bezeichnete. Man schätzte und achtete Regula Meschberger über die Parteigrenze hinaus bis hin ins bürgerliche Lager – obschon sie ihre Haltung entschieden vertrat und man sie auch deshalb als Personifizierung der Baselbieter SP wahrnahm.
Ihre Beliebtheit dürfte wohl auch darauf zurückzuführen sein, dass sie zuhören konnte und lösungsorientiert politisierte. Als Regula Meschberger sich im Juni 2018 zum letzten Mal von ihrem Landrats-Sessel erhob, applaudierte der ganze Saal. Sie habe nicht den Konsens, sondern den Kompromiss gesucht, erklärt Meschberger ihre politische Handlungsmaxime.
Zweimal Parteipräsidentin
Politbeobachterinnen und -beobachter meinen, an Meschberger sei eine Regierungsrätin verloren gegangen. Tatsächlich hätte sie es beinahe geschafft. Im Jahr 2007 trat die SP mit einer Dreier-Kandidatur an: Regula Meschberger, Eric Nussbaumer und Urs Wüthrich. Doch trotz sehr guter Umfrageergebnisse im Vorfeld zog am Ende nur Wüthrich in die Kantonsexekutive ein. Was in Erinnerung blieb: Die Ex-Frau ihres Ehemanns hatte Meschberger damals öffentlich zur Wahl empfohlen. Natürlich sei sie enttäuscht über die verpasste Wahl gewesen, doch weit davon entfernt, politisch gebrochen zu sein. «Ich habe mich damals in der Partei hervorragend getragen gefühlt.»
Umgekehrt hat sie ihrer Partei auch viel gegeben. Zweimal war sie Präsidentin. Das erste Mal von 2005 bis 2008, und dann wieder von 2015 bis 2016. Als die SP 2015 überraschend aus der Baselbieter Regierung flog und kurzzeitig vor einem politischen Scherbenhaufen stand, sprang Meschberger ein. Zusammen mit dem damals erst 21-jährigen Adil Koller kriegte sie den Karren wieder flott. Vier Jahre später kehrte die Partei erholt mit Kathrin Schweizer in die Regierung zurück.
Im Herbst ihrer politischen Karriere erfolgte dann eine Art Rückbesinnung auf die Gemeinde. Von 2012 bis 2024 gehörte sie dem Gemeinderat Birsfelden an, und ab 2020 stand sie dem VBLG vor. Ihr Ehemann war vor 25 Jahren Gründungspräsident des Verbands und hat diesen zu einer schlagkräftigen Interessenorganisation der Baselbieter Gemeinden in einem doch sehr zentralistischen Kanton gemacht.
Meschberger war aber nicht nur als Politikerin erfolgreich. Sie hinterliess auch beruflich ihre Spuren. «Die Schule hat in meinem Leben immer eine grosse Rolle gespielt», sagt sie. Die Juristin, die nach ihrem Wiedereinstieg ins Studium nicht mehr Anwältin werden wollte, wirkte während mehr als 20 Jahren an verschiedenen Orten als Schulleiterin. Sie arbeitete in Birsfelden, in Muttenz und selbst an der Kreisschule Dorneckberg im solothurnischen Büren, die zwischenzeitlich als «Problemschule» galt. Vor drei Jahren gab sie die letzte Schulleitung ab.
Und nun soll also Schluss sein. Ganz aus der Öffentlichkeit zurückziehen wird sich Meschberger allerdings doch noch nicht. «Das eine oder andere werde ich sicher noch machen», meint sie schmunzelnd. So hat sie etwa das Präsidium der Birsfelder Museumskommission und das Co-Präsidium der Grauen Panther Baselland übernommen. Und weil ihr auch so noch freie Zeit bleibt, möchte sie Klavierspielen lernen.