Regierung will Tarife für Angehörige senken
23.10.2025 BaselbietWerden Kinder, die ihre Eltern pflegen, ausgenutzt?
Spitex-Organisationen erzielen zum Teil hohe Gewinne mit der Anstellung von pflegenden Angehörigen. Die Baselbieter Regierung möchte nun die Verordnung über die Finanzierung von Pflegeleistungen anpassen.
...Werden Kinder, die ihre Eltern pflegen, ausgenutzt?
Spitex-Organisationen erzielen zum Teil hohe Gewinne mit der Anstellung von pflegenden Angehörigen. Die Baselbieter Regierung möchte nun die Verordnung über die Finanzierung von Pflegeleistungen anpassen.
Tobias Gfeller
Seit einem Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts im Jahr 2006 können Angehörige von pflegebedürftigen Personen für die von ihnen geleistete Grundpflege entschädigt werden, wenn sie von einer Organisation
– zum Beispiel einer Spitex – angestellt sind. Die Praxis hat sich in den vergangenen Jahren etabliert und stetig ausgeweitet. Gemäss einem Schreiben des Bundesamts für Gesundheit (BAG) von vergangener Woche beschäftigen einzelne Organisationen fast ausschliesslich pflegende Angehörige. Gibt man bei «Google» entsprechende Stichworte ein, kommen an oberster Stelle bezahlte Beiträge und Verlinkungen zu entsprechenden Angeboten.
Diese Entwicklung stösst zunehmend auf Kritik. Moniert werden unter anderem die potenziell hohen Gewinne dieser Organisationen, welche die Krankenversicherung, die Kantone und die Gemeinden mit zusätzlichen Kosten belasten. Kritisiert wird auch, dass die pflegenden Angehörigen einen zu kleinen Anteil der Gelder erhalten. Den Grossteil streichen die Organisationen ein.
Bund zaudert, Baselbiet handelt
Der Bundesrat gab aufgrund der zunehmenden Kritik und mehrerer parlamentarischer Vorstösse ein Gutachten in Auftrag, um die Situation in der Branche zu analysieren. Geht es nach ihm, sollen weiterhin die Krankenkassen für die Leistungen der pflegenden Angehörigen aufkommen, sofern die im Krankenversicherungsgesetz (KVG) vorgesehenen Anforderungen an Wirtschaftlichkeit und Qualität erfüllt sind. Die Tatsache, dass solche Organisationen Gewinne erzielen, stehe grundsätzlich nicht im Widerspruch zum KVG, solange ihre Leistungen wirksam sind, wirtschaftlich und in der notwendigen Qualität erbracht werden, betonte die Landesregierung.
Bei der Pflegefinanzierung haben die Kantone die Möglichkeit, die Vergütung von Pflegeleistungen, die von Angehörigen erbracht werden, zu begrenzen, um ungerechtfertigt hohe Gewinne zu vermeiden und eine angemessene sowie wirtschaftliche Vergütung zu gewährleisten, die keine falschen Anreize schafft.
Die Baselbieter Regierung nimmt diese Möglichkeit auf und hat vorgestern die Anhörung zu einer Anpassung der Verordnung über die Finanzierung von Pflegeleistungen im Bereich der ambulanten Pflegekosten eröffnet. Zweck der Anhörung ist es, die finanzielle Grundlage für die ambulante Pflege neu zu gestalten, heisst es in einer Mitteilung der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion (VGD).
Für pflegende Angehörige, die bei einer Spitex-Organisation angestellt sind, sowie für hauseigene Spitex-Institutionen in der ambulanten Pflege soll per 1. Januar 2026 ein spezifischer Tarif eingeführt werden. Die Neuregelung soll gemäss VGD für betreute Personen zu einer Vereinheitlichung der Qualität der Leistungserbringung und für die Gemeinden zu einer verminderten finanziellen Belastung führen. Die Verordnung soll im Baselbiet per 1. Januar 2026 in Kraft treten.
