Potenzial älterer Stellensuchender erkennen
29.10.2024 BaselbietWertschätzung für die Mentoren des Programms «Tandem 50 plus»
Das Programm «Tandem 50 plus» unterstützt Stellensuchende ab 50 auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt. Bei einem Apéro nahmen die ehrenamtlich tätigen Mentoren und Mentorinnen ...
Wertschätzung für die Mentoren des Programms «Tandem 50 plus»
Das Programm «Tandem 50 plus» unterstützt Stellensuchende ab 50 auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt. Bei einem Apéro nahmen die ehrenamtlich tätigen Mentoren und Mentorinnen den Dank von Regierungsrat Thomi Jourdan entgegen.
Regula Vogt-Kohler
Wer mit 50 und mehr Jahren auf dem Buckel seine Stelle verliert, braucht länger als Jüngere, um einen neuen Job zu finden. Wie kann man ältere Stellensuchende vor Langzeitarbeitslosigkeit oder gar Herausfallen aus dem Arbeitsmarkt bewahren? Hier setzt das Programm «Tandem 50 plus» von Benevol Baselland und vom kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Kiga) an.
Die Dienstleistung richtet sich an arbeitslose Menschen ab 50 Jahren, die bei der Stellensuche die Unterstützung einer berufserfahrenen und in der Arbeitswelt gut verankerten Persönlichkeit in Anspruch nehmen möchten. Die ehrenamtlich tätigen Mentoren und Mentorinnen stellen ihre Zeit, ihr Wissen und ihr Kontaktnetz zur Verfügung. Der Pool, aus dem Programmleiter Claude Lachat schöpfen kann, umfasst gegen 100 Frauen und Männer. Die ehrenamtlich tätigen Mentoren und Mentorinnen wurden bei einem Apéro in der Villa Merian in der Brüglinger Ebene am vergangenen Donnerstag gewürdigt.
«Mehr als eine Beschreibung»
Die Mentoren und Mentorinnen ermöglichen «individuelle Erfolgsgeschichten», wie es Regierungsrat Thomi Jourdan, Vorsteher der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion des Kantons Baselland, formulierte: «Sie sind das Kapital von ‹Tandem 50 plus›, weil Sie das Potenzial der Stellensuchenden erkennen.» Der Erfolg des Engagements sei beeindruckend: Rund zwei Drittel der Unterstützten finden den Weg zurück in den Arbeitsmarkt.
«Wir leben in einer Zeit, in der Arbeit weit mehr als Sicherung der Existenz ist», hielt Jourdan fest. «Arbeit bestimmt, wie wir und andere uns wahrnehmen, wo wir in der sozialen Hierarchie stehen.» Auch unsere Identität sei eng mit der Arbeit verknüpft. «Arbeit ist immer mehr nicht nur eine Beschreibung dessen, was wir machen, sondern davon, was wir sind.» Dazu komme die soziale und gesellschaftliche Relevanz. Deshalb sei es so einschneidend, wenn man die Arbeit verliere.
«Tandem 50 plus» läuft im Baselbiet seit 2015. Claude Lachat, der auch Kolumnist der «Volksstimme» ist, leitet das Programm seit 2017. Der einmal jährlich stattfindende Apéro dient als Anlass der Wertschätzung für die zahlreichen Mentorinnen und Mentoren.
«Tandem 50 plus» – so funktioniert es
vr. Wer bei der Regionalen Arbeitsvermittlungsstelle (RAV) als arbeitslos gemeldet und arbeitsmarktfähig ist, kann sich bei «Tandem 50 plus» anmelden. Nach einem Aufnahmegespräch vermittelt «Tandem 50 plus» eine geeignete Persönlichkeit als Mentorin respektive Mentor. Das Tandem beginnt mit einem Matching-Gespräch, an dem auch der Programmleiter teilnimmt. Wichtigstes Kriterium sei, dass die Chemie im Tandem stimme, sagt Programmleiter Claude Lachat auf Anfrage. Zudem gehe es darum, Inhalt und Art der Zusammenarbeit festzulegen. Das Tandem ist in der Regel vier Monate lang unterwegs und wird mit einem Abschlussgespräch beendet.
Um welche Themen geht es bei der Unterstützung von älteren Stellensuchenden? Lachat nennt an erster Stelle «Flexibilität» und «Begeisterung, etwas Neues zu beginnen». Viele Menschen auf Stellensuche tun sich schwer damit, ihre gewohnte Zone zu verlassen. Nach Zürich pendeln – muss das sein? In fortgeschrittenem Alter umsatteln – geht das?
Es gebe Beispiele von Menschen, die nach langen Jahren in einer Branche in eine ganz andere Richtung gegangen seien, berichtet Lachat. Und ein längerer Arbeitsweg lohne sich, wenn man dadurch schneller wieder im Arbeitsleben Fuss fassen kann. Es gebe aber schon Betroffene mit hohen Ansprüchen. So habe er erlebt, dass selbst ein 20-minütiger Arbeitsweg als unzumutbar empfunden werde.
Es braucht also Motivation und Mut. Von zentraler Bedeutung ist aber auch Self-Marketing, die Fähigkeit, sich selber zu verkaufen. Das fällt besonders schwer, wenn das Selbstvertrauern nach dem Verlust der Stelle ohnehin angeknackt ist und sich die Absagen häufen. Die Hauptarbeit im Tandem bestehe darin, Selbstsicherheit aufzubauen, sagt Lachat. Stellensuchende müssen sich selbst und dann auch anderen klarmachen, was sie können. Wer sich letztmals vor etlichen Jahren beworben hat, muss lernen, auf welchen Kanälen man heutzutage potenzielle Arbeitgebende auf sich aufmerksam machen kann.