Postgasse-Mord beschäftigt Richter
31.05.2024 BaselbietStrafgericht verhandelt Tötungsdelikt in Sissach
Mord, versuchte Tötung und schwere Körperverletzung: Am Baselbieter Strafgericht werden im Juni drei Fälle schwerer Gewalt mit Bezug zum Oberbaselbiet verhandelt. Darunter ein Tötungsdelikt, das ein Iraner im ...
Strafgericht verhandelt Tötungsdelikt in Sissach
Mord, versuchte Tötung und schwere Körperverletzung: Am Baselbieter Strafgericht werden im Juni drei Fälle schwerer Gewalt mit Bezug zum Oberbaselbiet verhandelt. Darunter ein Tötungsdelikt, das ein Iraner im Januar 2023 in Sissach begangen haben soll.
Janis Erne
Im Juni werden am Baselbieter Strafgericht in Muttenz gleich zwei Delikte verhandelt, welche die lokale Öffentlichkeit beschäftigt haben: ein mutmasslicher* Mord in Sissach sowie ein Messerangriff zwischen Bubendorf und Liestal. Die «Volksstimme» legt die Hintergründe dar, und stellt einen weiteren brisanten Fall mit Oberbaselbieter Bezug vor, der im kommenden Monat vors Strafgericht kommt.
Mord im Milieu
Am 31. Januar 2023 kam es in Sissach zu einem Tötungsdelikt. In einer Wohnung an der Postgasse wurde ein 63-jähriger Iraner mit einer Stichwaffe getötet. Bereits wenige Stunden nach der Tat konnte die Polizei einen damals 57-jährigen Iraner verhaften. Täter und Opfer waren im Dorf nicht bekannt. In Sissach fragte man sich, ob die Tat möglicherweise einen politischen Hintergrund hat – dies, weil sich Gegner und Unterstützer des iranischen Regimes zuweilen auch in Europa in die Haare geraten.
Nun zeigt die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft: Dem ist wohl nicht so. Die Tat steht in Verbindung mit Drogengeschäften. Das Opfer hatte den Täter gekannt und ihm Drogen verkauft. An besagtem Januar-Tag kam es zum Streit und der Beschuldigte stach in der Folge mit einem Klappmesser hinterrücks mehrmals auf seinen Bekannten ein. Selbst als dieser auf dem Boden lag, stoppte der Täter nicht. Gutachter haben bei ihm eine schwere, chronische schizophrene Erkrankung und Symptome einer Drogenabhängigkeit diagnostiziert. Die Staatsanwaltschaft plädiert auf Mord.
Unvermittelter Messerangriff
Eine andere Tat sorgte auch deshalb für Aufsehen, weil es sich beim Opfer um ein Zufallsopfer handelte: Ein Rentner (damals 68) spazierte am 6. Juni vergangenen Jahres entlang der Frenke von Bubendorf nach Liestal, als ein entgegenkommender Mann unvermittelt mit einem Messer auf ihn einstach. Der Rentner schrie laut auf, worauf der Täter floh. Der am Rücken verletzte Mann musste im Spital in Liestal notoperiert werden.
In der Woche nach dem Zwischenfall konnte die Polizei einen Verdächtigen festnehmen. Dabei handelt es sich um einen heute 27-jährigen Afghanen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchte vorsätzliche Tötung vor. Gemäss Anklageschrift war die Klinge des Messers, das der Täter dem Opfer in den Rücken rammte, 17 Zentimeter lang. Der Täter wurde bereits früher auffällig: 2020 wollte er in der Manor in Basel, wo er bereits Hausverbot hatte, ein T-Shirt stehlen. Ein Sicherheitsmann konnte ihn daran hindern. Neben versuchter Tötung klagt die Staatsanwaltschaft den Afghanen deshalb wegen Diebstahls und Hausfriedensbruchs an.
Mehrere Menschen verletzt
Einem heute 28-jährigen Oberbaselbieter wirft die Staatsanwaltschaft vor, mehr als ein Dutzend Straftaten begangen zu haben – darunter versuchte Tötung und schwere Körperverletzung. Gutachter haben bei dem Mann eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert, die durch den Konsum verschiedener Substanzen verstärkt wird.
Erstmals negativ aufgefallen ist der Angeklagte im Sommer 2022. An einem Juli-Tag begab er sich zu einer Tankstelle in Pratteln, um ein Auto zu stehlen. Als eine Frau in den dortigen Shop ging, stieg er in ihr Auto und stiess deren 23-jährigen Sohn kurzerhand aus dem Fahrzeug. Beim Losfahren schleifte der Mann die Autobesitzerin, die sich ihm in der Zwischenzeit in den Weg gestellt hatte, streckenweise mit. Die Frau wurde dabei verletzt. Später fuhr der Mann mit dem gestohlenen Auto einen Fussgänger an. Auch dieser wurde verletzt, er musste notfallmässig operiert werden. Brisant: Dem Autodieb wurde der Fahrausweis bereits 2014 entzogen.
Nachdem er von der Polizei verhaftet worden war, wurde der Oberbaselbieter im Gefängnis untergebracht: zunächst in Basel, später in Pfäffikon (ZH). Auch dort hatte sich der Mann nicht unter Kontrolle. So schlug er einen Wärter und zwei Mithäftlinge nieder. Gegenüber den Strafvollzugsbehörden sagte der Täter, dass ihm langweilig gewesen sei und dass er Stimmen gehört habe.
Inzwischen ist der Mann laut Anklageschrift durch Medikamente stabilisiert. Doch es bestehe eine hohe Rückfallgefahr mit dem Risiko, dass er ein Tötungsdelikt begeht. Der zuständige Gutachter spricht sich deshalb für eine stationäre Unterbringung aus. Weitere Anträge stellt die Staatsanwaltschaft an der Verhandlung in Muttenz.
*Für alle im Artikel erwähnten Täter gilt die Unschuldsvermutung.