Polizeikommandant schlägt Alarm
28.03.2024 Bezirk LiestalKanton und Polizei präsentieren Kriminalitätsstatistik 2023
Die Gesamtzahl der Straftaten nahm im Kanton Baselland 2023 gleich um 28 Prozent zu. Es gab unter anderem deutlich mehr Einbrüche und Diebstähle aus Fahrzeugen. Polizeikommandant Mark Burkhard fordert dringend ...
Kanton und Polizei präsentieren Kriminalitätsstatistik 2023
Die Gesamtzahl der Straftaten nahm im Kanton Baselland 2023 gleich um 28 Prozent zu. Es gab unter anderem deutlich mehr Einbrüche und Diebstähle aus Fahrzeugen. Polizeikommandant Mark Burkhard fordert dringend mehr Ressourcen.
Tobias Gfeller
Dass 2023 die Kriminalität im Kanton Baselland zugenommen hat, ist keine Überraschung, da bereits andere Kantone eine ähnliche Statistik präsentiert haben. Die Deutlichkeit aber, mit der die Kriminalität im Baselbiet im vergangenen Jahr angestiegen ist, überrascht. Die Gesamtzahl an Straftaten nahm im Vergleich zu 2022 um 28 Prozent auf insgesamt 15 887 Fälle zu. Am deutlichsten ist die Zunahme bei den Vermögensdelikten, die mit über 73 Prozent den Grossteil der Straftaten ausmachen. Unter anderem nahmen die Einbruchdiebstähle um 45 Prozent auf 1245 Fälle zu. Die Anzahl Einschleichdiebstähle wuchs um 59 Prozent an.
Viel zu reden gab in den vergangenen Monaten die spürbare Häufung von Diebstählen aus Fahrzeugen. Bei unverschlossenen Fahrzeugen nahm diese um 183 Prozent auf insgesamt 1276 Straftaten zu. Bei verschlossenen Fahrzeugen, bei denen man von Fahrzeugeinbruchdiebstählen spricht, nahm die Fallzahl um 129 Prozent auf 343 Straftaten zu. Die grosse Differenz zeigt, dass mit dem Abschliessen des Autos viele Diebstähle verhindert werden können, sagte Fabienne Holland, Leiterin der Kriminalpolizei Baselland, gestern an der Präsentation der Kriminalitätsstatistik.
«Bagatelldelikte» – keine Haft
Gemäss Fabienne Holland werden die Diebstähle aus Fahrzeugen zu einem Grossteil von jungen Männern aus Maghrebstaaten verübt – zum Beispiel Algerien und Marokko – die sich zurzeit in Asylzentren befinden. Diese Fälle belasten die Polizei zeitlich und personell stark, so Holland. Dazu kommt, dass die Bearbeitung auch mental eine Herausforderung darstelle. Nicht selten komme es vor, dass die Beschuldigten gesundheitliche Probleme vortäuschen und so zusätzliche Ressourcen beanspruchen. Für die Polizei ärgerlich sei, dass die Täter nicht in Haft genommen werden dürfen, da es sich bei solchen Straftaten um «Bagatelldelikte» handle, führte die Leiterin der Kriminalpolizei aus. «Es ist frustrierend, wenn man die gleichen Täter innerhalb von wenigen Tagen mehrmals erwischt.»
Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer (SP) hat die Problematik mit jungen Asylsuchenden aus Maghrebstaaten kürzlich in einem Interview mit der «Basler Zeitung» deutlich angesprochen, was ihr Kritik aus der eigenen Partei einbrachte. An der gestrigen Pressekonferenz räumte sie ein, dass sie nach wie vor zum Gesagten stehe, man aber auch berücksichtigen müsse, dass Asylsuchende aus Maghrebstaaten nahezu keine Chance auf einen positiven Asylentscheid hätten, was ihr «anderes» Verhalten erklären könnte. Polizeikommandant Mark Burkhard warnte davor, mit dem Finger nur noch auf junge Männer aus Maghrebstaaten zu zeigen. «Man kann nicht sagen, Migration führt zu Kriminalität. Es gibt Entwicklungen, die daraus entstehen.» Bei den Einbrüchen komme ein Grossteil der Beschuldigten aus Osteuropa.
Fabienne Holland sprach in Sachen Kriminalität von einer Trendwende, nachdem bis 2018 die Zahlen kontinuierlich zurückgegangen waren. Kommandant Mark Burkhard warnte davor, dass Tendenzen aus dem Ausland in Sachen organisierte Kriminalität in die Schweiz überschwappen könnten. Entsprechende Entwicklungen seien schon erkennbar. Bei all den negativen Zahlen war Regierungsrätin Kathrin Schweizer darum bemüht, auch das Positive zu sehen, ohne die Zahlen zu beschönigen. Pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohner gibt es im Kanton Baselland im schweizweiten Vergleich deutlich weniger Delikte. «Wir können uns im Baselbiet nach wie vor sicher fühlen», betonte Schweizer. Dazu trägt auch die gesunkene Anzahl Gewaltdelikte bei.
Präsenz nicht mehr möglich
Kommandant Mark Burkhard wies gestern zum wiederholten Mal darauf hin, dass die Baselbieter Polizei dringend mehr Personal braucht. «Die Aufgabenerfüllung ist mit den aktuellen Ressourcen nur durch Verzichtsplanung und Priorisierungen möglich.» Die Präsenz auf der Strasse, mit der zwischen 2014 und 2019 eine deutliche Abnahme der Einbruchszahlen erreicht werden konnte, sei aktuell nicht mehr möglich. Kathrin Schweizer stützte die Äusserungen des Kommandanten. Beide sagten, sie wüssten um die Finanzlage des Kantons. Mit zwei Mitarbeitenden pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohner liegt Baselland im kantonalen Vergleich bei der Polizeidichte auf dem neuntletzten Platz.
Aktuell hat die Kantonspolizei zwar Vollbestand, was nicht selbstverständlich sei, so Kathrin Schweizer. Der Fingerzeig ist aber klar: Es braucht mehr Personal, um die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen in Sachen Sicherheit bewältigen zu können.